§ 35b

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  1. Der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt auf Grund eines Antrags nach § 130b Absatz 8 das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit einer Kosten-Nutzen-Bewertung. In dem Auftrag ist insbesondere festzulegen, für welche zweckmäßige Vergleichstherapie und Patientengruppen die Bewertung erfolgen soll sowie welcher Zeitraum, welche Art von Nutzen und Kosten und welches Maß für den Gesamtnutzen bei der Bewertung zu berücksichtigen sind; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung; für die Auftragserteilung gilt § 92 Absatz 3a entsprechend mit der Maßgabe, dass der Gemeinsame Bundesausschuss auch eine mündliche Anhörung durchführt. Die Bewertung erfolgt durch Vergleich mit anderen Arzneimitteln und Behandlungsformen unter Berücksichtigung des therapeutischen Zusatznutzens für die Patienten im Verhältnis zu den Kosten; Basis für die Bewertung sind die Ergebnisse klinischer Studien sowie derjenigen Versorgungsstudien, die mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss nach Absatz 2 vereinbart wurden oder die der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag des pharmazeutischen Unternehmens anerkennt; § 35a Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Beim Patienten-Nutzen sollen insbesondere die Verbesserung des Gesundheitszustandes, eine Verkürzung der Krankheitsdauer, eine Verlängerung der Lebensdauer, eine Verringerung der Nebenwirkungen sowie eine Verbesserung der Lebensqualität, bei der wirtschaftlichen Bewertung auch die Angemessenheit und Zumutbarkeit einer Kostenübernahme durch die Versichertengemeinschaft, angemessen berücksichtigt werden. Das Institut bestimmt auftragsbezogen über die Methoden und Kriterien für die Erarbeitung von Bewertungen nach Satz 1 auf der Grundlage der in den jeweiligen Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin und der Gesundheitsökonomie. Das Institut gewährleistet vor Abschluss von Bewertungen hohe Verfahrenstransparenz und eine angemessene Beteiligung der in § 35 Abs. 2 und § 139a Abs. 5 Genannten. Das Institut veröffentlicht die jeweiligen Methoden und Kriterien im Internet.

  2. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann mit dem pharmazeutischen Unternehmer Versorgungsstudien und die darin zu behandelnden Schwerpunkte vereinbaren. Die Frist zur Vorlage dieser Studien bemisst sich nach der Indikation und dem nötigen Zeitraum zur Bereitstellung valider Daten; sie soll drei Jahre nicht überschreiten. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Die Studien sind auf Kosten des pharmazeutischen Unternehmers bevorzugt in Deutschland durchzuführen.

  3. Auf Grundlage der Kosten-Nutzen-Bewertung nach Absatz 1 beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss über die Kosten-Nutzen-Bewertung und veröffentlicht den Beschluss im Internet. § 92 Absatz 3a gilt entsprechend. Mit dem Beschluss werden insbesondere der Zusatznutzen sowie die Therapiekosten bei Anwendung des jeweiligen Arzneimittels festgestellt. Der Beschluss ist Teil der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; der Beschluss kann auch Therapiehinweise nach § 92 Absatz 2 enthalten. § 94 Absatz 1 gilt nicht.

  4. Gesonderte Klagen gegen den Auftrag nach Absatz 1 Satz 1 oder die Bewertung nach Absatz 1 Satz 3 sind unzulässig. Klagen gegen eine Feststellung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses nach Absatz 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

Überblick und Einordnung

§ 35b SGB V regelt das Verfahren der Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln im GKV-System (Gesetzliche Krankenversicherung). Die Aufgabe ist, zu prüfen, wie der therapeutische Nutzen (z.B. Heilungserfolg, Lebensverlängerung, Nebenwirkungen) im Verhältnis zu den Behandlungskosten steht. Das ist zentral für die Bewertung und Erstattung neuer Arzneimittel und betrifft die praktische Arbeit in der öffentlichen Apotheke sowie im Umgang mit Erstattung und Versorgung.

1. Wer ist zuständig?

  • Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das Hauptgremium, das über die Bewertung entscheidet.
  • Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) führt die eigentliche Kosten-Nutzen-Bewertung im Auftrag des G-BA durch.

Der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt […] das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit einer Kosten-Nutzen-Bewertung.

2. Was umfasst die Kosten-Nutzen-Bewertung konkret?

  • Vergleich mit zweckmäßiger Vergleichstherapie: Die Bewertung erfolgt spezifisch für bestimmte Patientengruppen und im Vergleich zu bereits anerkannten Standardtherapien.
  • Auswahlkriterien: Im Auftrag müssen Zeitraum, Art des Nutzens, Art der Kosten und das Maß des Gesamtnutzens klar benannt sein.
  • Datenbasis: Grundlage der Bewertung sind aussagekräftige klinische Studien und ggf. Versorgungsstudien, die extra vereinbart oder anerkannt werden müssen.

Die Bewertung erfolgt durch Vergleich mit anderen Arzneimitteln und Behandlungsformen unter Berücksichtigung des therapeutischen Zusatznutzens für die Patienten im Verhältnis zu den Kosten […]

Therapeutischer Zusatznutzen und die Verbesserung relevanter Parameter (wie Krankheitsdauer, Lebensverlängerung, Lebensqualität usw.) stehen im Mittelpunkt.

3. Wie läuft das Verfahren ab?

  1. Antragstellung (durch Hersteller)
  2. Beauftragung des IQWiG durch den G-BA
  3. Festlegung der Bewertungsdetails im Auftrag
  4. Durchführung der Bewertung (unter Beachtung internationaler Standards und Methoden der evidenzbasierten Medizin und Gesundheitsökonomie)
  5. Transparenz: Es gibt mündliche Anhörungen und Veröffentlichung der Methoden und Ergebnisse im Internet.
  6. Ergebnisse fließen in Richtlinien des G-BA ein und dienen als Grundlage für die Erstattung und Versorgung.

4. Besondere Regelungen zu Versorgungsstudien

Der G-BA kann gesonderte Versorgungsstudien mit Herstellern vereinbaren.

  • Diese Studien sind in aller Regel innerhalb von drei Jahren einzureichen und sollen bevorzugt in Deutschland erfolgen.
  • Die Kosten trägt das pharmazeutische Unternehmen.

5. Veröffentlichung und Auswirkung

Nach der Bewertung wird ein Beschluss bekanntgegeben.

  • Hier wird unter anderem der Zusatznutzen und der therapeutische Kostenrahmen verbindlich festgelegt.
  • Der Beschluss wird Teil der G-BA-Richtlinie und ist bindend für die GKV.

6. Rechtsschutz

Gesonderte Klagen gegen den Auftrag nach Absatz 1 Satz 1 oder die Bewertung nach Absatz 1 Satz 3 sind unzulässig.

Klagen gegen das Verfahren sind also nur eingeschränkt möglich und entfalten keine aufschiebende Wirkung – der G-BA-Beschluss gilt sofort.

TipKernelement

Die Kosten-Nutzen-Bewertung nach § 35b SGB V ist ein zentrales Werkzeug zur Bewertung und Steuerung der Arzneimittelversorgung im GKV-System. Sie stellt sicher, dass Innovation und Wirtschaftlichkeit im Interesse der Patienten und der Beitragszahler austariert werden.

Zusammenfassung

§ 35b SGB V beschreibt ein transparentes und methodisch standardisiertes Verfahren, mit dem neue Arzneimittel hinsichtlich ihres Nutzens und der hierfür entstehenden Kosten bewertet werden. Der Paragraph ist praxisrelevant, um den Spagat zwischen medizinischem Fortschritt und tragfähigen Kostenstrukturen zu gewährleisten. Pharmazeut*innen sollten die Rolle und den Ablauf dieses Verfahrens sowie die wichtigsten Akteure (G-BA, IQWiG, pharmazeutisches Unternehmen) kennen, um die Anforderungen und Auswirkungen auf die Versorgung verstehen und im Berufsalltag anwenden zu können.

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