§ 35
- Im Qualitätsmanagementsystem nach § 2a sind insbesondere Festlegungen zu treffen
 
- zu den einzusetzenden Arzneimitteln sowie den primären Verpackungsmaterialien und ihren Qualitätsprüfungen,
 - zu den technischen und zu den organisatorischen Maßnahmen, um Kontaminationen, Kreuzkontaminationen und Verwechslungen zu vermeiden, einschließlich der Überprüfung ihrer Wirksamkeit,
 - zur Kalibrierung, Qualifizierung, Wartung und Reinigung der Ausrüstungen und des Herstellungsraums,
 - zur Validierung der die Produktqualität beeinflussenden Prozesse, Methoden und Systeme und zur Revalidierung; bei aseptischen Herstellungsprozessen am Ende jedes Arbeitstages unter Einbeziehung des betroffenen Herstellungspersonals,
 - zu den kritischen Ausrüstungsgegenständen oder Geräten,
 - zu den Herstellungsanweisungen und Herstellungsprotokollen gemäß § 7 oder § 8,
 - zu einem eventuellen Transport der hergestellten Arzneimittel,
 - zu den Hygienemaßnahmen sowie
 - zum hygienischen Verhalten des Personals am Arbeitsplatz und zur Art der Schutzkleidung für die Arzneimittelherstellung, einschließlich der Art und Weise und der Häufigkeit der Umkleidevorgänge.
 
Das Personal muss für die Tätigkeiten ausreichend qualifiziert sein und regelmäßig geschult werden; die Schulungsmaßnahmen sind zu dokumentieren. Das nach § 3 Absatz 2 Satz 1 erforderliche Personal ergibt sich aus Art und Umfang der Herstellung.
Die Herstellung parenteraler Arzneimittel ist in einem separaten Raum vorzunehmen, der nicht für andere Tätigkeiten genutzt werden darf, soweit es sich nicht um die Herstellung von anderen sterilen Zubereitungen gemäß Arzneibuch handelt. Der Zugang zu diesem Raum sowie das Einbringen von Materialien müssen über einen Zwischenraum (Schleuse) erfolgen, der für die Aufrechterhaltung der im Herstellungsraum erforderlichen Reinraumklassen geeignet ist. Der Raum muss ausschließlich dem Zweck der Herstellung parenteraler Arzneimittel dienen, von angemessener Größe sein, um die einzelnen Arbeitsgänge in spezifisch zugeordneten Bereichen durchführen zu können, und die Belüftung muss über Filter angemessener Wirksamkeit erfolgen. Seine Wände und Oberflächen sowie der Fußboden müssen leicht zu reinigen sein, damit das umgebungsbedingte Kontaminationsrisiko für die Arzneimittel minimal ist. In dem Raum dürfen sich zum Zeitpunkt der Herstellung nur Mitarbeiter aufhalten, die dort entsprechende Tätigkeiten ausüben; ihre Schutzkleidung ist den Tätigkeiten anzupassen und mindestens arbeitstäglich zu wechseln. § 4a ist entsprechend anzuwenden.
Soweit die Arzneimittel keinem Sterilisationsverfahren im Endbehältnis unterzogen werden und sie nicht im geschlossenen System hergestellt werden, ist während der Zubereitung und Abfüllung
- in der lokalen Zone für die Arbeitsgänge ein Luftreinheitsgrad für Keimzahl und Partikelzahl entsprechend Klasse A der Definition des EU-GMP-Leitfadens, Anhang 1, der vom Bundesministerium im Bundesanzeiger in der jeweils aktuellen Fassung bekannt gemacht wird, einzuhalten und
 - eine geeignete Umgebung erforderlich, die in Bezug auf Partikel- und Keimzahl a) mindestens der Klasse B des Anhangs des Leitfadens entspricht b) oder abweichend von Klasse B mindestens der Klasse C des Anhangs des Leitfadens entspricht, wenn die Arzneimittelqualität durch das angewendete Verfahren nachweislich gewährleistet wird und durch entsprechende Validierung des Verfahrens belegt ist, c) oder bei Einsatz eines Isolators der Klasse D des Anhangs des Leitfadens entspricht. Für die Zubereitung von Arzneimitteln, die nicht im geschlossenen System hergestellt, aber einem Sterilisationsverfahren im Endbehältnis unterzogen werden, ist abweichend von Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a eine Umgebung erforderlich, die in Bezug auf Partikel- und Keimzahl mindestens der Klasse D des Anhangs des Leitfadens entspricht; für die Abfüllung dieser Arzneimittel ist ein Luftreinheitsgrad der Klasse C einzuhalten.
 
Die Reinraumbedingungen sind durch geeignete Kontrollen der Luft, kritischer Oberflächen und des Personals anhand von Partikel- und Keimzahlbestimmungen während der Herstellung in offenen Systemen zu überprüfen. Von dem für das Freigabeverfahren verantwortlichen Apotheker sind dafür entsprechende Warn- und Aktionsgrenzen festzulegen.
Auf die Herstellung der parenteralen Arzneimittel sind die §§ 6 bis 8 anzuwenden. Die Plausibilitätsprüfung der ärztlichen Verordnung muss insbesondere auch patientenindividuelle Faktoren sowie die Regeldosierung und die daraus möglicherweise resultierende individuelle Dosis beinhalten. Die Herstellungsanweisung muss auch eine Kontrolle der Berechnungen, der Einwaagen und der einzusetzenden Ausgangsstoffe durch eine zweite Person oder durch validierte elektronische Verfahren sowie eine Dichtigkeitsprüfung des befüllten Behältnisses vorsehen.
Erweiterte Anforderungen bei der Herstellung von Parenteralia
§35 ApBetrO definiert die besonders strengen Anforderungen, die bei der Herstellung parenteraler Arzneimittel in Apotheken einzuhalten sind. Ziel ist absolute Sicherheit, Wirksamkeit und Hygiene bei diesen sensiblen Arzneiformen, die direkt in den Körper eingebracht werden.
Qualitätsmanagementsystem: Zentrale Festlegungen
Das Qualitätsmanagementsystem (QMS) nach §2a ist entscheidend: Für jede Herstellung sind verbindliche Regelungen zu treffen, z.B.
„zu den einzusetzenden Arzneimitteln sowie den primären Verpackungsmaterialien und ihren Qualitätsprüfungen“
Das heißt: Für jede Rezeptur muss festgelegt sein, welche Wirk- und Hilfsstoffe sowie Packmaterialien verwendet werden und wie deren Qualität geprüft wird.
Weitere verbindliche Regelungen betreffen unter anderem:
- Maßnahmen gegen Verwechslungen, Kontaminationen und Kreuzkontaminationen; diese Maßnahmen müssen sowohl auf dem Papier stehen als auch tatsächlich wirksam umgesetzt werden.
 - Kalibrierung, Qualifizierung, Wartung & Reinigung aller Geräte und des gesamten Herstellungsbereichs sind detailliert im QMS zu regeln.
 - Validierung zentraler Prozesse und Methoden – Prozesse, die die Arzneimittelqualität beeinflussen, müssen überprüft und regelmäßig revalidiert werden.
 - Herstellungsanweisungen/Protokolle nach den Vorgaben der §§7/8 müssen erstellt und befolgt werden.
 - Klare Hygienevorgaben und genaue Regeln zum Verhalten und zur Kleidung des Personals (Umkleidevorgänge, Art und Häufigkeit).
 - Dokumentation von Transportbedingungen, sofern Parenteralia transportiert werden.
 
Personelle Anforderungen
Parenteralia dürfen nur von ausreichend qualifiziertem Personal hergestellt werden. Wesentlich ist, dass Fortbildungen regelmäßig erfolgen und dokumentiert werden. Die personelle Ausstattung richtet sich nach der Art und dem Umfang der Herstellung.
Räumliche & technische Anforderungen
Parenteralia-Herstellung muss in einem separaten, ausschließlich diesem Zweck dienenden Raum erfolgen:
„Der Zugang zu diesem Raum sowie das Einbringen von Materialien müssen über einen Zwischenraum (Schleuse) erfolgen, der für die Aufrechterhaltung der im Herstellungsraum erforderlichen Reinraumklassen geeignet ist.“
Das bedeutet: Für alle Materialien und Personen gibt es eine Schleuse zum Reinraum. Räume und Oberflächen sind so auszuwählen, dass sie sich leicht reinigen lassen und ein minimales Kontaminationsrisiko darstellen.
Die vorgeschriebenen Reinheitsklassen beim Raumklima und bei Belüftung orientieren sich an den Vorgaben des EU-GMP-Leitfadens (Anhang 1):
Tabelle: Übersicht Luftreinheitsklassen (Auszug)
| Herstellungsart | Lokale Zone | Umgebende Zone | 
|---|---|---|
| Offene Herstellung, keine Endsterilisation, | Klasse A | Klasse B/C/D* | 
| kein geschlossenes System | abhängig vom Verfahren | |
| Herstellung, danach Endsterilisation | - | Klasse D (Zubereitung) | 
| Klasse C (Abfüllung) | 
*Bei Einsatz eines Isolators genügt Klasse D (nach Validierung)
Prozessüberwachung & Hygiene
Während der Herstellung müssen kontinuierlich Luft, Oberflächen und Personal auf Partikel und Keime überprüft werden. Der verantwortliche Apotheker legt Warn- und Aktionsgrenzen fest.
In Bezug auf Hygiene gelten klar geregelte Maßnahmen beim Verhalten und bei der Schutzkleidung. Ein arbeitstäglicher Wechsel der Kleidung ist Mindeststandard.
Herstellungsdokumentation & Kontrollfunktionen
Für jede Herstellung sind die §§6-8 ApBetrO relevant, u.a.:
- Plausibilitätsprüfung der ärztlichen Verordnung, inklusive patientenindividueller Aspekte
 - Kontrolle aller Berechnungen, Einwaagen und eingesetzten Ausgangsstoffe durch eine zweite Person oder ein validiertes elektronisches Verfahren
 - Dichtigkeitsprüfung aller befüllten Behältnisse vor Abgabe
 
Die Herstellung parenteraler Arzneimittel verlangt höchste Sorgfalt, speziell in Bezug auf Hygiene, Qualitätskontrolle und Qualifikation des Personals. Dokumentation, Validierung und klare Raumkonzepte sind nicht verhandelbar—sie dienen dem Schutz der Patienten und minimieren Risiken.
Zusammenfassung
§ 35 ApBetrO regelt umfassend den Rahmen, in dem parenterale Arzneimittel in der Apotheke sicher und qualitätsgesichert hergestellt werden dürfen. Von QMS-Festlegungen über das qualifizierte Personal und spezielle Raum- und Luftkonzepte bis zu Kontrolle und Dokumentation: Jeder Schritt muss strukturiert, validiert und nachweisbar erfolgen. Wer sich an diese Vorgaben hält, schützt nicht nur Patientinnen und Patienten, sondern auch die eigene berufliche Tätigkeit.
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