§ 128
Die Abgabe von Hilfsmitteln an Versicherte über Depots bei Vertragsärzten ist unzulässig, soweit es sich nicht um Hilfsmittel handelt, die zur Versorgung in Notfällen benötigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die Abgabe von Hilfsmitteln in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen.
Leistungserbringer dürfen Vertragsärzte sowie Ärzte in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen nicht gegen Entgelt oder Gewährung sonstiger wirtschaftlicher Vorteile an der Durchführung der Versorgung mit Hilfsmitteln beteiligen oder solche Zuwendungen im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln gewähren. Unzulässig ist ferner die Zahlung einer Vergütung für zusätzliche privatärztliche Leistungen, die im Rahmen der Versorgung mit Hilfsmitteln von Vertragsärzten erbracht werden, durch Leistungserbringer. Unzulässige Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind auch die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten und Materialien und Durchführung von Schulungsmaßnahmen, die Gestellung von Räumlichkeiten oder Personal oder die Beteiligung an den Kosten hierfür sowie Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen.
Die Krankenkassen stellen vertraglich sicher, dass Verstöße gegen die Verbote nach den Absätzen 1 und 2 angemessen geahndet werden. Für den Fall schwerwiegender und wiederholter Verstöße ist vorzusehen, dass Leistungserbringer für die Dauer von bis zu zwei Jahren von der Versorgung der Versicherten ausgeschlossen werden können.
Vertragsärzte dürfen nur auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen mit Krankenkassen über die ihnen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung obliegenden Aufgaben hinaus an der Durchführung der Versorgung mit Hilfsmitteln mitwirken. Die Absätze 1 bis 3 bleiben unberührt. Über eine Mitwirkung nach Satz 1 informieren die Krankenkassen die für die jeweiligen Vertragsärzte zuständige Ärztekammer.
(4a) Krankenkassen können mit Vertragsärzten Verträge nach Absatz 4 abschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit und die Qualität der Versorgung dadurch nicht eingeschränkt werden. § 126 Absatz 1 Satz 2 und 3 sowie Absatz 1a gilt entsprechend auch für die Vertragsärzte. In den Verträgen sind die von den Vertragsärzten zusätzlich zu erbringenden Leistungen und welche Vergütung sie dafür erhalten eindeutig festzulegen. Die zusätzlichen Leistungen sind unmittelbar von den Krankenkassen an die Vertragsärzte zu vergüten. Jede Mitwirkung der Leistungserbringer an der Abrechnung und der Abwicklung der Vergütung der von den Vertragsärzten erbrachten Leistungen ist unzulässig.
(4b) Vertragsärzte, die auf der Grundlage von Verträgen nach Absatz 4 an der Durchführung der Hilfsmittelversorgung mitwirken, haben die von ihnen ausgestellten Verordnungen der jeweils zuständigen Krankenkasse zur Genehmigung der Versorgung zu übersenden. Die Verordnungen sind den Versicherten von den Krankenkassen zusammen mit der Genehmigung zu übermitteln. Dabei haben die Krankenkassen die Versicherten in geeigneter Weise über die verschiedenen Versorgungswege zu beraten.
- Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend, wenn Krankenkassen Auffälligkeiten bei der Ausführung von Verordnungen von Vertragsärzten bekannt werden, die auf eine mögliche Zuweisung von Versicherten an bestimmte Leistungserbringer oder eine sonstige Form unzulässiger Zusammenarbeit hindeuten. In diesen Fällen ist auch die zuständige Kassenärztliche Vereinigung zu informieren. Gleiches gilt, wenn Krankenkassen Hinweise auf die Forderung oder Annahme unzulässiger Zuwendungen oder auf eine unzulässige Beeinflussung von Versicherten nach Absatz 5a vorliegen.
 
(5a) Vertragsärzte, die unzulässige Zuwendungen fordern oder annehmen oder Versicherte zur Inanspruchnahme einer privatärztlichen Versorgung anstelle der ihnen zustehenden Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung beeinflussen, verstoßen gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten.
(5b) Die Absätze 2, 3, 5 und 5a gelten für die Versorgung mit Heilmitteln entsprechend.
- Ist gesetzlich nichts anderes bestimmt, gelten bei der Erbringung von Leistungen nach den §§ 31 und 116b Absatz 7 die Absätze 1 bis 3 sowohl zwischen pharmazeutischen Unternehmern, Apotheken, pharmazeutischen Großhändlern und sonstigen Anbietern von Gesundheitsleistungen als auch jeweils gegenüber Vertragsärzten, Ärzten in Krankenhäusern und Krankenhausträgern entsprechend. Hiervon unberührt bleiben gesetzlich zulässige Vereinbarungen von Krankenkassen mit Leistungserbringern über finanzielle Anreize für die Mitwirkung an der Erschließung von Wirtschaftlichkeitsreserven und die Verbesserung der Qualität der Versorgung bei der Verordnung von Leistungen nach den §§ 31 und 116b Absatz 7. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei Leistungen zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden nach § 37 Absatz 7 gegenüber den Leistungserbringern, die diese Leistungen erbringen.
 
Grundgedanke von § 128 SGB V
Ziel dieser Vorschrift ist es, die Unabhängigkeit bei der Verordnung und Abgabe von Hilfsmitteln (wie Gehhilfen, Hörgeräte, Inkontinenzprodukte etc.) zu sichern und die Wirtschaftlichkeit sowie Transparenz im Gesundheitswesen zu stärken. Vor allem soll die direkte oder indirekte Einflussnahme von Leistungserbringern auf Ärztinnen/Ärzte verhindert und Fehlanreizen entgegengewirkt werden.
Verbot der Abgabe über Depots bei Ärzten
Die Kernregel lautet:
Die Abgabe von Hilfsmitteln an Versicherte über Depots bei Vertragsärzten ist unzulässig, soweit es sich nicht um Hilfsmittel handelt, die zur Versorgung in Notfällen benötigt werden.
Das heißt: Hilfsmittel dürfen grundsätzlich nicht direkt aus einem Vorrat („Depot“) in der Arztpraxis an Versicherte abgegeben werden. Eine Ausnahme besteht nur bei echter Notfallversorgung – alles andere muss über dafür zugelassene Leistungserbringer (z.B. Sanitätshäuser, Apotheken) laufen. Dieses Abgabeverbot gilt auch für Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen.
Verbot von Zuwendungen und wirtschaftlichen Vorteilen
Leistungserbringer dürfen Vertragsärzte sowie Ärzte in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen nicht gegen Entgelt oder Gewährung sonstiger wirtschaftlicher Vorteile an der Durchführung der Versorgung mit Hilfsmitteln beteiligen…
Es ist verboten, dass etwa Sanitätshäuser, Apotheken oder Hersteller den Ärzten finanzielle oder sonstige Vorteile (direkt oder indirekt) anbieten oder gewähren, um Beeinflussung der Verordnung oder bevorzugte Auswahl zu erzielen („Kickback“-Verbot). Dazu zählen z.B.:
- Kostenlose oder rabattierte Geräte/Materialien
 - Übernahme von Personal- oder Raumkosten
 - Finanzielle Beteiligungen/Anteile, wenn Ärzte darauf wesentlichen Einfluss nehmen können
 - Durchführung kostenloser oder verbilligter Schulungen
 - Vergütung zusätzlicher privatärztlicher Leistungen durch Leistungserbringer im Zusammenhang mit Hilfsmitteln
 
Alle Maßnahmen, die zu einer wirtschaftlichen Verflechtung führen könnten, sind untersagt.
Sanktionen bei Verstößen
Die Krankenkassen stellen vertraglich sicher, dass Verstöße … angemessen geahndet werden.
Jede Krankenkasse muss sicherstellen, dass Verletzungen dieser Verbote konsequent geahndet werden. Schwerwiegende oder wiederholte Verstöße führen zum Ausschluss des betreffenden Leistungserbringers für bis zu zwei Jahre von der Versorgung gesetzlich Versicherter.
Besondere Regeln zu Verträgen mit Vertragsärzten
Vertragsärzte dürfen nur auf Basis spezieller Verträge mit Krankenkassen über ihre Standardaufgaben hinaus bei der Versorgung mit Hilfsmitteln mitwirken. Die Krankenkassen informieren darüber die zuständige Ärztekammer.
Die Verträge müssen u.a. regeln:
- Welche Zusatzleistungen erbracht werden
 - Wie hoch die Vergütung ist
 - Die Vergütung erfolgt direkt durch die Krankenkasse an die Ärzte
 - Leistungserbringer dürfen unbeteiligt an der Vergütung sein (keine Mitwirkung bei Abrechnung oder Auszahlung)
 
Korruption und unzulässige Zusammenarbeit
Wird bekannt, dass Ärzte Versicherte gezielt an bestimmte Leistungserbringer zuweisen oder unangemessene Vorteile verlangen/annehmen, sind die Krankenkassen und ggf. die Kassenärztliche Vereinigung einzuschalten.
Auch das Beeinflussen von Versicherten durch Vertragsärzte zur Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen anstelle der gesetzlich geschuldeten Hilfsmittelversorgung ist untersagt und verletzt die vertragsärztlichen Pflichten.
Übertragung auf Heil- und Arzneimittel
Die genannten Regeln gelten sinngemäß auch für Heilmittelversorgungen und, sofern nichts anderes im Gesetz geregelt ist, auch für pharmazeutische Unternehmen, Großhändler und Apotheken im Rahmen der §§ 31 und 116b sowie bei Chroniker- und Wundversorgung.
Direkte oder indirekte finanzielle oder sonstige Vorteile im Zusammenhang mit der Verordnung, Vermittlung oder Abgabe von Hilfs- oder Heilmitteln sind zwischen Ärzten, Apotheken, Sanitätshäusern und anderen Anbietern im Regelfall streng verboten. Ausnahme nur bei echter Notfallversorgung unmittelbar vor Ort.
Verträge zwischen Ärzten und Krankenkassen zur erweiterten Mitwirkung an der Hilfsmittelversorgung sind möglich, aber genau zu regeln und vollständig transparent. Leistungserbringer (z.B. Apotheken) bleiben bei der Vergütungsabwicklung außen vor.
Zusammenfassung
§ 128 SGB V ist ein zentrales Regelwerk zur Verhinderung von Fehlanreizen, Korruption und Manipulation im Hilfsmittelbereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Für die pharmazeutische Praxis bedeutet dies: Entscheidende Trennung zwischen Verschreibenden (Ärzte), Erbringenden (z.B. Apotheken/Sanitätshäuser) und Versicherungen, um eine objektive, wirtschaftliche und patientengerechte Versorgung sicherzustellen.
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