§ 27

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  1. Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt
  1. Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
  2. zahnärztliche Behandlung, 2a. Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
  3. Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
  4. häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
  5. Krankenhausbehandlung,
  6. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen. Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

  1. Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie
  1. asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
  2. Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

Systematik und Bedeutung des Anspruchs auf Krankenbehandlung

Paragraph 27 SGB V stellt die zentrale Anspruchsnorm für die Krankenbehandlung der gesetzlich Versicherten dar. Er sorgt dafür, dass Versicherte auf alle notwendigen medizinischen Leistungen zugreifen können, die der Erkennung, Heilung, Verhütung der Verschlimmerung oder der Linderung von Krankheiten dienen.

Was umfasst die Krankenbehandlung?

Die Krankenbehandlung ist breit gefasst und deckt praktisch den gesamten ambulanten und stationären medizinischen Bedarf ab. Im Paragraphen genannt sind ausdrücklich:

  • Ärztliche Behandlung, darunter fällt auch die Psychotherapie als ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung.
  • Zahnärztliche Behandlung – unabhängig von Art und Umfang der Zahnerkrankung.
  • Zahnersatz (z. B. Brücken, Kronen, Suprakonstruktionen).
  • Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie digitalen Gesundheitsanwendungen:
    Hierunter fallen beispielsweise Medikamente, Kompressionsstrümpfe, Inhalatoren, Rollstühle, aber auch digitale Medizin-Apps, sofern sie vom Arzt verordnet und im Gesundheitswesen zugelassen sind.
  • Häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe:
    Versicherte haben damit Anspruch auf Betreuung und Unterstützung auch außerhalb medizinischer Einrichtungen.
  • Krankenhausbehandlung:
    Sobald eine stationäre Aufnahme erforderlich ist, umfasst die Krankenbehandlung auch alle dazugehörigen Leistungen.
  • Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen:
    Dies schließt Maßnahmen zum Erhalt oder zur Wiederherstellung der Gesundheit ein.

Zur Krankenbehandlung zählen ergänzend folgende Fälle:

  • Palliative Versorgung:
    Auch das Lindern und Begleiten schwerer, nicht heilbarer Erkrankungen fällt unter den Anspruch.
  • Besondere Bedürfnisse psychisch Kranker:
    Bei der Behandlung psychischer Erkrankungen ist den Betroffenen besonders Rechnung zu tragen, vor allem bei Heilmitteln und Rehabilitation.
  • Reproduktionsmedizinische Leistungen:
    Die Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit gehört ebenfalls zur Krankenbehandlung, wenn diese Fähigkeit durch Krankheit oder notwendige Sterilisation verloren ging.
  • Vertrauliche Spurensicherung nach Gewalt:
    Enthalten sind auch Maßnahmen zur Beweissicherung nach Gewalttaten, wie
    > Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde

Leistungen für Spender (§ 27 Abs. 1a)

Spender von Organen oder Geweben oder von Blut(-bestandteilen) genießen einen besonderen Schutz:

  • Anspruch auf alle erforderlichen medizinischen Leistungen rund um die Spende, inklusive ambulanter und stationärer Behandlung, Rehabilitation und Erstattung von Fahrtkosten und Verdienstausfall (Krankengeld).
  • Wichtig: Zuzahlungen dürfen von den Spendern nicht verlangt werden.
  • Die Zuständigkeit liegt grundsätzlich bei der Krankenkasse des Empfängers, nicht des Spenders. Die Abwicklung kann an Dritte übertragen werden (z. B. Fahrkostenerstattung).
  • Auch nicht gesetzlich Versicherte haben in diesem Zusammenhang einen Anspruch auf Krankenbehandlung.
  • Die Verwendung personenbezogener Daten zu diesen Zwecken ist nur nach umfassender Information und schriftlicher Einwilligung des Spenders zulässig.

Sonderregelungen für bestimmte Versicherte (§ 27 Abs. 2)

Auch Versicherte mit eingeschränktem Aufenthaltsstatus (z. B. Asylsuchende, Vertriebene, Spätaussiedler mit Familienangehörigen) haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Zahnersatz. Dies gilt, wenn sie mindestens ein Jahr versichert sind oder die Behandlung medizinisch dringend ist.

Überblick: Was ist relevant für die pharmazeutische Praxis?

Besonders aus pharmazeutischer Sicht relevant:

  • Arzneimittelversorgung:
    Der Anspruch umfasst sowohl klassische Arzneimittel als auch moderne digitale Gesundheitsanwendungen.
    Apotheken sind hier zentrale Leistungserbringer.

  • Heil- und Hilfsmittel:
    Z. B. Verbandstoffe, Inkontinenzmaterial, Medizinprodukte etc.

  • Indikations- und Bedarfsprüfung:
    Die Krankenbehandlung muss notwendig sein. Die Notwendigkeit leitet sich aus den Zielen „Erkennen, Heilen, Verhüten oder Lindern“ ab.
    Hier ist das Zusammenspiel zwischen ärztlicher Verordnung und pharmazeutischer Beratung wesentlich.

  • Sonderfälle:
    Beispiele sind die Versorgung nach Gewaltverbrechen (Beweissicherung) oder komplexe Fälle der Reproduktionsmedizin.

TipZentrale Bedeutung in der Praxis

Ohne Anspruch nach § 27 SGB V sind Leistungen der GKV im Regelfall nicht abrechenbar. Die Kenntnis des Umfangs und der Voraussetzungen ist unabdingbar für die tägliche Beratungs- und Versorgungspraxis in der Apotheke!

Zusammenfassung

§ 27 SGB V konkretisiert umfassend, worauf Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch haben, sobald eine Krankenbehandlung notwendig ist. Die Bandbreite reicht von ärztlicher und zahnärztlicher Behandlung über Arzneimittel und Hilfsmittel bis hin zu palliativen Leistungen und besonderen Schutzregelungen für Organspender. Für Apothekenteams ist die Kenntnis der hier geregelten Leistungsansprüche essenziell, um die Versorgung und Beratung rechtssicher und kompetent zu gestalten.

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