Kapseln - Definition und Einteilung

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Kapseln: Definition, Einteilung und Anforderungen gemäß Ph. Eur. – ein anschaulicher Überblick

Was sind Kapseln eigentlich – und warum sind sie in der Arzneiformenlehre so wichtig?

Stell dir Kapseln wie kleine Pakete vor: Sie sind feste Arzneiformen, bei denen der Wirkstoff gemeinsam mit meist einem oder mehreren Hilfsstoffen vollständig in einer Kapselhülle eingeschlossen wird. Diese Hülle macht es möglich, den Wirkstoff gezielt zu dosieren, unangenehmen Geschmack und Geruch zu überdecken und Arzneiformen auch für spezielle Bedürfnisse (z. B. vegane Ernährung oder individuelle Dosierung) anpassbar zu machen.

Ein entscheidender Vorteil: Kapseln sind Einzeldosierungsformen – jede Kapsel enthält eine genau definierte Wirkstoffmenge. Das erhöht die Anwendungssicherheit für den Patienten enorm.

Kapseln werden fast immer oral, also über den Mund eingenommen. Ihre medizinische Bedeutung liegt besonders dort, wo entweder ein zuverlässiger Schutz des Wirkstoffs nötig ist, eine individuelle Dosierung gewünscht wird, oder schlicht eine angenehme Einnahme im Vordergrund steht.

Definition nach Ph. Eur.: Was macht eine Kapsel aus?

Laut Europäischem Arzneibuch (Ph. Eur.) gilt folgende Definition:

Kapseln sind feste, einzeldosierte Arzneiformen, bei denen die Arzneistoffe mitsamt Hilfsstoffen von einer geeigneten Hülle umschlossen werden.

Diese Hüllen bestehen meist aus Gelatine (tierischen Ursprungs) oder aus sogenannten Polymeren wie Hypromellose (HPMC)**, einer pflanzlichen bzw. synthetischen Alternative. Neben dem Inhalt ist genau diese Hülle auch das Erkennungsmerkmal der Kapsel.

Die Einteilung: Welche Kapseltypen gibt es – und wie erkennt ihr sie?

Das IMPP liebt Vergleiche zwischen den Kapsel-Typen! Merkt euch unbedingt die wichtigsten Unterschiede:

Hartkapseln (Klassischer Typ)

Hartkapseln kennt ihr vermutlich selbst aus der Hausapotheke: Sie bestehen aus zwei festen, zylindrischen Hälften, die zusammengesteckt werden. Die wichtigsten Merkmale:

  • Material der Hülle: Häufig Gelatine, aber immer öfter auch HPMC (pflanzlicher Herkunft, für Veganer geeignet!)
  • Befüllung: Im Regelfall Pulver, Granulate, Pellets oder selten auch pastöse/sehr zähe Massen. Flüssigkeiten sind problematisch, weil sie die Hülle auflösen könnten.
  • Befüllen: Die Füllung wird häufig nach Gewicht abgemessen und muss das zulässige Volumen füllen, ohne die Hülle zu zerstören.
  • Typische Anwendung: Rezepturarzneimittel (individuelle Dosierung!), Standardarzneimittel aus der Industrie.

Weichkapseln

Weichkapseln fühlen sich im Mund tatsächlich „weich“ bzw. elastisch an – das liegt an ihrem Aufbau:

  • Einteilige Hülle: Im Gegensatz zu Hartkapseln wird die Weichkapsel als eine zusammenhängende Form gegossen.
  • Material der Hülle: Gelatine mit einem Weichmacher (meist Glycerol oder Sorbitol), manchmal auch HPMC.
  • Befüllung: Besonders geeignet für flüssige und ölige Füllungen, auch für pastöse Massen und Suspensionen.
  • Typische Anwendung: Vitaminpräparate, Fischöl-Kapseln, manche spezielle Rezepturarzneimittel.

Oblatenkapseln (Stärkekapseln)

Sie werden inzwischen kaum noch eingesetzt:

  • Bestanden aus Stärke (Oblate = traditionelle Hostie), nicht mehr im modernen Praxisgebrauch relevant!
NoteDie beiden Haupttypen im Fokus: Hartkapsel vs. Weichkapsel

Das IMPP stellt sehr gerne Fragen, die die Unterschiede zwischen Hart- und Weichkapseln betreffen. Merkt euch: - Hartkapsel: Zwei Hälften, meist Pulver oder Granulat, oft Gelatine oder HPMC, keine flüssigen Inhalte! - Weichkapsel: Einteilig, elastisch, meist für Flüssigkeiten/Öle, immer ein Weichmacher dabei.

Hüllenmaterial: Von Gelatine bis HPMC – was steckt in der Kapsel?

Die Kapselmaterialien bestimmen nicht nur die Verträglichkeit, sondern auch Beschriftung, Lagerung und Anwendungsgebiete!

  • Gelatine: Tierischen Ursprungs (z. B. Rinder- oder Schweineschwarten); klassisch, gut erforscht, wird am häufigsten eingesetzt.
  • HPMC (Hypromellose): Große Bedeutung als vegetarische/vegane Alternative. Sie unterscheidet sich kaum in der Anwendung, ist aber für Menschen, die keine tierischen Produkte konsumieren (wollen/dürfen), die erste Wahl.
  • Farbstoffe: Zum Beispiel Titandioxid (weiß) oder Eisenoxide (verschiedene Farben) – wichtig für die Kennzeichnung und Unterscheidbarkeit.
NoteVegan/vegetarische Hartkapseln

HPMC-Kapseln werden immer wichtiger, da immer mehr Patientinnen und Patienten auf tierische Produkte verzichten. Sie bieten dieselbe Dosiergenauigkeit wie klassische Gelatinekapseln.

Die Größe macht den Unterschied: Was bestimmt das Fassungsvermögen der Kapsel?

Die Kapselgröße klingt unscheinbar, ist aber enorm wichtig für die Dosierung und für die Handhabung in der Rezeptur.

Bei Kapseln gibt es verschiedene Größen – angefangen von Größe “5” (sehr klein) bis Größe “0” oder sogar “00” (sehr groß). Die Füllmenge (meist einige 100 mg bis ca. 1 g) hängt aber immer vom Volumen UND der Dichte des Füllmaterials ab.

Praxisbeispiel:
Eine Kapsel der Größe 1 fasst ca. 400 mg Pulver (bei mittlerer Dichte). Hat dein Arzneistoff eine viel geringere Dichte, brauchst du eventuell eine größere Kapsel oder einen besonderen Füllstoff wie Laktose oder Mikrokristalline Cellulose, um die Kapsel zu befüllen.

NoteKapselgröße, Volumen & Dosierung

Die Kapselgröße beeinflusst direkt, wie viel Wirkstoff/Hilfsstoff in einer Kapsel Platz findet. Das IMPP fragt gerne nach typischen Fassungsvermögen (z. B. „Wie viel mg passt in Größe 4?“) – was aber auch von der Dichte des Füllstoffs abhängt!

Anforderungen laut Ph. Eur. – worauf kommt es im Alltag und in der Prüfung wirklich an?

Die Europäische Pharmakopöe stellt klare Anforderungen an Kapseln, damit sie sicher und wirksam sind! Hier ist es wichtig, die wichtigsten Punkte verständlich zu verinnerlichen – gerade weil das IMPP diese Themen gerne abprüft.

1. Biokompatibilität und Unbedenklichkeit

Die verwendeten Materialien für die Kapselhülle (z. B. Gelatine, HPMC) müssen verträglich und sicher für den menschlichen Körper sein. Es dürfen keine schädlichen Stoffe aus der Hülle in das Füllgut oder den Körper übergehen.

2. Stabilität und Lagerfähigkeit

Kapseln müssen auch bei Lagerung (meist trocken und lichtgeschützt!) stabil bleiben – sie dürfen nicht zerfallen, aufquellen, sich verfärben oder auflösen. Weichkapseln sind oft empfindlicher als Hartkapseln (besonders bei Feuchtigkeit und Wärme).

3. Gleichförmigkeit von Masse und Gehalt – wie prüft man das?

Hier ist Präzision gefragt – aber keine Angst: Die Regeln sind eigentlich logisch!

  • Gleichförmigkeit der Masse = Bei den allermeisten Kapseln wird geprüft, ob jede Kapsel annähernd gleich viel wiegt. Das ist vor allem dann relevant, wenn der Wirkstoffanteil relativ hoch ist.
  • Gleichförmigkeit des Gehalts = Wenn sehr wenig Wirkstoff pro Kapsel enthalten ist (≤ 2 mg) oder der Wirkstoff ≤ 2 % des Kapselgesamtgewichts ausmacht, dann muss stattdessen geprüft werden, ob jede Kapsel wirklich die korrekte Wirkstoffmenge enthält.
NoteGleichförmigkeit: Masse oder Gehalt?

Das IMPP prüft gerne, wann die Gleichförmigkeit der Masse und wann die Gleichförmigkeit des Gehalts vorgeschrieben ist:

  • Bei Kapseln mit sehr kleinen Wirkstoffmengen (\(\leq\) 2 mg oder \(\leq\) 2 % des Gesamtgewichts): Gehalt wird geprüft!
  • Sonst: Masse wird geprüft! Merkt euch diese Grenzwerte!

4. Kennzeichnung und Farbstoffe

Kapseln werden zur besseren Unterscheidbarkeit oft eingefärbt. Wichtig ist, dass zugelassene Farbstoffe verwendet werden – in Europa vor allem Titandioxid (weiß) und Eisenoxide (gelb, rot, schwarz etc.).

5. Dosierungsgenauigkeit

Die genaue Einzeldosis pro Kapsel ist Pflicht und elementar für die Sicherheit – sowohl in der industriellen Fertigung als auch in der Apotheke.

6. Lagerungsbedingungen

Kapseln sind empfindlich gegenüber Feuchtigkeit – zu viel Wasser lässt die Kapselhülle weich und undicht werden, zu wenig macht sie spröde! Bei geringer Luftfeuchte (z. B. im Winter) können Hartkapseln sogar zerbrechen.

  • Kühl, trocken und lichtgeschützt ist ideal.
  • Empfindlich gegenüber Temperaturschwankungen (Weichmacher könnten austreten!).

Aus der Praxis: Wie wird eine Rezeptur-Kapsel zusammengestellt?

Stell dir vor, du bist in der Apotheke und sollst Kapseln für einen Patienten herstellen. Wie gehst du vor?

  1. Wahl der Kapselgröße: Abhängig von Wirkstoffmenge und Volumen der Hilfsstoffe. Wenn der Wirkstoff sehr wenig wiegt, muss „aufgefüllt“ werden (Füllstoffe wie Laktose, Cellulose).
  2. Auswahl der Kapselhülle: Gelatine oder vegan (HPMC)? Gibt es Allergien oder spezielle Ernährungswünsche?
  3. Richtige Hilfsstoffe wählen: Dürfen das Füllgut und die Hülle miteinander in Berührung kommen? (Z. B. dürfen Flüssigkeiten oder ätherische Öle Gelatine zersetzen!)
  4. Farbauswahl/Kennzeichnung: Soll die Kapsel im Alltag gut unterschieden werden können?
  5. Wie prüfe ich die Gleichförmigkeit? (s. o.)
NoteTypische Fehlerquellen bei Rezeptur-Kapseln

Das IMPP liebt Praxisbezüge! Häufige Fehlerquellen sind:

  • Ungeeignete Füllstoffe (lösen z. B. die Hülle auf)
  • Flüssige Füllstoffe in Hartkapseln (Gefahr des Auslaufens!)
  • Ungenauigkeit bei der Dosierung/Abfüllung → Gleichförmigkeit nicht erfüllt!
  • Schlechte Lagerung (Feuchtigkeit, Licht) führt zu Verkleben, Schimmel usw.

Wichtige Merkhilfe: Was in die Kapsel hineindarf, bestimmt nicht nur die Arzneistoffauswahl, sondern auch die Wechselwirkung mit der Hülle!

Kurz und praktisch: Was solltest du IMMER zu Kapseln wissen?

  • Kapseln = Hülle + Inhalt, feste Einzeldosierung
  • Zwei Hauptarten: Hartkapseln (zwei Hälften, Pulver/Granulate) & Weichkapseln (ein Stück, flüssig/pastös)
  • Hauptmaterialien: Gelatine (tierisch), HPMC (vegan/vegetarisch)
  • Anforderungen laut Ph. Eur.: Biokompatibilität, Stabilität, Gleichförmigkeit, korrekte Kennzeichnung & Lagerfähigkeit
  • Besondere Prüfung auf Gleichförmigkeit des Gehalts: \(\leq\) 2 mg Wirkstoff ODER \(\leq\) 2 % am Kapselgewicht!
  • Kapselgröße bestimmt, wie viel Inhalt Platz hat und beeinflusst Dosiermöglichkeiten direkt
  • Typische Prüfungsfragen: Unterschiede Hart/Weichkapsel? Wann Gehalts- oder Massenprüfung? Worauf bei veganen Hüllen achten? Wechselwirkungen Füllstoff/Hülle?

Zusammenfassung

  • Kapseln sind feste Arzneiformen, bei denen der Wirkstoff und Hilfsstoffe vollständig von einer Hülle (meist Gelatine oder HPMC) umschlossen werden, was die Dosierung vereinfacht und den Geschmack überdeckt.
  • Hartkapseln bestehen aus zwei Steckhälften und sind für Pulver und Granulate geeignet; Weichkapseln sind einteilig, elastisch und bevorzugt für flüssige oder ölige Füllungen, wobei das Material die Lagerung und Verträglichkeit beeinflusst.
  • Die Wahl zwischen Gelatine (tierisch) und HPMC (vegan/vegetarisch) als Kapselmaterial ist wichtig für Allergien und Ernährungsbedürfnisse, wobei HPMC-Kapseln vermehrt in der Praxis eingesetzt werden.
  • Die Kapselgröße (z. B. 1, 0, 00) bestimmt das Fassungsvermögen, sodass die Dosierbarkeit direkt von Volumen und Dichte der Füllstoffe abhängt.
  • Nach Ph. Eur. müssen Kapseln biokompatibel, stabil und in Masse und Gehalt gleichförmig sein; bei Wirkstoffmengen ≤2 mg oder ≤2% Gesamtgewicht wird die Gleichförmigkeit des Gehalts geprüft, sonst die Masse.
  • Flüssige Füllstoffe dürfen nicht in Hartkapseln verwendet werden, da sie die Hülle beschädigen können; die Kombination von Inhalt und Hüllenmaterial muss immer beachtet werden.
  • Für die Lagerung ist eine kühle, trockene und lichtgeschützte Umgebung entscheidend, da zu hohe Luftfeuchte Weichmacher austreten lässt und zu geringe Feuchtigkeit Hartkapseln spröde macht.

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