§ 28
Die zuständige Bundesoberbehörde kann die Zulassung mit Auflagen verbinden. Bei Auflagen nach den Absätzen 2 bis 3d zum Schutz der Umwelt, entscheidet die zuständige Bundesoberbehörde im Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt, soweit Auswirkungen auf die Umwelt zu bewerten sind. Hierzu übermittelt die zuständige Bundesoberbehörde dem Umweltbundesamt die zur Beurteilung der Auswirkungen auf die Umwelt erforderlichen Angaben und Unterlagen. Auflagen können auch nachträglich angeordnet werden.
Auflagen nach Absatz 1 können angeordnet werden, um sicherzustellen, dass
- die Kennzeichnung der Behältnisse und äußeren Umhüllungen den Vorschriften des § 10 entspricht; dabei kann angeordnet werden, dass angegeben werden müssen a) Hinweise oder Warnhinweise, soweit sie erforderlich sind, um bei der Anwendung des Arzneimittels eine unmittelbare oder mittelbare Gefährdung der menschlichen Gesundheit zu verhüten, b) Aufbewahrungshinweise für den Verbraucher und Lagerhinweise für die Fachkreise, soweit sie geboten sind, um die erforderliche Qualität des Arzneimittels zu erhalten,
 - die Packungsbeilage den Vorschriften des § 11 entspricht; dabei kann angeordnet werden, dass angegeben werden müssen a) die in der Nummer 1 Buchstabe a genannten Hinweise oder Warnhinweise, b) die Aufbewahrungshinweise für den Verbraucher, soweit sie geboten sind, um die erforderliche Qualität des Arzneimittels zu erhalten, 2a. die Fachinformation den Vorschriften des § 11a entspricht; dabei kann angeordnet werden, dass angegeben werden müssen a) die in Nummer 1 Buchstabe a genannten Hinweise oder Warnhinweise, b) besondere Lager- und Aufbewahrungshinweise, soweit sie geboten sind, um die erforderliche Qualität des Arzneimittels zu erhalten, c) Hinweise auf Auflagen nach Absatz 3,
 - die Angaben nach den §§ 10, 11 und 11a den für die Zulassung eingereichten Unterlagen entsprechen und dabei einheitliche und allgemein verständliche Begriffe und ein einheitlicher Wortlaut, auch entsprechend den Empfehlungen und Stellungnahmen der Ausschüsse der Europäischen Arzneimittel-Agentur, verwendet werden, wobei die Angabe weiterer Gegenanzeigen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen zulässig bleibt; von dieser Befugnis kann die zuständige Bundesoberbehörde allgemein aus Gründen der Arzneimittelsicherheit, der Transparenz oder der rationellen Arbeitsweise Gebrauch machen; dabei kann angeordnet werden, dass bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bestimmte Anwendungsgebiete entfallen, wenn zu befürchten ist, dass durch deren Angabe der therapeutische Zweck gefährdet wird,
 - das Arzneimittel in Packungsgrößen in den Verkehr gebracht wird, die den Anwendungsgebieten und der vorgesehenen Dauer der Anwendung angemessen sind,
 - das Arzneimittel in einem Behältnis mit bestimmter Form, bestimmtem Verschluss oder sonstiger Sicherheitsvorkehrung in den Verkehr gebracht wird, soweit es geboten ist, um die Einhaltung der Dosierungsanleitung zu gewährleisten oder um die Gefahr des Missbrauchs durch Kinder zu verhüten.
 
(2a) Warnhinweise nach Absatz 2 können auch angeordnet werden, um sicherzustellen, dass das Arzneimittel nur von Ärzten bestimmter Fachgebiete verschrieben und unter deren Kontrolle oder nur in Kliniken oder Spezialkliniken oder in Zusammenarbeit mit solchen Einrichtungen angewendet werden darf, wenn dies erforderlich ist, um bei der Anwendung eine unmittelbare oder mittelbare Gefährdung der Gesundheit von Menschen zu verhüten, insbesondere, wenn die Anwendung des Arzneimittels nur bei Vorhandensein besonderer Fachkunde oder besonderer therapeutischer Einrichtungen unbedenklich erscheint.
- Die zuständige Bundesoberbehörde kann durch Auflagen ferner anordnen, dass weitere analytische, pharmakologisch-toxikologische oder klinische Prüfungen durchgeführt werden und über die Ergebnisse berichtet wird, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Arzneimittel einen großen therapeutischen Wert haben kann und deshalb ein öffentliches Interesse an seinem unverzüglichen Inverkehrbringen besteht, jedoch für die umfassende Beurteilung des Arzneimittels weitere wichtige Angaben erforderlich sind. Die zuständige Bundesoberbehörde überprüft jährlich die Ergebnisse dieser Prüfungen.
 
(3a) Die zuständige Bundesoberbehörde kann bei Erteilung der Zulassung durch Auflagen ferner anordnen, 1. bestimmte im Risikomanagement-System enthaltene Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Anwendung des Arzneimittels zu ergreifen, wenn dies im Interesse der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist, 2. Unbedenklichkeitsstudien durchzuführen, wenn dies im Interesse der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist, 3. Verpflichtungen im Hinblick auf die Erfassung oder Meldung von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen, die über jene des Zehnten Abschnitts hinausgehen, einzuhalten, wenn dies im Interesse der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist, 4. sonstige erforderliche Maßnahmen hinsichtlich der sicheren und wirksamen Anwendung des Arzneimittels zu ergreifen, wenn dies im Interesse der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist, 5. ein angemessenes Pharmakovigilanz-System einzuführen, wenn dies im Interesse der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist, 6. soweit Bedenken bezüglich einzelner Aspekte der Wirksamkeit des Arzneimittels bestehen, die erst nach seinem Inverkehrbringen beseitigt werden können, Wirksamkeitsstudien nach der Zulassung durchzuführen, die den Vorgaben in Artikel 21a Satz 1 Buchstabe f der Richtlinie 2001/83/EG entsprechen.
(3b) Die zuständige Bundesoberbehörde kann nach Erteilung der Zulassung ferner durch Auflagen anordnen, 1. ein Risikomanagement-System und einen Risikomanagement-Plan einzuführen, wenn dies im Interesse der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist, 2. Unbedenklichkeitsstudien durchzuführen, wenn dies im Interesse der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist, 3. eine Wirksamkeitsstudie durchzuführen, wenn Erkenntnisse über die Krankheit oder die klinische Methodik darauf hindeuten, dass frühere Bewertungen der Wirksamkeit erheblich korrigiert werden müssen; die Verpflichtung, diese Wirksamkeitsstudie nach der Zulassung durchzuführen, muss den Vorgaben nach Artikel 22a Absatz 1 Buchstabe b Satz 2 der Richtlinie 2001/83/EG entsprechen. Liegen die Voraussetzungen für eine Auflage nach Satz 1 Nummer 2 für mehr als ein Arzneimittel vor und sind dies Arzneimittel, die in mehreren Mitgliedstaaten zugelassen sind, empfiehlt die zuständige Bundesoberbehörde nach Befassung des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz nach Artikel 56 Absatz 1 Doppelbuchstabe aa der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 den betroffenen Inhabern der Zulassung, eine gemeinsame Unbedenklichkeitsstudie nach der Zulassung durchzuführen.
(3c) Die zuständige Bundesoberbehörde kann durch Auflage ferner anordnen, dass bei der Herstellung und Kontrolle solcher Arzneimittel und ihrer Ausgangsstoffe, die biologischer Herkunft sind oder auf biotechnischem Wege hergestellt werden, 1. bestimmte Anforderungen eingehalten und bestimmte Maßnahmen und Verfahren angewendet werden, 2. Unterlagen vorgelegt werden, die die Eignung bestimmter Maßnahmen und Verfahren begründen, einschließlich von Unterlagen über die Validierung, 3. die Einführung oder Änderung bestimmter Anforderungen, Maßnahmen und Verfahren der vorherigen Zustimmung der zuständigen Bundesoberbehörde bedarf, soweit es zur Gewährleistung angemessener Qualität oder zur Risikovorsorge geboten ist. Die angeordneten Auflagen sind sofort vollziehbar. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.
(3d) (weggefallen)
(3e) (weggefallen)
(3f) Bei Auflagen nach den Absätzen 3, 3a und 3b kann die zuständige Bundesoberbehörde Art, Umfang und Zeitrahmen der Studien oder Prüfungen sowie Tätigkeiten, Maßnahmen und Bewertungen im Rahmen des Risikomanagement-Systems bestimmen. Die Ergebnisse sind durch Unterlagen so zu belegen, dass aus diesen Art, Umfang und Zeitpunkt der Studien oder Prüfungen hervorgehen.
(3g) Der Inhaber der Zulassung eines Arzneimittels hat alle Auflagen nach den Absätzen 3, 3a und 3b in sein Risikomanagement-System aufzunehmen. Die zuständige Bundesoberbehörde unterrichtet die Europäische Arzneimittel-Agentur über die Zulassungen, die unter den Auflagen nach den Absätzen 3, 3a und 3b erteilt wurden.
(3h) Die zuständige Bundesoberbehörde kann bei biologischen Arzneimitteln geeignete Maßnahmen zur besseren Identifizierbarkeit von Nebenwirkungsmeldungen anordnen.
- Soll die Zulassung mit einer Auflage verbunden werden, so wird die in § 27 Abs. 1 vorgesehene Frist bis zum Ablauf einer dem Antragsteller gewährten Frist zur Stellungnahme gehemmt. § 27 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.
 
Überblick und Zielsetzung von § 28 AMG
§ 28 AMG regelt die Verknüpfung von Arzneimittelzulassungen mit behördlichen Auflagen. Die zentrale Idee: Die Zulassung eines Arzneimittels kann – zum Schutz der Gesundheit oder Umwelt – an Bedingungen geknüpft werden. So kann die zuständige Bundesoberbehörde Gefahren frühzeitig begegnen und Arzneimittel nur unter kontrollierten Voraussetzungen auf den Markt bringen.
Wann und warum werden Auflagen erteilt?
Die zentrale Regel lautet:
Die zuständige Bundesoberbehörde kann die Zulassung mit Auflagen verbinden.
Das bedeutet, dass bereits bei der Zulassung oder auch nachträglich Bedingungen gestellt werden dürfen. Besonders beim Schutz der Umwelt entscheidet die Behörde im Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt und muss die notwendigen Umweltinformationen bereitstellen.
Inhalte und Zwecke von Auflagen
Die möglichen Auflagen sind vielfältig und darauf ausgerichtet, die Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität des Arzneimittels zu gewährleisten sowie Missbrauch, Falschinformationen oder Gefahren für Patient*innen und Umwelt zu verhindern. Sie lassen sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
1. Anforderungen an Kennzeichnung, Packungsbeilage und Fachinformation
Die Bundesoberbehörde kann anordnen, dass Kennzeichnungen und Packungsbeilagen
- zusätzliche Warnhinweise,
 - Aufbewahrungs- oder Lagerhinweise
 
enthalten müssen, um den sicheren Umgang sicherzustellen. Diese Warnhinweise können auch darauf abzielen, dass ein Arzneimittel nur von besonders qualifizierten Ärzten verschrieben werden darf oder nur unter speziellen klinischen Bedingungen angewendet werden darf („besondere Fachkunde“).
2. Anpassung der Fachinformation
Es kann verlangt werden, dass Angaben zu Risiken, Gegenanzeigen oder bestimmten Anwendungsgebieten gestrichen oder ergänzt werden, wenn dies der Patientensicherheit oder Transparenz dient.
3. Vorgaben zu Packungsgröße und Behältnis
Es kann vorgeschrieben werden, dass Arzneimittel
- nur in zulässigen Packungsgrößen (entsprechend Anwendungsgebiet und Dauer),
 - in speziellen kindersicheren Behältnissen
 
in den Verkehr gebracht werden.
4. Durchführung von Studien und Prüfungen
Auflagen können verlangen, dass nach der Zulassung noch weiterführende
- analytische,
 - pharmakologisch-toxikologische oder
 - klinische Prüfungen
 
durchgeführt werden. Dies insbesondere, wenn ein dringender Bedarf für das Inverkehrbringen besteht, aber noch Wissenslücken vorliegen.
5. Maßnahmen im Risikomanagement
Die Behörde kann erweiterte Maßnahmen im Rahmen eines Risikomanagement-Systems verlangen, zum Beispiel:
- zusätzliche Unbedenklichkeitsstudien,
 - spezielle Vorgaben zur Pharmakovigilanz,
 - Wirksamkeitsstudien,
 - Anpassungen in der Meldung oder Erfassung von Nebenwirkungen.
 
Für Arzneimittel biologischen Ursprungs oder biotechnisch hergestellte Arzneimittel gibt es außerdem besondere Kontrollauflagen bezüglich Herstellung und Nachweisverfahren.
Alle Auflagen nach § 28 Abs. 3, 3a und 3b müssen vom Inhaber der Zulassung ins Risikomanagement-System aufgenommen werden. Die Bundesoberbehörde informiert zudem die Europäische Arzneimittel-Agentur über die entsprechenden Zulassungen.
Ablauf bei Auflagenerteilung
Soll eine Zulassung mit Auflage erteilt werden, wird dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Frist zur Zulassungsentscheidung verlängert sich entsprechend.
Bei Auflagen im Bereich der biologischen Arzneimittel ist zu beachten:
Die angeordneten Auflagen sind sofort vollziehbar. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.
Übersicht: Typische Anwendungsbeispiele von Auflagen nach § 28 AMG
| Bereich | Beispiel für mögliche Auflage | 
|---|---|
| Kennzeichnung | Warnhinweis „Nicht für Kinder unter 12 Jahren geeignet“ | 
| Packungsbeilage | Ergänzung von Hinweisen zu Wechselwirkungen | 
| Fachinformation | Streichung bestimmter Anwendungsgebiete | 
| Pharmakovigilanz | Verpflichtung zu Fortbildungsmaßnahmen für Ärzte | 
| Herstellung | Vorgabe spezieller Maßnahmen zur Sterilitätskontrolle | 
| Anwendungsbeschränkung | Anwendung nur in ausgewählten Spezialkliniken | 
| Umwelt | Vorgabe zur Rücknahme von Rückständen oder Verpackung | 
Zusammenfassung
§ 28 AMG ermöglicht es der zuständigen Bundesoberbehörde, Arzneimittelzulassungen mit differenzierten Auflagen zu verknüpfen. Ziel ist stets der Schutz von Patientensicherheit, Arzneimittelqualität und Umwelt unter Berücksichtigung von Therapienutzen und Risikomanagement. Auflagen sind ein zentrales Instrument der Arzneimittelsicherheit und greifen praxisnah und flexibel in den Vertrieb sowie die Anwendung von Arzneimitteln ein.
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