Flüssige Zubereitungen - Stabilität von Lösungen
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Stabilität von Lösungen: Einflussfaktoren, Konservierungsmittel und Antioxidantien
In der Rezeptur-Arzneimittelherstellung ist die Stabilität von Lösungen ein zentrales Thema. Gerade bei flüssigen Zubereitungen musst du immer bedenken: Wirkstoffe und Zubereitung „altern“ – chemisch und mikrobiell. Das IMPP stellt hierzu sehr gerne Fragen, bei denen oft das Verständnis für die Zusammenhänge entscheidend ist und nicht einfach nur das Auswendiglernen.
Grundlegende Einflussfaktoren auf die Stabilität
Stabilität ist ein Sammelbegriff: Er umfasst chemische, physikalische und besonders auch die mikrobielle Stabilität. Für die Prüfungen und in der Praxis sind die zwei letzten Punkte meistens die wichtigsten:
- Chemische Stabilität: Hier geht es darum, ob der Wirkstoff durch physikalisch-chemische Prozesse wie Oxidation oder Hydrolyse zerfällt (also unwirksam oder sogar gefährlich wird).
 - Mikrobielle Stabilität: Hier will man verhindern, dass Bakterien, Pilze oder Hefen sich vermehren – denn Keime haben in Arzneimitteln natürlich nichts verloren.
 
Intuitive Vorstellung
Stell dir eine wässrige Lösung wie einen „kleinen Teich“ vor. Stehen lassen, nicht abgedeckt, warm? Da wächst schnell was drin! Anders sieht es aus, wenn du Substanzen zugibst, die Keime hemmen – also Konservierungsmittel. Gleichzeitig zerfällt manches chemisch mit der Zeit – das bekämpfst du mit Antioxidantien und durch eine möglichst „passende“ Umgebung für die Arzneistoffe.
Mikrobielle Stabilität: Warum und wie wird konserviert?
Alle Lösungen, die Wasser enthalten, sind grundsätzlich anfällig für mikrobielle Verunreinigung. Wie stark, hängt ab von:
- Art der Zubereitung (z. B. Tropfen, Sirup, Infusionslösung)
 - Anwendungsgebiet (Auge, Mund, Haut)
 - Verpackung (Einzel- oder Mehrdosenbehältnisse)
 
Vor allem Mehrdosenbehältnisse müssen zwingend konserviert werden, weil mit jeder Entnahme ein Eintrag von Keimen möglich ist.
Konservierungsmittel „schützen“ die Lösung, indem sie das Wachstum von Keimen hemmen oder abtöten. Das ist entscheidend für Ihre Haltbarkeit und Sicherheit.
Welche Konservierungsmittel sind üblich?
Hier ein paar der bekanntesten Substanzen – Achtung, das ist Prüfungswissen!:
| Konservierungsmittel | Typische Konzentration | Häufiges Anwendungsgebiet | 
|---|---|---|
| Kaliumsorbat | 0,05–0,2 % | perorale Lösungen, Sirupe | 
| Benzoesäure/Natriumbenzoat | 0,1–0,2 % | perorale Lösungen, kosmetische Produkte | 
| Methyl-4-hydroxybenzoat (Paraben) | ca. 0,1 % | viele wässrige Zubereitungen (z. B. Säfte) | 
| Ethanol | ab ca. 20 % (V/V) | in Lösungen, wo Alkohol akzeptabel ist | 
| Benzalkoniumchlorid | ca. 0,01–0,02 % | v. a. ophthalmische und topische Zubereitungen | 
| Sorbinsäure | ca. 0,1 % | Augentropfen, Nahrungsmittel | 
Merke: Nicht jedes Konservierungsmittel ist überall erlaubt!
Zum Beispiel: Benzalkoniumchlorid wird wegen seiner Nebenwirkungen nicht für perorale (zum Einnehmen bestimmte) Zubereitungen eingesetzt!
Worauf musst du achten?
- Konzentration: Zu wenig – kein Keimschutz. Zu viel – Gefahr von Nebenwirkungen!
 - Anwendungsgebiet: Das Auge ist besonders empfindlich (mehr dazu gleich).
 - Wechselwirkungen: Einige Konservierungsmittel können mit Inhaltsstoffen der Lösung unerwünschte Reaktionen eingehen oder unwirksam werden.
 
Saccharose (also klassischer Zucker) wird nicht als Konservierungsmittel eingesetzt. Im Gegenteil: In hoher Konzentration (z.B. in Sirupen) ist sie ein perfekter Nährboden für Mikroorganismen. Je mehr Zucker, desto eher wächst etwas – eine 30%-ige Saccharoselösung ist besonders instabil gegen Keime!
Ein weiterer Klassiker in IMPP-Fragen: Ethanol.
Ethanol wirkt erst ab etwa 20 % (V/V) zuverlässig antimikrobiell. Darunter ist die konservierende Wirkung meist unzureichend.
Chemische Stabilität – Warum oxidieren Wirkstoffe und wie kann man sie schützen?
Viele Wirkstoffe (Vitamin C, einige Hormone, gefärbte Pflanzenstoffe etc.) sind gegenüber Oxidation – also dem „Angriff“ von Sauerstoff – sehr empfindlich. Das IMPP interessiert hier oft: Wie schütze ich den Wirkstoff?
Die Rolle von Antioxidantien
Antioxidantien sind Stoffe, die den Oxidationsprozess verhindern oder stark verlangsamen. Sie „opfern“ sich sozusagen chemisch, bevor der Wirkstoff kaputtgeht.
Wie funktionieren Antioxidantien – ganz anschaulich?
Stell dir vor, Sauerstoff schnappt sich alles, was „angreifbar“ ist. Antioxidantien bieten dem Sauerstoff (oder anderen Radikalen) ein elektronisches „Opfer“ an, sodass die empfindlichen Moleküle verschont werden.
Beispiele (relevant fürs Examen und die Praxis):
- Ascorbinsäure (klassisch Vitamin C): sehr wasserlöslich, schützt Wirkstoffe in wässrigen Lösungen.
 - Palmitoylascorbinsäure: fettlösliche Variante, besonders für Öle oder halbfeste Zubereitungen mit lipophiler Grundlage (z.B. mittelkettige Triglyceride, also spezielle Öle) geeignet.
 
Nicht alle Antioxidantien funktionieren überall gleich gut!
Ascorbinsäure ist super in Wasser, Palmitoylascorbinsäure dagegen schützt Wirkstoffe in Ölen optimal.
Besonderheiten: Die Lösung als Lebensraum für Chemie
Nicht nur der Sauerstoff zerstört Wirkstoffe. Auch der pH-Wert, also wie sauer oder basisch das Milieu ist, beeinflusst die chemische Stabilität. Viele Wirkstoffe sind in einem bestimmten Bereich am stabilsten.
Die Bedeutung des pH-Werts, der Pufferung und der Osmolarität
Gerade für ophthalmische (also am Auge anzuwendende) Lösungen ist der pH-Wert extrem wichtig! Die Tränenflüssigkeit des Menschen hat einen pH-Wert von etwa 7,4. Zu saure oder basische Lösungen „beißen“ im Auge oder schädigen sogar die Hornhaut.
Daher wird gepuffert: Ein Puffer hält den pH stabil, auch wenn die Lösung in Kontakt mit der Umgebung kommt.
Zusätzlich wichtig:
Damit die Lösung ans Auge oder ins Blut „passt“, sollten Salzgehalt und Teilchendichte ähnlich wie bei körpereigenen Flüssigkeiten sein – man spricht dann von isotonisch (osmotisch angepasst).
Isotonisierung: Hier werden meist Natriumchlorid, Kaliumchlorid oder vergleichbare Substanzen benutzt. Kaliumsorbat z. B. wird rein als Konservierungsmittel eingesetzt – nicht zur Isotonisierung!
Ophthalmische Lösungen – warum so besonders empfindlich?
Das Auge ist wie eine empfindliche Schnittstelle zur Außenwelt. Alles, was da reingeht, sollte möglichst keimfrei, reizarm, isoton und chemisch stabil sein.
Daher:
- Pufferung nahe physiologischer Werte (meist pH 7,0–7,4), vermeidet Reizung.
 - Konservierung unbedingt nötig in Mehrdosenbehältnissen, weil hier das Risiko der Keimeinschleppung besonders hoch ist!
 - Antioxidantien, um empfindliche Wirkstoffe zu schützen, besonders bei lipophilen (fettlöslichen) Lösungen mit antioxidationsempfindlichen Wirkstoffen (z.B. Palmitoylascorbinsäure mit Ölbasis).
 
Für Lösungen gilt:
- Sie sind meist nur begrenzt haltbar – viele maximal 6 Monate ungeöffnet, nach dem Öffnen oft nur wenige Wochen!
 - Die Haltbarkeit hängt ganz entscheidend davon ab, ob und wie gut mikrobiell konserviert wird, wie oft die Lösung geöffnet wird und wie sauber gearbeitet wurde.
 
Typische Prüfungsfragen und Knackpunkte
Das IMPP fragt regelmäßig:
- Warum wirkt Saccharose nicht konservierend? (Weil sie Nährboden für Keime ist.)
 - Warum benötigt ein Mehrdosenbehälter stets ein Konservierungsmittel? (Wiederholter Kontakt = Keimrisiko.)
 - Welche Konzentration braucht Ethanol, um wirklich konservierend zu wirken? (Mindestens 20%!)
 - Welche Konservierungsmittel sind für orale Zubereitungen geeignet, welche sind kontraindiziert? (Benzalkoniumchlorid z.B. nicht bei oraler Einnahme!)
 - Warum sind ophthalmische Lösungen so empfindlich und sorgfältig zu prüfen? (Wegen der physiologischen Anforderungen – pH, Isotonie, Keimfreiheit)
 
Zusammenfassung
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