Zäpfchen zur rektalen Anwendung
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Zäpfchen (Suppositorien) zur rektalen Anwendung – Eigenschaften, Einteilung & Grundlagen
Das Thema Zäpfchen ist ein echter Klassiker im Staatsexamen – auf den ersten Blick scheinbar einfach, aber in Wahrheit stecken jede Menge Details und Fallstricke dahinter: Von der Wahl der Grundmasse über die Freisetzung des Wirkstoffs bis hin zu Herstellung und Dosierung. Diese Seite führt dich Schritt für Schritt und leicht verständlich durch alle prüfungsrelevanten Aspekte der Zäpfchen.
1. Zubereitungsarten laut Ph. Eur. – Überblick zu rektalen Formen
Zubereitungen zur rektalen Anwendung sind laut europäischem Arzneibuch vielfältig. Besonders wichtig für das Staatsexamen: Häufig fragt das IMPP nicht nur nach Zäpfchen im engeren Sinn, sondern auch nach weiteren Darreichungsformen für die rektale Applikation. Hier die wichtigsten:
- Suppositorien (Zäpfchen): Feste, meist torpedoförmige Arzneiformen zur Einführung in das Rektum.
 - Rektalkapseln: Weichkapseln mit lipophiler oder hydrophiler Füllung, ebenfalls für die rektale Gabe.
 - Rektallösungen/-emulsionen/-suspensionen: Flüssige Präparate, lokal oder systemisch wirksam.
 - Rektalschäume: Schaumbildende Formen, oft zur lokalen Behandlung (z.B. bei Entzündungen).
 - Rektaltampons: Feste Einheiten, die gezielt Arzneistoffe oder Flüssigkeiten freisetzen.
 
Wichtig: Nicht nur Zäpfchen, sondern auch diese Alternativen können im Staatsexamen abgefragt werden!
2. Definition & Charakteristika von Zäpfchen (Suppositorien)
Suppositorien sind einzeldosierte, überwiegend konisch geformte Arzneiformen zur Einführung in den Enddarm. Sie sorgen entweder für eine lokale Wirkung (z. B. gegen Hämorrhoiden) oder für eine systemische Wirkung (z. B. Paracetamol). Typischerweise wiegt ein Standard-Zäpfchen für Erwachsene 1–3 g. Für Kinder und spezielle Anwendungen werden die Größen angepasst.
Entscheidend für Freisetzung und Wirksamkeit eines Zäpfchens sind neben der Form vor allem:
- die Wahl der Grundmasse (lipophil oder hydrophil),
 - die Herstellungsmethode (z. B. Suspensions- oder Lösungszäpfchen),
 - sowie Größe und Oberfläche.
 
3. Grundmassen – Lipophile und Hydrophile Basen im direkten Vergleich
Die Wahl der Grundmasse ist das zentrale Auswahlkriterium, da sie über Freisetzung, Stabilität, Lagerung sowie Verträglichkeit entscheidet. Dies ist ein beliebter Schwerpunkt im Staatsexamen.
Lipophile Basen (z. B. Hartfett, Kakaobutter)
- Hartfett: Der Standard in der Praxis. Schmilzt bei Körpertemperatur (ca. 34–36 °C), setzt nach dem Schmelzen den Wirkstoff frei. Hartfett ist chemisch stabil, gut verträglich und erlaubt eine hohe Wirkstoffbeladung. Häufig wird es mit Mono-/Diglyceriden verbessert, um die Emulgierfähigkeit zu steigern. Beim Lagern auf Temperaturen achten: Zu hohe Temperaturen führen zum Schmelzen vor Gebrauch.
 - Kakaobutter: Früher oft eingesetzt, heute weniger, da sie verschiedene Kristallmodifikationen bildet – bei falscher Verarbeitung können Zäpfchen zu weich (schmelzen bei Raumtemperatur) oder zu hart (schmelzen nicht bei Körpertemperatur) sein. Ihre Nutzung verlangt daher sorgfältige Temperaturführung.
 
Hydrophile Basen (z. B. Macrogole, Gelatine-Glycerol-Wasser-Mischungen)
- Macrogole: Lösen sich nach Einführen im Rektalsekret auf und setzen dabei den Wirkstoff frei. Sie sind besonders klimastabil (schmelzen nicht bei Wärme), können aber die Schleimhaut reizen und sind hygroskopisch (nehmen Wasser auf).
 - Gelatine-Glycerol-Wasser-Mischungen: Werden seltener genutzt, sind ebenfalls tropenfest und bieten eine zusätzliche Alternative, z. B. für spezielle Bedürfnisse.
 
Wichtig zu wissen!
Stärkekleister (Stärke-Wasser-Gemisch) ist als Grundmasse ungeeignet und wird vom IMPP gerne als Falle eingebaut, da er keine zuverlässige Verarbeitung oder Freisetzung garantiert.
4. Freisetzung des Wirkstoffs – Einfluss der Grundmasse
Die Art und Weise, wie der Wirkstoff aus dem Zäpfchen für den Körper verfügbar wird, unterscheidet sich grundlegend je nach Basis:
- Lipophile Basen (z. B. Hartfett, Kakaobutter):
- Schmelzen bei Körpertemperatur. Ist der Wirkstoff darin gelöst, diffundiert er langsam über die geschmolzene Fettphase ins Rektum – besonders fette-lösliche Stoffe bleiben länger in der Grundmasse gebunden. Hingegen werden schlecht in Fett lösliche Substanzen, die als Feststoffpartikel in der Basis suspendiert sind, nach dem Schmelzen schneller und vollständiger ins wässrige Milieu abgegeben, da sie direkt an die Oberfläche gelangen.
 
 - Hydrophile Basen (z. B. Macrogole):
- Basen lösen sich im Rektum auf, unabhängig vom Lösungstyp des Wirkstoffs. Freisetzung erfolgt schnell und relativ vollständig, die Geschwindigkeit ist dabei v. a. von der Menge an vorhandener Rektalflüssigkeit abhängig. Die Gefahr für lokale Schleimhautreizungen, besonders bei empfindlichen Patientengruppen, ist erhöht.
 
 
Merke:
Der am wenigsten lösliche Wirkstoff in der jeweiligen Basis erreicht tendenziell die höchste Freisetzungsrate, sobald sich die Basis im Rektum auflöst oder schmilzt. Das ist ein beliebtes Prüfungsdetail!
5. Polymorphie bei Basen – Warum spielt die Temperaturführung eine so große Rolle?
Gerade bei Kakaobutter ist das Verständnis der Polymorphie (Vorkommen verschiedener Kristallformen abhängig von der Verarbeitungs- bzw. Abkühltemperatur) prüfungsrelevant. Wird zu rasch abgekühlt, entsteht die instabile (metastabile) Modifikation, welche schon bei Raumtemperatur schmilzt und zu Lagerproblemen führt. Nur durch kontrolliertes und langsames Abkühlen entsteht die stabile Form, welche auch bei Zimmertemperatur stabil bleibt.
Auch Hartfett kann verschiedene Modifikationen bilden, ist dabei jedoch insgesamt deutlich lagerstabiler.
Präzise Temperaturführung (v. a. bei Kakaobutter!) ist entscheidend für Konsistenz, Lagerung und gleichmäßige Freisetzung des Wirkstoffs. So bleiben Zäpfchen handhabbar und therapeutisch wirksam.
6. Disintegration, Zerfallszeit & Anforderungen laut Arzneibuch
Das europäische Arzneibuch verlangt für Zäpfchen einen Disintegrationstest: Die Zäpfchen müssen bei 36–37 °C innerhalb von 30 Minuten zerfallen – bei lipophilen Basen durch Schmelzen, bei hydrophilen durch vollständiges Lösen. Fehler bei der Herstellung oder eine ungeeignete Grundmasse können dazu führen, dass die Anforderungen nicht eingehalten werden (zu langsamer Zerfall → Wirksamkeitsverlust, zu schneller → Risiko für Auslaufen oder Schleimhautreizung).
7. Einflussfaktoren auf Absorption und First-Pass-Effekt
Die rektale Resorption ist im Vergleich zur oralen Aufnahme durch eine kleinere Oberfläche, weniger Flüssigkeit, neutralen pH (7–8), geringere Durchmischung und andere Durchblutungswege charakterisiert. Diese anatomischen Unterschiede schlagen sich auf die Bioverfügbarkeit nieder. Besonders wichtig ist die venöse Drainage:
- Oberes Rektumdrittel: Das Blut fließt über die Pfortader zur Leber – der sogenannte First-Pass-Effekt tritt auf, ein Teil des Wirkstoffs wird bereits in der Leber metabolisiert.
 - Mittleres und unteres Rektumdrittel: Das Blut fließt direkt in die untere Hohlvene, der Leberstoffwechsel wird umgangen und die Bioverfügbarkeit ist höher.
 
Deshalb bestimmt die Einführtiefe, ob der First-Pass-Effekt eine Rolle spielt oder nicht! Das ist pharmazeutisch und prüfungsrelevant, z. B. für Paracetamol-Zäpfchen bei Kindern.
Gerade bei systemisch wirksamen Zäpfchen muss auf die Einführtiefe geachtet werden, damit der Wirkstoff nicht durch den First-Pass-Effekt in der Leber abgeschwächt wird!
8. Wann ist die rektale Applikation sinnvoll? – Typische Indikationen
Die Anwendung von Zäpfchen bietet Vorteile, insbesondere wenn:
- eine orale Gabe nicht möglich ist (z. B. bei Erbrechen, Bewusstlosigkeit, präoperativ, Schluckstörungen),
 - eine systemische Wirkstoffaufnahme nötig ist, ohne den Magen-Darm-Trakt passieren zu müssen,
 - eine lokale Therapie im Rektum oder Analkanal (z. B. Hämorrhoiden) erforderlich ist.
 
Besonders relevant für Kinder, ältere, immobilisierte oder bewusstlose Patientinnen und Patienten.
9. Vor- und Nachteile der rektalen Anwendung
Vorteile:
- Schnelle Resorption möglich, Umgehung des Magen-Darm-Trakts.
 - Je nach Einführtiefe und Wirkstoff partiell Umgehung des First-Pass-Effekts.
 - Geeignet für Patienten, die nichts schlucken können/dürfen (Kinder, Bewusstlose).
 
Nachteile:
- Resorption bleibt variabel, abhängig von eingegebenem Volumen, Grundmasse und Patientenzustand.
 - Schleimhautreizungen möglich, v. a. mit hydrophilen Basen.
 - Kleine Resorptionsfläche, wenig Wasser im Rektum hemmt Freisetzung.
 - Akzeptanz von rektalen Zubereitungen ist häufig gering.
 
10. Richtige Auswahl der Grundmasse – Auf welche Faktoren kommt es an?
Entscheidend für die Basiswahl ist ein Zusammenspiel folgender Punkte:
- Eigenschaften des Wirkstoffs: Besonders die Löslichkeit (in Fett vs. Wasser), Stabilität und eventuelle Unverträglichkeiten mit der Grundmasse.
 - Patientengruppe: (Kinder, Erwachsene, Allergieneigungen, Besonderheiten der Schleimhaut).
 - Klimatische Bedingungen: Hitzeempfindlichkeit (keine Fettbasis in tropischen Ländern!).
 - Handhabung und Lagerung: Polymorphierisiko, Stabilität, hygienische Anforderungen.
 - Kompatibilität: Keine Wechselwirkungen zwischen Arzneistoff und Grundmasse!
 - Therapieumgebung: Ambulant, Krankenhaus, Routine, Notfall etc.
 
Die Wahl der Basis ist examensrelevant und hängt immer vom Zusammenspiel dieser Faktoren ab – einen „Alleskönner“ gibt es bei Zäpfchenbasen nicht.
11. Herstellung von Zäpfchen: Methoden, Dosierung, Verdrängungsfaktor
Die Herstellung erfolgt meist durch das Gießverfahren: Die Grundmasse wird geschmolzen, der Wirkstoff eingearbeitet (gelöst/suspendiert) und in Formen abgegossen.
Der Verdrängungsfaktor (\(f\))
Mit jedem Gramm Wirkstoff, das in eine Form eingemischt wird, wird ein Teil der Grundmasse „verdrängt“. Der Verdrängungsfaktor gibt an, wie viel Gramm der jeweiligen Basis durch 1g Wirkstoff ersetzt wird.
Beispiel-Formel: \[ M = n \cdot (E - f \cdot A) \] \(M\) = Gesamtmasse Grundmasse, \(n\) = Zahl der Zäpfchen (inkl. 10% Zuschlag), \(E\) = Eichwert eines Zäpfchens ohne Wirkstoff, \(f\) = Verdrängungsfaktor, \(A\) = Wirkstoffmasse pro Zäpfchen.
Den korrekten \(f\)-Wert nimmt man aus Tabellen (DAC/NRF) oder bestimmt ihn im Labor.
Bei falscher Berechnung stimmt die Dosis pro Zäpfchen nicht!
Herstellungsverfahren im Vergleich
- Verdrängungsfaktormethode: Exakt, setzt bekannten \(f\) voraus.
 - Münzel-Verfahren: Flexibler (Erstfüllung und Auffüllen mit Basis), keine Berechnung des \(f\) nötig, geeignet für kleine Stückzahlen/einmalige Ansätze.
 
| Verfahren | Vorteile | Nachteile | Wann anwenden? | 
|---|---|---|---|
| Verdrängungsfaktormethode | Exakt, planbar | \(f\) muss vorliegen | Routine/NRF-Präparate | 
| Münzel-Verfahren | Einfach, flexibel | Weniger exakt, arbeitsintensiver | Kleinansätze, keine Tabellenwerte | 
12. Qualitätskontrolle & Kennzeichnung nach Ph. Eur.
Zäpfchen müssen in Struktur, Masse und Dosierung der Einzelstücke einheitlich sein. Zu beachten:
- Gleichförmigkeit: Bei >2 mg oder >2% Wirkstoffmenge Gleichmäßigkeit der Masse, bei niedrigeren Dosen: Gehaltsbestimmung der Einzelstücke.
 - Etikettierung: Neben der Dosis pro Zäpfchen sind Herstellungsdatum und Haltbarkeit anzugeben.
 - Disintegrationstest: Zäpfchen müssen vollständig im Wasserbad bei Körpertemperatur zerfallen.
 
13. Tabelle: Basen und Eigenschaften auf einen Blick
| Basis | Lipophil/Hydrophil | Freisetzungsmechanismus | Vorteile | Nachteile | Für wen/wo geeignet | 
|---|---|---|---|---|---|
| Hartfett | Lipophil | Schmilzt im Rektum | Standard, verträglich | Hitzesensibel | Breite Anwendung, Europa | 
| Kakaobutter | Lipophil | Schmilzt, polymorph | Natürlich, bewährt | Polymorphie | Klassisch, spezielle Rezepturen | 
| Macrogole (PEG) | Hydrophil | Lösen sich auf | Tropentauglich | Schleimhautreizend | Tropen, spezielle Patienten | 
| Gelatine-Glycerol-Wasser | Hydrophil | Lösen sich auf | Allergenarm | Hygroskopisch, weich | Spezialanwendungen | 
| Stärkekleister | – | – | – | Nicht geeignet! | – | 
14. Prüfungs- und Praxisbeispiele – Typische IMPP-Fälle
- Kind mit Erbrechen: Paracetamol-Zäpfchen als Alternative – auf Einführtiefe (Bioverfügbarkeit!) achten.
 - Heißes Umfeld: Rezepturvorschlag mit Kakaobutter wäre ungeeignet, Macrogol wählen.
 - Schwer wasserlöslicher Wirkstoff in der Rezeptur: Lipophile Basis wählen und auf gleichmäßige Verteilung beim Suspensionsgießen achten.
 
15. Typische Fehlerquellen & Merkhilfen für das Staatsexamen
- Verwechslung Gramm/Kubikzentimeter: Wirkstoff verdrängt nicht das gleiche Volumen wie Fett!
 - Fehlerhafter Zuschlag: Immer 10 % Aufschlag für Produktion einplanen!
 - Polymorphie vergessen: Kontrolle der Temperaturführung bei Kakaobutter!
 - Ungeeignete Grundmassen anwenden: Stärkekleister nie als Basis verwenden!
 - \(f\) ignorieren oder unpassend wählen: Führt direkt zu Dosierungsabweichungen.
 
Kompakt für das Examen:
- Lipophile = schmelzend, hydrophile = löslich im Rektum.
 - Verdrängungsfaktor (\(f\)): Masse und Volumen immer im Blick!
 - Polymorphie (v. a. bei Kakaobutter): Temperaturführung einhalten.
 - IMPP testet häufig: Wahl der Basis, Freisetzungsprinzip, Einfluss der Grundmasse, Disintegrationstest, Handling und Kennzeichnung!
 
Mit diesem Überblick bist du bestens gerüstet – sowohl für die praktische Rezeptur im Labor als auch für alle typischen Fragen zum Thema Zäpfchen im Staatsexamen!
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