Flüssige Zubereitungen - Suspensionen
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Herstellung, Eigenschaften und Stabilisierung von Suspensionen in der Rezeptur
Was ist eine Suspension?
Stell dir eine Suspension wie eine „Schneekugel“ vor: Wenn du sie schüttelst, verteilen sich die Schneeflocken (festes Material) erst überall in der Flüssigkeit – aber wenn du wartest, sinken sie langsam auf den Boden. Genau dieses Prinzip nutzt man in der Pharmazie! In einer Suspension sind kleine feste Teilchen (genannt disperse Phase) in einem Flüssigkeits- oder halbfesten Medium (das Dispersionsmittel, oft Wasser) verteilt. Die Teilchen sind dabei so groß, dass sie sichtbar sind (typisch: Durchmesser über 1 µm).
Warum ist das wichtig? Solche Teilchen neigen dazu, mit der Zeit durch die Schwerkraft nach unten zu sinken – sie sedimentieren. Das unterscheidet Suspensionen auch klar von Lösungen (wo der Stoff komplett aufgelöst ist) oder kolloidalen Systemen (dort sind die Teilchen viel kleiner und schweben meist stabil in der Flüssigkeit; Tyndall-Effekt!).
Eine Suspension muss vor Gebrauch unbedingt aufgeschüttelt werden! Nur so wird der Wirkstoff gleichmäßig verteilt und die Dosis stimmt. Das IMPP mag diese praktische Frage sehr gern – merkt euch das!
Die Herausforderung: Stabilität und Sedimentation
Sedimentation ist das grundlegende Problem jeder Suspension: Feste Teilchen setzen sich im Laufe der Zeit ab. Das liegt daran, dass sie meistens dichter sind als die flüssige Phase – also „schwerer“ und von der Schwerkraft nach unten gezogen werden.
Ob und wie schnell Teilchen absinken, hängt von mehreren Faktoren ab. Das zu verstehen, hilft, die Stabilität einer Suspension gezielt zu beeinflussen!
Das Stokes’sche Gesetz – Intuitiv erklärt
Die Sedimentationsgeschwindigkeit (\(v\)) berechnet sich nach dem sogenannten Stokes’schen Gesetz:
\[v = \frac{2 r^2 (ρ - ρ_0) g}{9 η}\]
Keine Sorge, du musst die Formel nicht auswendig können, aber die Begriffe und Zusammenhänge sind besonders prüfungsrelevant:
- \(r\) = Radius des Teilchens: Je größer das Teilchen, desto schneller sinkt es. Achtung: Verdoppelt sich der Radius, wird die Sedimentationsgeschwindigkeit viermal so groß (weil \(r^2\) in der Formel steht)!
 - \((ρ - ρ_0)\) = Dichteunterschied: Je größer der Unterschied zwischen Teilchendichte und Flüssigkeitsdichte, desto schneller sedimentiert das Teilchen.
 - \(η\) = Viskosität: Je dicker (also viskoser, z.B. wie Honig statt Wasser) das Dispersionsmittel, desto langsamer sinken die Teilchen. Das heißt: Suspensionen mit erhöhter Viskosität sind stabiler, weil die Teilchen sich weniger schnell absetzen.
 - \(g\) = Schwerkraft: Nicht beeinflussbar bei uns, aber klar – ohne Schwerkraft kein Absinken.
 
Beispiel: Effekt der Partikelgröße
Angenommen, du halbierst den Partikelradius von 200 µm auf 100 µm – dann wird die Sedimentationsgeschwindigkeit nur noch ein Viertel so hoch wie vorher! Das klingt erstmal wenig, hat aber enorme Auswirkungen auf die Haltbarkeit der Suspension.
Sedimentationsarten: Flocculation und Caking
Nicht alle Sedimente sind gleich! Wie die Teilchen beim Absinken miteinander “zusammenarbeiten”, beeinflusst den Alltag sehr:
- Unbeeinflusste (aufsteigende) Sedimentation: Jeder Partikel sinkt alleine ab. Hier entsteht oft ein kompaktes, hartes Sediment am Boden – das ist schlecht wieder aufzuschütteln (riskant für die Dosierung, da viel Wirkstoff „unten festklebt“: Caking).
 - Behinderte (absetzende) Sedimentation, auch durch Flocculation: Teilchen bilden lose Flocs – kleine „Flocken“-Aggregat. Diese sinken gemeinschaftlich ab und bilden ein lockeres Sediment, das sich leicht und schnell wieder aufschütteln lässt. Der Überstand bleibt klarer.
 
Warum? Weil sich ein durch Flocculation entstandenes Sediment leicht redispergieren (neu aufschütteln) lässt. Das IMPP fragt gerne, woran man „gute“ Sedimente erkennt: Ein lockeres, homogenes, gut wiederverteilbares Sediment ist das Ziel!
Caking hingegen ist problematisch: Das Sediment wird „steinhart“, lässt sich kaum wiederverleiben – so sind exakte Dosierungen unmöglich. Das kann therapeutisch sogar gefährlich werden.
Destabilisierungsvorgänge in Suspensionen
Flocculation (gewünscht)
Flüssigkeit und Hilfsstoffe sorgen dafür, dass Partikel lockere Flocs bilden.
Agglomeration (häufig unerwünscht)
Teilchen lagern sich ungeordnet und fest zusammen; kann zu ungleichmäßigen Sedimenten führen.
Caking (unbedingt vermeiden)
Ein verdichtetes, nicht wiederaufschüttelbares Sediment entsteht. Meist Folge von unbeeinflusster Sedimentation oder falscher Rezepturgestaltung.
Flotation
Hier steigen Partikel nach oben auf – typischerweise, wenn sie hydrophob sind und Luft eingeschlossen haben. Das ist unerwünscht, weil sich die Wirkstoffverteilung komplett verändert! Netzmittel können helfen, diese hydrophoben Flächen zu „benetzen“ und Flotation zu verhindern.
Wie stabilisiert man Suspensionen in der Rezeptur?
Praktische Hebel für mehr Stabilität:
- Partikelgröße verringern: Durch Zerkleinern (Mörser, Homogenisator) sinken die Teilchen langsamer und gleichmäßiger.
 - Viskosität erhöhen: Hilfsstoffe wie Bentonit (ein natürlicher Ton, der Wasser bindet) machen die Suspension „dicker“, so dass die Teilchen langsamer sinken. Typischer Zusatz: 8–15 % (m/m) Bentonit in der Suspension.
 - Dichteangleichung des Dispersionsmittels: Je ähnlicher die Dichte von Feststoff und Flüssigkeit, desto weniger „Drang“ der Teilchen nach unten zu sinken.
 - Geeignete Netzmittel/Stabilisatoren einsetzen: Sie verbessern die Benetzbarkeit der Partikeloberfläche, verhindern die Bildung hydrophober Agglomerate und fördern Flocculation, damit sich keine harten Sedimente (Cakes) bilden.
 
Sie machen hydrophobe Teilchen „wassermö glich“ – dadurch sinkt die Flotation UND die Suspension wird gleichmäßiger (bessere Benetzung = bessere Wirkstoffverteilung). Auch hier tauchen oft IMPP-Fragen auf!
Herstellung: Was ist wichtig?
- Zerkleinern der Wirkstoffe: Je kleiner die Partikel, desto langsamer sinken sie ab.
 - Homogenes Einbringen der Teilchen ins Dispersionsmittel, oft mit Netzmitteln.
 - Stabilisierende Zusatzstoffe wie Gelbildner (z.B. Bentonit) und Stabilisatoren werden zuletzt eingerührt.
 - Kontrollierter Behältereinsatz: Offenbar sein, damit beim Verschütteln genug Luft bleibt!
 
Besonderheiten und oft geprüfte Fakten
- Bentonit als Gelbildner ist Standard: Er erhöht die Viskosität, verbessert die Benetzung und vermeidet, dass alles gleich zu Boden sinkt (typische Menge: 8–15 % (m/m)).
 - Kolloidale Systeme sind NICHT dasselbe wie Suspensionen: Sie haben eine viel geringere Teilchengröße und zeigen den Tyndall-Effekt (seitlich sichtbarer Lichtkegel im Streulicht).
 - Suspensionen sind KEINE Emulsionen: Koaleszenz (Zusammenfließen) oder Aufrahmen sind typische Emulsions-Probleme, nicht aber bei Suspensionen prüfungsrelevant.
 - Mikrobielle Stabilität: Der Zusatz von Alkohol wirkt konservierend; bei langen Lagerzeiten aber immer auch an mikrobiologischen Verderb denken!
 - Lagerung: Muss nicht immer im Kühlschrank sein, sondern richtet sich nach Substanz.
 - Dichteunterschiede: Dichteangleichung des Dispersionsmittels ist in der Praxis oft zweckmäßig, um Sedimentation/Flotation zu verhindern.
 - Schütteln vor Gebrauch bleibt Pflicht!
 
Was prüft das IMPP besonders gerne?
- Unterschiede zwischen Flocculation und Caking
 - Die Rolle und Wirkung von Bentonit, Netzmitteln und anderen Hilfsstoffen
 - Auswirkungen von Partikelgröße, Viskosität und Dichte auf die Stabilität/Haltbarkeit
 - Grundprinzip der Sedimentation und Stokes’sches Gesetz
 - Warum Schütteln/Redispergieren so essentiell für die richtige Dosierung ist
 
Macht euch diese Zusammenhänge klar – dann könnt ihr jede Frage zu Suspensionen sicher bearbeiten!
Zusammenfassung
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