§ 4

📖 Zum Gesetz

  1. Die zuständige Bundesoberbehörde stellt ein Tierarzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes auf Antrag von dem Erfordernis einer Zulassung nach Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/6 frei, wenn
  1. das Tierarzneimittel a) für ausschließlich als Heimtiere gehaltene, nicht der Gewinnung von Lebensmitteln dienende Tiere bestimmt ist, bei denen es sich um in Aquarien oder Teichen gehaltene Tiere, Zierfische, Ziervögel, Brieftauben, Terrarium-Tiere, Kleinnager, Frettchen oder Hauskaninchen handelt, b) zur äußerlichen oder oralen Anwendung oder zur Anwendung im Wasser bei im Wasser lebenden Tierarten bestimmt ist, c) nicht nach Artikel 34 der Verordnung (EU) 2019/6 als verschreibungspflichtig einzustufen ist, d) nicht Artikel 42 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2019/6 unterfällt, e) in einer für die Anwendung bei Heimtieren angemessenen Packungsgröße bereitgestellt werden soll und
  2. die Antragstellerin oder der Antragsteller ihren oder seinen Sitz in der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat. Die Packungsgröße eines Tierarzneimittels ist angemessen im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe e, wenn sie für eine einmalige Heilbehandlung bis zur Symptomlinderung oder für eine bis zu sechsmonatige präventive Behandlung ausreicht
  3. bei in Aquarien oder Teichen mit einem Fassungsvermögen bis zu 25 000 Litern gehaltenen Tieren oder Zierfischen im Rahmen eines bestimmten Behandlungsplans mit bis zu sieben Anwendungen,
  4. bei einer Anzahl von bis zu 50 Ziervögeln oder Brieftauben oder
  5. bei einer Anzahl von bis zu fünf Terrarium-Tieren, Kleinnagern, Frettchen oder Hauskaninchen.
  1. Ein Antrag auf Freistellung ist elektronisch unter Nutzung der von der zuständigen Bundesoberbehörde zur Verfügung gestellten Formatvorlage zu stellen. Dem Antrag ist Folgendes beizufügen:
  1. die für die Produktdatenbank erforderlichen Informationen nach der Durchführungsverordnung (EU) 2021/16 der Kommission vom 8. Januar 2021 zur Festlegung der erforderlichen Maßnahmen und praktischen Modalitäten für die Datenbank der Union für Tierarzneimittel (Produktdatenbank der Union) (ABl. L 7 vom 11.1.2021, S. 1) sowie
  2. Entwürfe der Angaben auf der äußeren Umhüllung und auf der Primärverpackung (Kennzeichnung) sowie auf der Packungsbeilage nach § 5 Absatz 1.
  1. Sind die Voraussetzungen nach den Absätzen 1 und 2 erfüllt, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Freistellung schriftlich oder elektronisch unter Zuteilung einer Freistellungsnummer. Die Freistellung bestimmt
  1. die Zieltierart, bei der das Tierarzneimittel angewendet werden soll,
  2. das Anwendungsgebiet des Tierarzneimittels,
  3. die Art der Anwendung des Tierarzneimittels,
  4. den Wirkstoff,
  5. die Dosierung und
  6. die Packungsgröße. Die Bundesoberbehörde entscheidet innerhalb einer Frist von fünf Monaten nach der Vorlage eines vollständigen Antrages.
  1. Vorbehaltlich des Satzes 2 hat die Inhaberin oder der Inhaber einer Freistellung Änderungen der Informationen und Entwürfe nach Absatz 2 der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich anzuzeigen. Im Fall einer Änderung der in Absatz 3 Satz 2 bezeichneten Bestimmungen hat die Inhaberin oder der Inhaber einer Freistellung eine neue Freistellung zu beantragen.

Überblick: Befreiung von der Zulassungspflicht für bestimmte Tierarzneimittel

§ 4 TAMG regelt die Möglichkeit, bestimmte Tierarzneimittel von der allgemeinen Zulassungspflicht nach EU-Recht (insbesondere Artikel 5 Abs. 1 VO (EU) 2019/6) auszunehmen. Die Vorschrift ist für die Praxis relevant, wenn es um die Versorgung von Heimtieren geht und eine reguläre Zulassung nicht erforderlich oder praktisch schwer umsetzbar wäre.

Voraussetzungen für die Freistellung von der Zulassungspflicht

Die Befreiung von der Zulassungspflicht ist an strenge Voraussetzungen geknüpft. Diese Voraussetzungen sollten bei der Antragstellung genau geprüft werden:

  • Es muss sich ausschließlich um Heimtiere ohne Lebensmittelgewinnung handeln. Zulässig sind dabei etwa:
    • Tiere in Aquarien oder Teichen
    • Zierfische
    • Ziervögel
    • Brieftauben
    • Terrarium-Tiere
    • Kleinnager
    • Frettchen
    • Hauskaninchen
  • Das Arzneimittel ist zur äußerlichen oder oralen Anwendung oder zur Anwendung im Wasser (= bei Wasserlebewesen) bestimmt.
  • Die Arzneimittel dürfen nicht verschreibungspflichtig sein (keine Einstufung nach Artikel 34 VO (EU) 2019/6).
  • Sie dürfen nicht in den Anwendungsbereich bestimmter weiterer EU-Vorschriften fallen (Artikel 42 Absätze 2 und 3 VO (EU) 2019/6).
  • Die Packungsgröße muss für den Gebrauch bei Heimtieren angemessen sein.

Die Packungsgröße eines Tierarzneimittels ist angemessen im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe e, wenn sie für eine einmalige Heilbehandlung bis zur Symptomlinderung oder für eine bis zu sechsmonatige präventive Behandlung ausreicht …

Die folgende Tabelle verdeutlicht die maximal zulässigen Packungsgrößen:

Tierart (bzw. Gruppe) Max. Packungsgröße ausreichend für:
Aquarium-/Teichtiere, Zierfische Behandlung von bis zu 25.000 l im Rahmen von 7 Anwendungen
Ziervögel, Brieftauben Bis zu 50 Tiere
Terrarium-Tiere, Kleinnager, Frettchen, Hauskaninchen Bis zu 5 Tiere

Zusätzlich muss derdie Antragstellerin Sitz in der EU oder im EWR (Europäischer Wirtschaftsraum) haben.

Antragstellung: Elektronisch, vollständig, formalisiert

Ein Antrag auf Freistellung ist ausschließlich elektronisch möglich und muss die von der Bundesoberbehörde vorgeschriebene Formatvorlage verwenden. Erforderliche Unterlagen sind:

  1. Angaben für die EU-Produktdatenbank (gemäß Durchführungsverordnung (EU) 2021/16)
  2. Entwürfe für alle Verpackungs- und Packungsbeilagenangaben (gemäß § 5 Abs. 1 TAMG)

Verfahren und Entscheidung der Behörde

Bei vollständiger und fristgerechter Antragstellung entscheidet die zuständige Bundesoberbehörde innerhalb von fünf Monaten. Die Freistellung erfolgt schriftlich oder elektronisch und enthält klare Festlegungen zu:

  1. Zieltierart
  2. Anwendungsgebiet
  3. Art der Anwendung
  4. Wirkstoff
  5. Dosierung
  6. Packungsgröße

Diese Angaben sind verbindlich und bestimmen, wie das Tierarzneimittel eingesetzt werden darf.

TipRolle und Bedeutung der Bundesoberbehörde

Die Bundesoberbehörde nimmt hier eine zentrale Steuerungsfunktion wahr: Sie prüft die Anträge, entscheidet über Freistellungen und gibt die Rahmenbedingungen für den Verkehr solcher Tierarzneimittel verbindlich vor. Änderungen relevanter Daten sind stets zu melden und ggf. ist eine neue Freistellung zu beantragen.

Änderungen nach Freistellung

Wer eine Freistellung erhalten hat, muss jede Änderung der betroffenen Angaben oder Unterlagen unverzüglich bei der Bundesoberbehörde anzeigen.

Im Fall einer Änderung der in Absatz 3 Satz 2 bezeichneten Bestimmungen hat die Inhaberin oder der Inhaber einer Freistellung eine neue Freistellung zu beantragen.

Kernpunkte sind hier Änderungen bei Tierart, Anwendung, Wirkstoff, Dosierung, Anwendungsgebiet oder Packungsgröße.

Zusammenfassung

§ 4 TAMG bietet die Möglichkeit, Tierarzneimittel für bestimmte Heimtiere und bestimmte Anwendungsformen von der meist komplexen Zulassungspflicht zu befreien – unter klar definierten Voraussetzungen und nur nach positiver Entscheidung durch die Bundesoberbehörde. Die Praxisrelevanz betrifft vor allem den Umgang mit nicht verschreibungspflichtigen Mitteln für typische Heimtiere. Die Einhaltung aller Vorgaben ist unerlässlich, Änderungen sind der Behörde anzuzeigen. Die Steuerung und Kontrolle verbleibt somit bei einer zentralen nationalen Stelle.

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