§ 47

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  1. Pharmazeutische Unternehmer und Großhändler dürfen Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, außer an Apotheken nur abgeben an
  1. andere pharmazeutische Unternehmer und Großhändler,
  2. Krankenhäuser und Ärzte, soweit es sich handelt um a) aus menschlichem Blut gewonnene Blutzubereitungen mit Ausnahme von Gerinnungsfaktorenzubereitungen, b) Gewebezubereitungen oder tierisches Gewebe, c) Infusionslösungen in Behältnissen mit mindestens 500 ml, die zum Ersatz oder zur Korrektur von Körperflüssigkeit bestimmt sind, sowie Lösungen zur Hämodialyse und Peritonealdialyse, die, soweit es sich um Lösungen zur Peritonealdialyse handelt, auf Verschreibung des nephrologisch qualifizierten Arztes im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung seiner Dialysepatienten an diese abgegeben werden dürfen, d) Zubereitungen, die ausschließlich dazu bestimmt sind, die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktion des Körpers oder seelische Zustände erkennen zu lassen, e) medizinische Gase, bei denen auch die Abgabe an Heilpraktiker zulässig ist, f) radioaktive Arzneimittel, g) Prüfpräparate und Hilfspräparate, sofern sie kostenlos zur Verfügung gestellt werden, h) Blutegel und Fliegenlarven, bei denen auch die Abgabe an Heilpraktiker zulässig ist, oder i) Arzneimittel, die im Falle des § 21 Absatz 2 Nummer 3 zur Verfügung gestellt werden,
  3. Krankenhäuser, Gesundheitsämter und Ärzte, soweit es sich um Impfstoffe handelt, die dazu bestimmt sind, bei einer unentgeltlichen auf Grund des § 20 Abs. 5, 6 oder 7 des Infektionsschutzgesetzes vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) durchgeführten Schutzimpfung angewendet zu werden oder soweit eine Abgabe von Impfstoffen zur Abwendung einer Seuchen- oder Lebensgefahr erforderlich ist, 3a. spezielle Gelbfieber-Impfstellen gemäß § 7 des Gesetzes zur Durchführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005), soweit es sich um Gelbfieberimpfstoff handelt, 3b. Krankenhäuser und Gesundheitsämter, soweit es sich um Arzneimittel mit antibakterieller oder antiviraler Wirkung handelt, die dazu bestimmt sind, auf Grund des § 20 Abs. 5, 6 oder 7 des Infektionsschutzgesetzes zur spezifischen Prophylaxe gegen übertragbare Krankheiten angewendet zu werden, 3c. Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen im Einzelfall benannte Stellen, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die für den Fall einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, bevorratet werden,
  4. Veterinärbehörden, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die zur Durchführung öffentlich-rechtlicher Maßnahmen bestimmt sind,
  5. auf gesetzlicher Grundlage eingerichtete oder im Benehmen mit dem Bundesministerium von der zuständigen Behörde anerkannte zentrale Beschaffungsstellen für Arzneimittel, 5a. durch Landesrecht bestimmte Betreiber der Luftrettung, soweit es sich um aus menschlichem Blut gewonnene Erythrozytenkonzentrate handelt,
  6. Tierärzte im Rahmen des Betriebes einer tierärztlichen Hausapotheke, soweit es sich um Fertigarzneimittel handelt, zur Anwendung an den von ihnen behandelten Tieren und zur Abgabe an deren Halter,
  7. zur Ausübung der Zahnheilkunde berechtigte Personen, soweit es sich um Fertigarzneimittel, die ausschließlich in der Zahnheilkunde verwendet und bei der Behandlung am Patienten angewendet werden, oder um medizinische Gase handelt,
  8. Einrichtungen von Forschung und Wissenschaft, denen eine Erlaubnis nach § 3 des Betäubungsmittelgesetzes erteilt worden ist, die zum Erwerb des betreffenden Arzneimittels berechtigt,
  9. Hochschulen, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die für die Ausbildung der Studierenden der Pharmazie und der Veterinärmedizin benötigt werden,
  10. staatlich anerkannte Lehranstalten für pharmazeutisch-technische Assistentinnen und Assistenten, sofern es sich um Arzneimittel handelt, die für die Ausbildung benötigt werden.
  1. Die in Absatz 1 Nr. 5 bis 9 bezeichneten Empfänger dürfen die Arzneimittel nur für den eigenen Bedarf im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben beziehen. Die in Absatz 1 Nr. 5 bezeichneten zentralen Beschaffungsstellen dürfen nur anerkannt werden, wenn nachgewiesen wird, dass sie unter fachlicher Leitung eines Apothekers stehen und geeignete Räume und Einrichtungen zur Prüfung, Kontrolle und Lagerung der Arzneimittel vorhanden sind.

(2a) Pharmazeutische Unternehmer, Großhändler, ein Prüfer, der Arzt, oder, bei einer zahnmedizinischen Prüfung, Zahnarzt ist, und ein Mitglied des Prüfungsteams, das Arzt oder, bei einer zahnmedizinischen Prüfung, Zahnarzt ist, dürfen Prüfpräparate und Hilfspräparate, die kostenlos zur Verfügung gestellt werden, an betroffene Personen nur abgeben, wenn nach einer von dem Sponsor für den Einzelfall vorzunehmenden Bewertung die Sicherheit der betroffenen Personen und die Validität der in der klinischen Prüfung erhobenen Daten insbesondere hinsichtlich der Abgabe der Prüfpräparate und Hilfspräparate an die betroffenen Personen gewährleistet sind, durch geeignete und angemessene Maßnahmen sichergestellt ist, dass der Sponsor keine Möglichkeit hat, die betroffenen Personen zu identifizieren, und eine Erlaubnis der für die Genehmigung der klinischen Prüfung zuständigen Bundesoberbehörde vorliegt.

  1. Pharmazeutische Unternehmer dürfen Muster eines Fertigarzneimittels abgeben oder abgeben lassen an
  1. Ärzte oder Zahnärzte,
  2. andere Personen, die die Heilkunde oder Zahnheilkunde beim Menschen berufsmäßig ausüben, soweit es sich nicht um verschreibungspflichtige Arzneimittel handelt,
  3. Ausbildungsstätten für die humanmedizinischen Heilberufe. Pharmazeutische Unternehmer dürfen Muster eines Fertigarzneimittels an Ausbildungsstätten für die humanmedizinischen Heilberufe nur in einem dem Zweck der Ausbildung angemessenen Umfang abgeben oder abgeben lassen. Muster dürfen keine Stoffe oder Zubereitungen
  4. im Sinne des § 2 des Betäubungsmittelgesetzes, die als solche in Anlage II oder III des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführt sind, oder
  5. die nach § 48 Absatz 2 Satz 3 nur auf Sonderrezept verschrieben werden dürfen, enthalten.
  1. Pharmazeutische Unternehmer dürfen Muster eines Fertigarzneimittels an Personen nach Absatz 3 Satz 1 nur auf jeweilige schriftliche oder elektronische Anforderung, in der kleinsten Packungsgröße und in einem Jahr von einem Fertigarzneimittel nicht mehr als zwei Muster abgeben oder abgeben lassen. Mit den Mustern ist die Fachinformation, soweit diese nach § 11a vorgeschrieben ist, zu übersenden. Das Muster dient insbesondere der Information des Arztes über den Gegenstand des Arzneimittels. Über die Empfänger von Mustern sowie über Art, Umfang und Zeitpunkt der Abgabe von Mustern sind gesondert für jeden Empfänger Nachweise zu führen und auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen.

Überblick und zentrale Bedeutung

§ 47 AMG regelt ganz wesentlich wer Arzneimittel, die eigentlich den Apotheken vorbehalten sind, außerhalb der Apotheke erhalten darf und unter welchen Bedingungen eine Abgabe im medizinischen Alltag trotzdem zulässig ist. Ziel ist es, die Kontrolle über Arzneimittel zu sichern und den legalen Vertriebsweg lückenlos nachzuverfolgen. Grundsatz ist die Abgabe nur an Apotheken, daneben werden zahlreiche und jeweils klar eingegrenzte Ausnahmeregelungen getroffen.

Grundsatz: Abgabe nur an Apotheken

Pharmazeutische Unternehmer und Großhändler dürfen Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, außer an Apotheken nur abgeben an…

Das heißt: Arzneimittel dürfen grundsätzlich nicht frei an jedermann vertrieben werden. Der Gesetzgeber sieht Apotheken als zentrale, kontrollierte Schnittstelle zum Patienten.

Ausnahmen: Wer darf doch direkt beliefert werden?

Die wichtigsten Ausnahmegruppen lassen sich anschaulich tabellarisch darstellen:

Ausnahmeempfänger Beispiele für zulässige Arzneimittel Besonderheit
Krankenhäuser, Ärzte Blutpräparate, Gewebeprodukte, spezielle Infusionslösungen usw. Begrenzung auf bestimmte Produktgruppen (§47 Abs. 1, 2)
Krankenhäuser, Ärzte/Behörden (Impfstoffe) Impfstoffe für unentgeltliche Schutzimpfungen Bezug zur Infektionsprävention (§47 Abs. 1 Nr. 3, 3b)
Tierärzte Fertigarzneimittel für Tiere Nur für Eigenbedarf/Ausgabe an Tierhalter
Forschung/Lehre BTM für Forschung, Prüfpräparate Besondere Erlaubnisse/Bedarfsbezug ist Voraussetzung
Behörden, Rettungsdienste Arzneimittel für Seuchenfall, Luftrettung etc. Sonderzugang, teils nach Anerkennung

Innerhalb der genannten Gruppen gibt es regelmäßig noch einschränkende Bestimmungen: Oft dürfen die gelieferten Arzneimittel nur im Rahmen ihreseigenen Bedarfs und zurErfüllung ihrer Aufgaben verwendet werden.

Sonderregeln für Impfstoffe und Notfallsituationen

Besonders geschützt ist die Versorgung der Bevölkerung bei Infektionskrankheiten:

… soweit es sich um Impfstoffe handelt, die dazu bestimmt sind, bei einer unentgeltlichen … Schutzimpfung angewendet zu werden oder … zur Abwendung einer Seuchen- oder Lebensgefahr erforderlich ist.

Auch Arzneimittel mit sofortigem Bedarf im Seuchenfall oder für die Prophylaxe bei Absatz 3b/3c sind ausdrücklich erwähnt. Hier wird die strenge Apothekenbindung zur Sicherstellung der öffentlichen Gesundheit durchbrochen.

Forschung, Wissenschaft und Lehre

Einrichtungen der Forschung, Hochschulen und anerkannte Ausbildungsstätten dürfen Arzneimittel beziehen, jedoch nur für den eigenen, aufgabenbezogenen Bedarf. Für zentrale Beschaffungsstellen gilt zusätzlich:

… unter fachlicher Leitung eines Apothekers … geeignete Räume und Einrichtungen zur Prüfung, Kontrolle und Lagerung …

Abgabe von Mustern – was ist erlaubt?

Die Abgabe von Mustern an Ärzte, Zahnärzte oder Ausbildungsstätten ist ein besonderer Ausnahmefall und streng limitiert:

  • Wer darf Muster erhalten?
    • Nur bestimmte Heilberufler und Ausbildungsstätten (siehe Abs. 3).
  • Welcher Umfang ist zulässig?
    • Maximal 2 Muster pro Jahr/Fertigarzneimittel, nur in kleinster Packungsgröße und ausschließlich auf schriftliche oder elektronische Anforderung.
  • Was ist verboten?
    • Muster dürfen keine Betäubungsmittel oder (vgl. § 48) besonders verschreibungspflichtige Präparate enthalten.
  • Was muss beigefügt sein?
    • Die jeweilige Fachinformation.
  • Dokumentationspflicht
    • Für jeden Empfänger müssen Art, Umfang, Zeitpunkt dokumentiert und ggf. der Aufsichtsbehörde vorgelegt werden.

Prüfpräparate in klinischen Studien

Für die Abgabe von Prüf- und Hilfspräparaten im Rahmen klinischer Prüfungen besteht ein erhöhter Schutz der Teilnehmenden. Die Sicherheit der Teilnehmer und die Validität der Daten müssen gewährleistet sein, eine Anonymisierung ist sicherzustellen, und auch hier bedarf es einer Genehmigung durch die Bundesoberbehörde.

TipWichtig für Praxis und Examen

Die Einhaltung der jeweils zulässigen Vertriebswege ist aus arzneimittelrechtlicher Sicht elementar. Bei Zulieferung oder Abgabe außerhalb dieser engen Regeln besteht ein erhebliches Risiko einer Ordnungswidrigkeit oder sogar Straftat.

Zusammenfassung

§ 47 AMG definiert den engen Rechtsrahmen für die Abgabe von apothekenpflichtigen Arzneimitteln außerhalb der Apotheke. Die Regel ist: Abgabe nur an Apotheken. Die Ausnahmen – von Krankenhäusern über Forschungseinrichtungen bis zu veterinärmedizinischem Bedarf – sind abschließend und jeweils konkret geregelt. Besonders streng und nachvollziehbar ist die Abgabe von Mustern sowie der Umgang mit Prüfpräparaten in der klinischen Forschung. Für alle Sonderwege gilt: Sie dienen der Patientensicherheit und Nachverfolgbarkeit bei sensiblen Arzneimitteln. Wer außerhalb dieser Bahnen agiert, riskiert gravierende Konsequenzen – für die Berufsausübung und in der Praxis der öffentlichen Gesundheit.

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