Bei Feststoffen

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Physikalisch-pharmazeutische Grundoperationen bei Feststoffen

Das Wägen als Basis: Intuition, Messunsicherheit & Praxis

Warum ist Wägen im Laboralltag so zentral?

Jeder pharmazeutische Prozess beginnt fast immer mit einer möglichst präzisen Messeinwaage. Denn jede weitere Berechnung oder Verarbeitung baut zwangsläufig auf dieser Grundlage auf – ein Fehler oder eine Ungenauigkeit beim Wägen pflanzt sich durch den gesamten Arbeitsprozess fort!

Beim Wägen ist aber nie eine absolute Genauigkeit erreichbar. Wägeinstrumente (wie Analysenwaagen) weisen immer eine gewisse Messunsicherheit auf, egal wie modern oder kalibriert sie sind. Diese Unsicherheit ist aber nicht gleich Fehler! Sie gibt vielmehr einen Bereich an, innerhalb dessen der wahre Wert der Masse mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit liegt.

Absolute und relative Messunsicherheit: Was bedeutet das eigentlich?

Stell’ dir vor, du wiegst einen Wirkstoff ab. Das Ergebnis lautet zum Beispiel 0,200 g. Die Waage zeigt aber nicht die Masse bis ins Unendliche genau an – vielleicht kann sie auf 0,001 g genau messen. Die absolute Messunsicherheit (\(\Delta m\)) beschreibt genau diesen „Unsicherheitsbereich“ und wird immer in der Einheit der Messgröße angegeben, also in Gramm oder manchmal auch Centigramm (cg).

Beispiel:
Die Waage gibt an, dass \(\Delta m = 0,003\ \text{g}\) beträgt.
Manchmal werden Unsicherheiten auch als \(0,3\ \text{cg}\) (Centigramm) angegeben. Hier ist es wichtig, direkt in Gramm umzurechnen:
1 cg = 0,01 g, also \(0,3\ \text{cg} = 0,003\ \text{g}\).

Die relative Messunsicherheit (\(\varepsilon\)) setzt die Unsicherheit ins Verhältnis zum gemessenen Wert:
\[ \varepsilon = \frac{\Delta m}{m} \]

Die relative Messunsicherheit ist dimensionslos (also ohne Einheit, oft als Dezimalzahl oder Prozent angegeben).

Praxisbeispiel: Wie rechnet man die relative Unsicherheit aus?

Angenommen, deine Waage gibt an: - \(m = 0,200\ \text{g}\) - \(\Delta m = 0,002\ \text{g}\)

Dann gilt: \[ \varepsilon = \frac{0,002\ \text{g}}{0,200\ \text{g}} = 0,01 \]

Das entspricht 1% relative Messunsicherheit.

Selbstverständlich:
\(\varepsilon \cdot 100 = \text{Prozente\ in}\ %\)

Wichtiger Grenzwert: Wann ist das Ergebnis „akzeptabel“?

Für pharmazeutische Arbeiten gilt in der Regel:
Die relative Messunsicherheit soll nicht größer als \(2\%\) sein, also:
\[ \varepsilon \leq 0,02 \]

Liegt deine Unsicherheit darüber (\(\varepsilon > 0,02\)), muss neu eingewogen oder ein anderer Wägeprozess gewählt werden. Das ist besonders dann relevant, wenn du mit sehr kleinen Massen arbeitest, denn: Je kleiner der Wert \(m\), desto größer wird die relative Unsicherheit.

NoteZu große Unsicherheit? Ergebnis aussortieren!

Merke dir unbedingt: Ergibt die Berechnung \(\varepsilon > 0,02\) (also mehr als 2%), ist das Resultat nicht geeignet für die weitere Verwendung und sollte im Protokoll entsprechend aussortiert werden!

Wie beeinflussen kleine Massen die Messunsicherheit?

Hier eine eingängige Faustregel: - Die absolute Messunsicherheit (\(\Delta m\)) ist „fix“ und hängt von der Waage ab (z.B. immer \(\pm 0,001\) g). - Die relative Messunsicherheit (\(\varepsilon\)) dagegen wächst, wenn du immer kleinere Massen wiegst, weil der Teiler (\(m\)) in der Formel immer kleiner wird.

Intuitiv merkst du das so:
Wenn du auf einer Waage, die auf \(0,001\) g genau ist, einmal \(1\) g und einmal \(0,01\) g abwiegst, ist der Unsicherheitsbereich gleich groß – aber im Verhältnis zur kleinen Masse gigantisch.

Beispiel: - \(m = 0,01\ \text{g}\) und \(\Delta m = 0,001\ \text{g}\)\(\varepsilon = 0,1\) also 10%!
Das ist viel zu hoch und daher nicht akzeptabel.

Schritt-für-Schritt-Anleitung: So gehst du in Prüfungen vor

  1. Alle Angaben in Gramm (!) umrechnen:
    Achte darauf, Centigramm (cg) korrekt umzurechnen:
    1 cg = 0,01 g

  2. Absolute Unsicherheit (\(\Delta m\)) einsetzen:
    Werte wie angegeben nutzen.

  3. Relative Unsicherheit berechnen:
    \[ \varepsilon = \frac{\Delta m}{m} \]

  4. Grenzwert vergleichen:
    Prüfe, ob \(\varepsilon \leq 0,02\). Falls nicht: Ergebnis aussortieren.

NoteEinheit umrechnen? So machst du es richtig

Immer, wenn \(\Delta m\) in Centigramm (cg) angegeben ist, vor der Berechnung in Gramm umrechnen!
Beispiel: \(0,5\ \text{cg} = 0,005\ \text{g}\)

Zusammenfassung

  • Beim Wägen von Feststoffen ist die exakte Messeinwaage zentral, weil jeder weitere pharmazeutische Verarbeitungsschritt darauf aufbaut und Fehler sich durch den gesamten Prozess fortpflanzen.
  • Die absolute Messunsicherheit (z.B. ±0,003 g) beschreibt den Unsicherheitsbereich des Messwertes und muss immer in Gramm angegeben werden, auch wenn sie in Centigramm (cg) vorliegt.
  • Die relative Messunsicherheit (\(\varepsilon = \frac{\Delta m}{m}\)) setzt die absolute Unsicherheit ins Verhältnis zur abgewogenen Masse; sie sollte im Labor nicht über 2% liegen, sonst ist das Ergebnis auszuschließen.
  • Je kleiner die abgewogene Masse, desto größer wird die relative Messunsicherheit – daher sind sehr kleine Proben problematisch, selbst wenn die Waage sehr genau ist.
  • Typische Fehler beim Wägen sind unsachgemäße Nutzung oder Wartung der Waage, das Vergessen der Tarierung und das Übersehen der korrekten Umrechnung und Bewertung der Unsicherheiten.
  • Neben dem Wägen sind weitere Grundoperationen wie Zerkleinern, Mischen und Filtrieren wichtig, wobei die präzise Einwaage stets die Basis für zuverlässige Laborergebnisse bildet.

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