Nucleophile Addition an Aldehyde, Ketone, Imine und Nitrile

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Nucleophile Addition an Carbonylverbindungen

Nucleophile Addition ist eines der zentralen Konzepte in der organischen Chemie, das du gut verstehen solltest, denn das IMPP fragt besonders gerne nach den zugrundeliegenden Mechanismen. Bei dieser Art von Reaktion greift ein Nucleophil, das eine hohe Elektronendichte besitzt, ein elektrophiles Zentrum an. Im Falle von Carbonylverbindungen besteht dieses Zentrum aus einem Kohlenstoffatom einer Carbonylgruppe (\(C=O\)), das durch die hohe Elektronegativität des Sauerstoffatoms partiell positiv geladen ist.

Mechanismus der nucleophilen Addition an Carbonylverbindungen1

Grundprinzip der Reaktion

Bei Aldehyden oder Ketonen führt die Addition des Nucleophils am Carbonylkohlenstoff zur Bildung eines Alkohols. Hier ist es besonders wichtig, dass du verstehst, dass das Carbonylelektronenpaar in Richtung Sauerstoffatome verschoben wird, was zu einem tetraedrischen Intermediat führt:

\[R_2C=O + Nu^- \rightarrow [R_2C(OH)Nu]^- \rightarrow R_2C(OH)Nu\]

Da Aldehyde nur einen R-Substituenten haben, während Ketone zwei haben, sind Aldehyde typischerweise reaktiver gegenüber Nucleophilen.

Mechanismusbeispiel: Reduktion von Aldehyden und Ketonen

Ein verbreitetes Beispiel ist die Reduktion von Carbonylverbindungen zu Alkoholen mit Natriumborhydrid (\(NaBH_4\)) oder Lithiumaluminiumhydrid (\(LiAlH_4\)):

\[R_2C=O + BH_4^- \rightarrow R_2C(OH)B(OH)_3 \rightarrow R_2CHOH\]

Das Nucleophil (\(BH_4^-\)) greift dabei das Carbonyl-Kohlenstoffatom an und führt unter Protonierung zum Alkohol.

Callout-Überschrift

Hab im Kopf, dass \(LiAlH_4\) reaktiver ist als \(NaBH_4\) und auch Ester und Amide reduzieren kann, während \(NaBH_4\) hauptsächlich für Aldehyde und Ketone genutzt wird.

Nucleophile Addition an Iminen und Nitrilen

Iminen und Nitrilen besitzen ebenfalls elektrophile Zentren, die von Nucleophilen angegriffen werden können. Imine entstehen aus der Reaktion von Aldehyden oder Ketonen mit primären Aminen, während Nitrile die funktionale Gruppe \(-C≡N\) aufweisen.

Mechanismus der Reaktion mit Nitrilen

Die Hydrolyse von Nitrilen ist ein wichtiger Mechanismus, bei dem ein Nitril zunächst durch ein Nucleophil, üblicherweise Wasser, angegriffen wird und dann zu einer Carbonsäure hydrolysiert wird:

\[RC≡N + H_2O \rightarrow RCOOH\]

Merke

Es ist wichtig, dass du die Schrittfolge der Hydrolyse - Nucleophilenangriff und anschließende Protonenumlagerungen - verstehst, um die Konvertierung von Nitrilen in Carbonsäuren nachvollziehen zu können.

Beispiel: Bildung von Cyanhydrinen

Die Bildung von Cyanhydrinen aus Aldehyden oder Ketonen durch Reaktion mit Cyanid-Ionen (\(CN^-\)) ist ein weiteres Beispiel für nucleophile Addition an Carbonylverbindungen. Hier ist insbesondere das Cyanhydrin-Anion ein wichtiges Zwischenprodukt:

\[R_2C=O + CN^- \rightarrow R_2C(OH)CN\]

Die Protonierung führt dann zum stabilen Cyanhydrin.

Einfluss von Substituenten auf die Reaktivität

Die Reaktivität von Carbonylverbindungen gegenüber Nucleophilen kann durch benachbarte Substituenten beeinflusst werden. Elektronenziehende Gruppen erhöhen die elektrophile Natur des Carbonylkohlenstoffs, indem sie die Elektronendichte verringern, während Donor-Substituenten umgekehrt wirken.

Beispiele für Substituenteneffekte

  • Säurechloride und Anhydride sind besonders reaktiv, weil die angrenzenden elektronenziehenden Cl- oder Anhydrid-Gruppen die Elektrophilie des Carbonyl-Kohlenstoffs stark erhöhen.

  • Ester und Amide zeigen eine geringere Reaktivität, da sie eine Stabilisierung durch Resonanz erfahren. Bei Amiden sorgt die Resonanzstabilisierung zwischen dem Stickstoff und dem Carbonylkohlenstoff für eine signifikant verminderte Reaktivität.

Callout-Überschrift

Erinnere dich, dass in einem sauren Milieu Ester leichter hydrolysiert werden können (säurekatalysierte Hydrolyse), während Amide unter diesen Bedingungen relativ stabil sind.

Reaktionen von Aldehyden mit Alkoholen und Aminen

Bei den Reaktionen von Aldehyden mit Alkoholen entstehen Halbacetale bzw. Acetale, abhängig von den Reaktionsbedingungen:

\[RCHO + ROH \rightarrow RCH(OH)OR' \rightarrow RCH(OR')_2\]

Nucleophile Addition von Aminen an Carbonylverbindungen führt zu Iminen, einem wichtigen Schritt in der Synthese von Heterozyklen:

\[RCHO + NH_2R' \rightarrow RC=N-R'\]

Zusammenfassung

  • Nucleophile Addition an Carbonylgruppe: Das wesentliche Konzept ist der Angriff eines Nukleophils auf das elektronenarme Kohlenstoffatom einer Carbonylgruppe in Aldehyden und Ketonen, wodurch Alkohole entstehen können.
  • Michael-Addition: Versteht man als nucleophile Addition an die C=C-Doppelbindung eines α,β-ungesättigten Carbonyls, wobei ein Nukleophil an das β-C-Atom addiert.
  • Ausbildung von C-N Bindungen: Durch Reaktion eines Nukleophils mit Aldehyden oder Ketonen können Imin-Bindungen entstehen, die eine Rolle in der Synthese von Heterozyklen haben.
  • Elektrophile Reaktivitätsunterschiede: Säurechloride und Anhydride sind sehr reaktive Carbonylverbindungen, während Amide durch Resonanzstabilisierung am wenigsten reaktiv gegenüber Nucleophilen sind.
  • Reduktion und Umpolung: Bei der Reduktion von Nitrilen zu Aminen wird LiAlH4 verwendet; die Benzoin-Kondensation zeigt eine Umpolung am Carbonyl-C-Atom unter Cyanid-Katalyse.
  • Enaminbildung: Aus einem Keton und einem sekundären Amin entsteht durch Eliminierung von Wasser ein Enamin, zum Beispiel die Umsetzung von Acetylaceton mit Pyrrolidin.
  • Grignard-Reaktion bei Estern: Die Reaktion von Estern mit Grignard-Reagenzien führt über nucleophile Addition und Hydrolyse zur Bildung von Sekundäralkoholen.

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Footnotes

  1. Credits Mechanismus der nucleophilen Addition an Carbonylverbindungen Grafik: The original uploader was Thiesi at German Wikipedia., Nucladd3, CC BY-SA 3.0↩︎