Elektrophile Substitution am Aromaten

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Elektrophile Substitution am Aromaten: Mechanismus und Energetische Betrachtungen

Die elektrophile aromatische Substitution (EAS) ist ein fundamentaler Bestandteil in der organischen Chemie und beschreibt den Austausch eines Wasserstoffatoms am Aromaten durch ein Elektrophil, wobei der aromatische Charakter des Ringsystems zunächst aufgehoben, später aber wiederhergestellt wird. Dies ermöglicht die Einführung funktionaler Gruppen in den ansonsten chemisch eher trägen Benzolring und dessen Derivate.

Der generelle Mechanismus: Von der Anregung zum σ-Komplex/Areniumion

Bei der EAS wird eine Bindung zwischen dem Elektrophil und dem aromatischen System unter temporärer Aufhebung des aromatischen Zustandes gebildet. Der erste Schritt ist die Bildung eines Elektrophils, das für den eigentlichen elektrophilen Angriff erforderlich ist. Das Elektrophil interagiert mit dem delokalisierten π-Elektronensystem des Aromaten und führt zur Bildung eines σ-Komplexes, auch Areniumion genannt.

Der Mechanismus der elektrophilen Substitution am Aromaten1

Erhalt und Rückgewinnung des aromatischen Zustands

Nachdem das Elektrophil an den Aromaten gebunden hat und der σ-Komplex entstanden ist, ist der nächste Schritt die Abspaltung eines Protons, um den aromatischen Zustand wiederherzustellen. Diese Protonenabspaltung ist von entscheidender Bedeutung, da sie dem Ring erlaubt, seine Delokalisation der π-Elektronen und damit seinen energetisch bevorzugten aromatischen Zustand zurückzugewinnen.

Energieprofile und Zwischenprodukte der Reaktion

Die EAS lässt sich energetisch als zweistufiger Prozess darstellen. Zunächst gibt es für die Bildung des σ-Komplexes eine hohe Aktivierungsbarriere, da die stabile aromatische Elektronenkonfiguration aufgehoben werden muss. Den Höhepunkt unter den energiereichsten Spezies dieser Reaktion stellt der Übergangszustand dar. Schlussendlich benötigt die Protonenabspaltung zur Rückbildung des aromatischen Zustands weniger Energie und stellt eine exotherme Reaktionsschritte dar.

Das Energieprofil der elektrophilen Substitution2

Die Wichtigkeit von Substituenteneffekten und deren Einfluss auf Stabilität und Reaktivität

Substituenteneffekte auf den σ-Komplex

Substituenten am aromatischen Ring haben einen signifikanten Einfluss auf die Stabilität des σ-Komplexes und damit auf die gesamte Reaktivität des Rings hinsichtlich weiterer elektronischer Angriffe.

Substituenten, die Elektronendichte in den Ring pumpen, stabilisieren das positive Intermediat durch mesomere Effekte (+M Effekt) und machen den Ring reaktiver für weitere elektrophile Angriffe. Andererseits erhöhen Substituenten mit -I oder -M Effekt die Aktivierungsenergie, was zu einer niedrigeren Reaktionsgeschwindigkeit führt.

Details zu Friedel-Crafts-Reaktionen

Die Friedel-Crafts-Alkylierung und -Acylierung sind zwei besondere Typen der EAS, bei denen mithilfe einer Lewis-Säure, typischerweise AlCl3, ein Alkyl- oder Acylrest in den Aromaten eingeführt wird. Die Rolle der Lewis-Säure besteht darin, das in der Reaktion verwendete Chlorid zu einem stärker elektrophilen Reagenz zu machen, indem es das Chlorid-Ion abzieht und das entstehende Carbenium-Ion (Alkylierung) oder Acylium-Ion (Acylierung) stabilisiert.

Denken in Reaktionsbedingungen und Konsequenzen von Umlagerungen

Bei der EAS müssen oft spezielle Reaktionsbedingungen eingehalten werden. Bei der Alkylierung mit Friedel-Crafts kann es beispielsweise zur Umlagerung von Carbenium-Ionen kommen, um eine stabilere, sekundäre oder tertiäre Struktur zu erreichen. Die Acylierung führt hingegen zu keinem Umlagerungsprozess, da das resultierende Acylium-Ion durch Resonanz stabilisiert ist.

Mit Methoxygruppen dirigieren: Ein Blick auf ortho-para-Effekte

Methoxygruppen üben einen +M Effekt (mesomeren Effekt) auf den Aromaten aus, sie erhöhen die Elektronendichte insbesondere in den ortho- und para-Positionen und dirigieren folglich elektrophile Angriffe vorzugsweise dorthin. Diese Information ist besonders wertvoll, da sie vorhersagt, in welcher Position eine weitere funktionelle Gruppe eingeführt werden könnte.

Substituenteneinfluss auf die Regioselektivität der elektrophilen Substitution

Substituenten, die bereits im Aromaten vorhanden sind, dirigieren bei EAS neue Substituenten in die ortho-, meta- oder para-Position. Dies geschieht basierend auf den elektronischen Eigenschaften des existierenden Substituenten. Der Unterschied zwischen aktivierenden und deaktivierenden Gruppen und deren dirigierender Wirkung ist hier von entscheidender Bedeutung.

Einblicke in die Blanc-Reaktion und Regioselektivitätskapriolen

Die Blanc-Reaktion, eine Form der EAS, bei der ein Aldehyd in Gegenwart eines Lewis-Säure-Katalysators reagiert, illustriert den Einfluss von Substituenten, vor allem wie ein Ethyl-Substituent den neu eingeführten elektrrophilen Substituenten in die ortho- und para-Position dirigiert.

Die Sulfonierung von Naphthalen und deren Temperaturabhängige Regioselektivität

Die Sulfonierung von Naphthalen zeigt uns den Unterschied zwischen kinetisch kontrollierten und thermodynamisch kontrollierten Produkten. Bei niedrigen Temperaturen ist das Produkt kinetisch kontrolliert und befindet sich an der energieärmeren und somit reaktiveren Stelle. Bei höheren Temperaturen stellt sich mit der Zeit das thermodynamisch stabilere Produkt ein.

Substituenteneffekte über verschiedene elektrophile Substitutionen hinweg

Jede elektrophile Substitutionsreaktion am Aromaten kann durch die Natur der Substituenten und ihren elektronischen Effekten beeinflusst werden. Dies beeinflusst unmittelbar die Aktivierungsenergien, die Reaktionsgeschwindigkeiten und die Regioselektivität. Die Kenntnis dieser Zusammenhänge ist grundlegend für das Verständnis der chemischen Reaktivität von Aromaten und ermöglicht eine vorhersagbare Syntheseplanung.

Zusammenfassung

  • Delokalisiertes π-Elektronensystem: Aromaten besitzen ein delokalisiertes π-Elektronensystem, was sie anfällig für elektrophile Substitutionsreaktionen macht, da elektrophile Reagenzien π-Elektronen anziehen können.
  • Friedel-Crafts-Alkylierung und Acylierung: Diese beiden Reaktionen sind Beispiele für elektrophile Substitutionen, bei denen Alkyl- oder Acylgruppen in Aromaten eingeführt werden, ohne dass eine Additionsreaktion auftritt.
  • Substituenteneffekte und Reaktivität: Substituenten am Aromaten beeinflussen die Reaktivität des Rings und dirigieren neue Gruppen in ortho-, meta- oder para-Positionen aufgrund ihrer elektronischen Effekte.
  • Carbenium-Ionen während Alkylierung: Primäre Carbenium-Ionen können zu sekundären oder tertiären umlagern, um größere Stabilität zu erreichen. Mesomerie-stabilisierte Carbenium-Ionen zeigen hingegen keine Umlagerung.
  • Friedel-Crafts-Acylierung: Hierbei wird ein Acylrest mittels einer Lewis-Säure wie AlCl₃ in den Aromaten eingeführt, wobei ein Acylkation als Elektrophil agiert.
  • Nitrierung von Benzen: Starke Nitrierungsreagenzien wie HNO₃ und H₂SO₄ führen eine Nitrogruppe (-NO₂) ein, welche die Reaktivität des Aromaten verändern kann.
  • Elektrophile aromatische Substitution - Mechanismus: Diese Substitution schließt die Bildung eines intermediären σ-Komplexes oder Areniumions ein; die Position und Reaktivität werden von Substituenteneffekten bestimmt.

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Footnotes

  1. Credits Der Mechanismus der elektrophilen Substitution am Aromaten Grafik: , Electrophilic Substitution V.1, CC0 1.0↩︎

  2. Credits Das Energieprofil der elektrophilen Substitution Grafik: created by Minutemen using Inkscape, Reaktionskoordinate, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons↩︎