Kontinuitätsbedingung
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Die Kontinuitätsbedingung: Intuitives Verständnis, Formeln und Anwendungen
Was steckt hinter der Kontinuitätsbedingung?
Stell dir vor, du gießt Wasser durch ein langes Rohr oder beobachtest, wie ein Bach durch eine enge und dann wieder breite Stelle fließt. Materie – also Flüssigkeit – kann nicht einfach verschwinden oder aus dem Nichts auftauchen. Alles, was an einer Stelle hereinkommt, muss an anderer Stelle wieder heraus. Das klingt erstmal selbstverständlich, hat aber weitreichende Konsequenzen für das Verständnis von Strömungen.
Das Grundprinzip – ein anschauliches Bild
Angenommen, durch ein Gartenschlauchstück strömt ständig Wasser – vorne kommt nichts dazu, hinten geht nichts verloren. Das bedeutet:
- Pro Sekunde bewegt sich immer die gleiche Menge Wasser durch jeden Querschnitt des Schlauchs.
 - Wird der Schlauch irgendwo schmaler, muss das Wasser dort schneller werden, um die gleiche Menge in der gleichen Zeit hindurchzubekommen.
 
Genau dieses Prinzip beschreibt die Kontinuitätsbedingung.
Die mathematische Formulierung – aber verständlich!
Die Kontinuitätsbedingung für inkompressible Flüssigkeiten (z.B. Wasser) lautet:
\[ A_1 \cdot v_1 = A_2 \cdot v_2 \]
mit
- \(A_1\) und \(A_2\) bedeuten Querschnittsfläche (z.B. in \(\text{cm}^2\) oder \(\text{m}^2\))
 - \(v_1\) und \(v_2\) bedeuten mittlere Strömungsgeschwindigkeit an diesen Stellen (z.B. in \(\text{m/s}\))
 
Wenn der Querschnitt kleiner wird, muss das Wasser schneller fließen – so wie du am Wasserhahn merkst, dass der Wasserstrahl schneller wird, wenn du mit dem Finger vorne das Auslassloch verengst.
Was bedeutet das für den Volumenstrom?
Volumenstrom \(Q\) gibt an, wie viel Flüssigkeit (Volumen) pro Zeiteinheit durch einen Rohrabschnitt fließt. Die Formel:
\[ Q = A \cdot v \]
- \(Q\): Volumenstrom (\(\text{m}^3/\text{s}\))
 - \(A\): Fläche (\(\text{m}^2\))
 - \(v\): mittlere Geschwindigkeit (\(\text{m/s}\))
 
Wichtig: Bei stationärer (gleichbleibender) und inkompressibler Strömung ist \(Q\) an jeder Stelle im Rohr gleich groß. Es ist egal, wie dick das Rohr ist – die Menge an Wasser, die pro Sekunde durchfließt, bleibt überall dieselbe.
Verdopplung des Durchmessers (z.B. von \(r\) auf \(2r\)) bedeutet die Fläche vergrößert sich auf das Vierfache (denn \(A = \pi r^2\))! Bei gleichem Volumenstrom sinkt daher die Geschwindigkeit auf ein Viertel!
Warum wird die Flüssigkeit schneller, wenn das Rohr enger wird?
Anschauliches Beispiel:
Du kennst das: Wenn du einen Gartenschlauch zudrückst, schießt das Wasser plötzlich schneller heraus – die Engstelle lässt weniger Raum, also muss das Wasser an dieser Stelle “Gas geben”, um dieselbe Menge pro Zeit herauszupressen.
Noch ein Bild: Man stelle sich vor, eine Gruppe Fußballfans will durch einen Ausgang ins Stadion. Wird der Durchgang schmaler, müssen die Leute schneller hindurchlaufen, damit alle in der gewünschten Zeit durchkommen (sofern sie es überhaupt schaffen können).
Rechenbeispiel: Querschnitt wird kleiner
Angenommen:
- \(A_1 = 10\, \text{cm}^2\)
 - \(A_2 = 6\, \text{cm}^2\)
 - \(v_1 = 0{,}3\, \text{m/s}\) (also \(30\, \text{cm/s}\))
 
Wie schnell ist das Wasser bei \(A_2\)?
\[{v_2 = \frac{A_1 \cdot v_1}{A_2} = \frac{10\,\text{cm}^2 \cdot 30\,\text{cm/s}}{6\,\text{cm}^2} = 50\,\text{cm/s}}\]
Interpretation: Das Wasser muss an der engeren Stelle umso schneller fließen, hier fast doppelt so schnell, damit pro Sekunde dieselbe Menge hindurchkommt.
Was passiert, wenn sich der Durchmesser ändert?
Fläche und Durchmesser hängen quadratisch zusammen!
Die Querschnittsfläche eines Rohrs berechnet sich aus dem Radius: \(A = \pi r^2\).
Beispiel: Wird der Radius verdoppelt (\(r_2 = 2 r_1\)), ist die Fläche viermal so groß (\(A_2 = 4 A_1\)).
Bei gleichem Volumenstrom gilt:
\(v_2 = \frac{A_1}{A_2} v_1 = \frac{1}{4} v_1\)
Die Geschwindigkeit nimmt also auf ein Viertel ab!
Typische Stolperfalle: Fläche wächst mit dem Quadrat des Radius, nicht linear! Wird der Radius halbiert, schrumpft die Fläche auf ein Viertel – und die Geschwindigkeit steigt auf das Vierfache!
Was passiert mit der Masse? – Der Massenstrom
Für eine konstante Dichte \(\rho\) (wie bei Wasser im Alltag, typischer Wert \(1000\, \text{kg/m}^3\)):
- Der Massenstrom \(\dot{m}\) beschreibt, wie viel Masse pro Sekunde durchfließt: \[ \dot{m} = \rho \cdot A \cdot v \]
 - Auch der Massenstrom ist für inkompressible Flüssigkeiten an jeder Stelle gleich groß!
 
Das ist gerade für medizinische Anwendungen spannend, wo häufig die Masse von Flüssigkeiten transportiert/gefördert werden muss.
Praxisbeispiel: Füllhöhe im Messzylinder
Stell dir vor, ein Messzylinder wird mit einer festen Wassermenge gefüllt.
- Gesamtvolumen \(V = A \cdot h\) (Grundfläche mal Höhe)
 - Verkleinerst du den Durchmesser (z.B. von \(10\, \text{cm}\) auf \(5\, \text{cm}\)), bleibt das Volumen \(V\) gleich.
 - Da \(A\) mit dem Quadrat des Durchmessers abnimmt, muss die Höhe \(h\) entsprechend zunehmen!
 
Beispiel:
- \(d_1 = 10\, \text{cm}\), \(h_1 = 5\, \text{cm}\), \(A_1 \sim 100\)
 - \(d_2 = 5\, \text{cm} \Rightarrow A_2 = \frac{1}{4} A_1\)
 - \(h_2 = \frac{A_1}{A_2} h_1 = 4 \cdot 5\, \text{cm} = 20\, \text{cm}\)
 
Das erscheint auf den ersten Blick kontraintuitiv, folgt aber direkt aus der Kontinuitätsbedingung: Die kleinere Grundfläche muss durch größere Höhe “kompensiert” werden, damit das gesamte Wasser hineinpasst.
Strömungsphänomene im Alltag & Technik
Wozu taugt das Ganze? Das Prinzip steckt in vielen medizinisch-technischen Apparaturen:
- Wasserstrahlpumpe, Zerstäuber, Bunsenbrenner:
Durch eine Verengung (Düse) wird das Medium beschleunigt, was laut Bernoulli-Prinzip den Druck absenkt – so wird z.B. Luft angesaugt oder Flüssigkeit fein zerstäubt. Du kennst es vielleicht vom Parfümzerstäuber. 
An Engstellen wird das Medium schneller – und gleichzeitig sinkt dort der statische Druck (Bernoulli). Dies wird genutzt, um Substanzen anzusaugen oder Gemische zu erzeugen!
Saubere Vorgehensweise bei Prüfungsfragen & häufige Stolperfallen
- Achte genau darauf, ob nach Durchmesser, Radius oder Fläche gefragt wird! Fläche wächst mit dem Quadrat!
 - Rechne ruhig Zwischenschritte durch: zu schnell mit Durchmessern loszulegen führt oft zu Fehlern.
 - Typische Falle: Geschwindigkeit einfach mit der Änderung des Radius gleichzusetzen, ohne das Quadratgesetz zu beachten.
 - Einheiten nicht mischen. Wenn \(A\) in \(\text{cm}^2\) ist, dann \(v\) in \(\text{cm/s}\) statt \(\text{m/s}\).
 
Das IMPP prüft gern, ob du erkennst, dass Geschwindigkeit und Querschnitt “entgegenlaufen”:
Kleinere Querschnitte = größere Geschwindigkeit, größere Querschnitte = kleinere Geschwindigkeit, solange der Volumenstrom gleich bleibt.
Zusammenfassung
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