Kapseln - Dosierung und Füllstoffe

IMPP-Score: 0.5

Hartkapseln: Dosierung, Füllstoffe und Rezepturpraxis – Die Intuition hinter der volumendosierten Herstellung

Warum werden Hartkapseln volumendosiert?

Vielleicht kennst du das: Verschiedene Kapselgrößen (z.B. Größe 1, Volumen ca. 0,5 mL) – aber warum wird nicht einfach nach Gewicht dosiert? Das liegt am Herstellungsprozess und an der Bauweise der Kapseln. Hartkapseln werden meistens „volumendosiert“ hergestellt, das heißt, entscheidend ist das Innenvolumen der Kapselhülle, nicht das Gewicht.

Der Grund: Die Kapselhülle ist starr. Was hineinpasst, ist durch das Volumen bestimmt, nicht durch die Masse. Pulver sind oft locker, manchmal klumpig oder rieseln leicht – deshalb ist das Volumen entscheidend. Stell dir vor, du füllst Mehl in eine kleine Dose: je nachdem, wie „fluffig“ das Mehl ist, passt unterschiedlich viel Masse hinein – das Volumen bleibt aber immer gleich.

Das Kalibriervolumen – Dein Ausgangspunkt

Jede Kapselgröße hat ein festes Volumen, das sogenannte Kalibriervolumen. Größe „1“ nimmt zum Beispiel ca. 0,5 mL auf. Das bestimmt, wie viele Inhaltsstoffe hineinpassen – egal, ob schwerer oder leichter Wirkstoff.

Deine Aufgabe: Mischung aus Wirkstoff und Füllstoff so kombinieren, dass das Innenvolumen möglichst vollständig und exakt ausgefüllt wird. Es gibt keinen Rezepturzuschlag – du füllst wirklich nur das, was in die Kapseln soll.

NoteDas Kalibriervolumen entscheidet, nicht das Gewicht!

Volumendosierte Hartkapseln werden so berechnet, dass das Innenvolumen exakt mit der Mischung aus Wirkstoff und Füllstoff gefüllt ist. Die Masse „passt sich“ dabei an die Dichte der Mischung an.

Wie stelle ich die Kapseln her? Schritt für Schritt

1. Bestimme die gewünschte Wirkstoffmenge pro Kapsel

Beispiel: 0,4 g Paracetamol pro Kapsel, 30 Kapseln

Gesamtwirkstoff:
\[0,4\,g\,\text{pro Kapsel} \times 30 = 12\,g\]

2. Errechne das benötigte Füllvolumen

Jede Kapsel hat ein Kalibriervolumen (z.B. 0,5 mL für Größe 1). Du brauchst also für 30 Kapseln: \[30 \times 0,5\,mL = 15\,mL\]

3. Wie viel Volumen braucht mein Wirkstoff?

Man kennt entweder die Dichte \(\rho\) oder das spezifische Volumen \(v\) des Wirkstoffs. Mit der Schüttdichte (\(g/mL\)) bestimmst du, wie „luftig“ oder „kompakt“ das Pulver ist.

Formel: \[\text{Volumen Wirkungssubstanz} = \frac{\text{Masse}}{\text{Schüttdichte}}\]

Beispiel:
Paracetamol, Masse = 12 g, Schüttdichte = 0,5 g/mL
\[\frac{12\,g}{0,5\,g/mL} = 24\,mL\]

Achtung: Wenn das Volumen des Wirkstoffes das Eichvolumen überschreitet, brauchst du ggf. eine größere Kapsel – meistens musst du aber „auffüllen“.

4. Mit Füllstoff auffüllen

Meist ist das Wirkstoffvolumen nicht genug, um das Kalibriervolumen der Kapseln auszufüllen (z.B. wenn nur wenig Wirkstoff in jede Kapsel muss). Dann wird aufgefüllt – mit einem Füllstoff.

  • Füllstoff = Pulver (z.B. Mannitol, Lactose), das das Volumen ergänzt und zugleich das Fließen & Mischen erleichtert
  • Für Hartkapseln ideal: Mannitol/Aerosil-Gemisch (99,5% Mannitol, 0,5% Aerosil)

Du brauchst also: 1. Das Volumen deiner Mischung (Wirkstoff + Füllstoff) muss dem Kalibriervolumen exakt entsprechen 2. Auf keinen Fall Überschüsse herstellen – das ist die Besonderheit gegenüber anderen Rezepturarten!

Wie viel Füllstoff brauche ich?
Ziehe das Volumen des Wirkstoffs vom Gesamtfüllvolumen ab, das der Kapsel vorgegeben ist.

Rechne und mische sinnvoll: Intuitiv zur perfekten Kapsel

Statt stur Formeln zu lernen, hilft oft das Bild:

Stell dir das Innere der Kapsel als exakt geformten Hohlraum vor, den du sorgfältig ganz ausfüllst – Wirkstoff und Füllstoff wie „Puzzleteile“, die exakt zusammenpassen müssen. Ist zu wenig drin, bleibt Luft. Ist zu viel, schließt die Kapsel nicht.

Schritt-für-Schritt Schema

  1. Wirkstoffmasse pro Kapsel x Stückzahl = Gesamtwirkstoff
  2. Gesamtfüllvolumen ermitteln: Kapselvolumen × Stückzahl
  3. Wirkstoffvolumen bestimmen: Masse / Schüttdichte
  4. Füllstoff-Menge berechnen: Füllvolumen – Wirkstoffvolumen = zu ergänzendes Füllstoffvolumen
    Dieses nochmal mit der Schüttdichte des Füllstoffes multiplizieren → ergibt die Masse, die du abwiegen musst.
NoteIntuitiv denken: Warum reicht Masse nicht aus?

Es reicht nicht, einfach Masse × Stückzahl zu rechnen, weil Pulver unterschiedlich „dicht“ sind. Eine gleiche Masse Paracetamol und Mannitol können deutlich unterschiedlich viel Platz brauchen! Für die Kapsel zählt aber das Volumen.

Die Praxis: Typische Füllstoffmischungen & Tricks

Warum Mannitol + Aerosil?
- Mannitol: Füllt das Volumen auf, angenehm geschmacklos, gute Verträglichkeit - Aerosil (hochdisperses Siliciumdioxid): Verbessert Fließeigenschaften, verhindert das „Verklumpen“ – das Pulver rieselt besser und lässt sich sauber dosieren.

Typisches Mischungsverhältnis: - 99,5 % Mannitol : 0,5 % Aerosil

Wird das Verhältnis falsch gewählt (z.B. zu wenig Aerosil), kann die Mischung verklumpen. Zu viel Aerosil macht das Pulver zu leicht und es kann „stauben“ und schlecht in die Kapsel rieseln.

Bestimmung des Eichvolumens/Kalibriervolumens

Das Volumen einer Kapselgröße (z.B. 0,5 mL für Größe 1) wird meist vom Hersteller vorgegeben, kann aber auch mit einem Eichverfahren bestimmt werden: Trockenes Pulver (Füllstoff) wird eingefüllt, leicht geklopft, die eingefüllte Menge wird zurückgewogen und so das exakte Volumen bestimmt. Das wird besonders gerne vom IMPP abgefragt.

NoteDie Eichvolumen-Bestimmung sicher im Griff

Du solltest in der Prüfung erkennen können, wie du für eine bestimmte Kapselgröße das genaue Innenvolumen bestimmst – das IMPP fragt das gerne nach!

Alternativ: Gewichtsdosierte Methode (Massenbasierte Herstellung)

Nicht immer wird volumendosiert! In manchen Fällen ist eine gewichtsbasierte Dosierung vorgeschrieben (meist für Spezialfälle oder im DAC/NRF erfasst).

Was ist anders? - Es wird eine Gesamtmischung hergestellt, deren Masse exakt auf die Zahl der Kapseln aufgeteilt wird (div. in part. aeq. – teile in gleiche Teile). - Hier ist es die Masse pro Kapsel, die bestimmt wird, nicht das Volumen. - Die Mischung wird nach der Gesamtmasse exakt „dividiert“, also so verteilt, dass jede Kapsel die gleiche Masse enthält.

Wie läuft das ab?
1. Gesamtmenge (Wirkstoff + Füllstoff) berechnen 2. Gleichmäßig aufteilen

Hier kann das Volumen eine untergeordnete Rolle spielen, aber du musst darauf achten, dass die Menge in die Kapselgröße passt! Falls zu viel, muss eine größere Kapsel gewählt werden.

NoteDividieren in aequale partes – das „Divisionsprinzip“

Der lateinische Ausdruck „div. in part. aequ. Nr. X“ bedeutet: Teile die Mischung in X exakt gleiche Teile. Merke dir das für Praxis und Prüfung!

Typische Fehlerquellen und best practice

Fehler sammeln das IMPP gerne ein: - Füllstoff und Wirkstoff nicht homogen gemischt → segregiert beim Befüllen - Falsches Mischungsverhältnis (z.B. nicht 99,5:0,5) → Mischung verklumpt oder staubt - Volumen der Mischung unzureichend berechnet, Kapsel bleibt hohl → Dosierungsabweichung - Zu viel Wasser in der Füllstoffmischung → Kapselhülle (v.a. bei Weichkapseln) wird zerstört

NoteWahl der Füllstoffe – Hartkapsel vs. Weichkapsel

Für Hartkapseln verwendest du Mannitol, Lactose oder andere wasserfreie, gut fließende Pulver. Für Weichkapseln (oft aus Gelatine) sind spezielle, meist fetthaltige („lipophile“) Füllstoffe wie mittelkettige Triglyceride notwendig. Wasserhaltige Füllstoffe zerstören die Gelatinehülle!

Lateinische Rezepturangaben – Was verlangt das IMPP?

Oft werden in der Prüfung lateinische Rezepturanweisungen angegeben, z.B.:

  • Misce fiat capsulae dentur tales doses numero X
    (Mische, mache Kapseln, gib X Stück aus)
  • Div. in part. aequ. Nr. X
    (Teile in X gleiche Teile)

Das IMPP will hier sehen, dass du zwischen volumendosiertem („Fülle jede Kapsel zum Eichvolumen“) und massenbasiertem/Divisionsprinzip unterscheiden kannst.

Zusammengefasst: So gehst du im Examen schrittweise vor

Schema zur Planung und Berechnung:

  1. Dosis pro Kapsel × Stückzahl = Gesamtwirkstoff
  2. Kapselvolumen × Stückzahl = Gesamtfüllvolumen
  3. Gesamtwirkstoffvolumen berechnen (Masse/Schüttdichte)
  4. Restvolumen mit Füllstoff auffüllen
  5. Mischungsverhältnis (z.B. Mannitol:Aerosil) wählen
  6. Füllmasse pro Kapsel und insgesamt abwiegen
  7. Homogenes Mischen
  8. Exaktes Befüllen – ohne Überschuss
NoteBest Practice: Systematisch vorgehen!

Nur durch sorgfältiges, systematisches Rechnen und Planen kannst du Kapsel-Rezepturen sicher und korrekt umsetzen – das zahlt sich im Examen und später in der Apotheke aus!

Zusammenfassung

  • Hartkapseln werden meist volumendosiert hergestellt, weil das starre Innenvolumen der Kapselhülle bestimmt, wie viel Mischung hineinpasst; das Gewicht ist wegen unterschiedlicher Pulverdichten weniger entscheidend.
  • Das Kalibriervolumen einer Kapselgröße gibt an, wie viel Volumen befüllt werden kann – Wirkstoff und Füllstoff müssen zusammen exakt dieses Volumen ausfüllen, um Dosierungsgenauigkeit zu erreichen.
  • Die benötigte Menge an Füllstoff wird berechnet, indem vom Gesamtkapselvolumen das Wirkstoffvolumen abgezogen wird; typisches Füllstoff-Gemisch ist Mannitol mit 0,5% Aerosil, um Volumen optimal und gut fließend aufzufüllen.
  • Die Herstellung erfolgt immer nach einem festen Schema: Wirkstoffmenge pro Kapsel ermitteln, Volumenbedarf ausrechnen, Wirkstoffvolumen bestimmen und passgenau mit Füllstoff auffüllen – Überschüsse sind zu vermeiden.
  • Neben volumendosierter Herstellung gibt es auch die Gewichtsdosierung (Divisionsprinzip): Die Gesamtmasse der Mischung wird exakt auf die Anzahl der Kapseln verteilt, wobei das Volumen dann zweitrangig ist.
  • Typische Prüfungsfehler sind unter anderem ungenaues Mischen, falsche Füllstoffwahl oder eine fehlerhafte Volumenberechnung – das kann zu Dosierungsabweichungen führen.
  • Das Kalibriervolumen kann durch Wiegen und Befüllen im Eichverfahren experimentell bestimmt werden – dieses Vorgehen wird regelmäßig in Examina abgefragt.

Feedback

Melde uns Fehler und Verbesserungsvorschläge zur aktuellen Seite über dieses Formular. Vielen Dank ❤️