§ 86
Im Falle der Tötung ist der Schadensersatz durch Ersatz der Kosten einer versuchten Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Getötete dadurch erlitten hat, dass während der Krankheit seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten war. Der Ersatzpflichtige hat außerdem die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, dem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen.
Stand der Getötete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnis, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde. Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung erzeugt, aber noch nicht geboren war.
Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.
Überblick: Was regelt dieser Paragraph?
§ 86 AMG konkretisiert, welche Schadensersatzansprüche bei einem Todesfall infolge eines Arzneimittelschadens bestehen. Er ist Teil der sogenannten Gefährdungshaftung im Arzneimittelrecht: Nicht nur vorhersehbare, sondern auch unerwartete Nebenwirkungen eines Medikaments können zu Haftungsansprüchen gegen den Hersteller führen. Das Gesetz erleichtert den Geschädigten, ihre Ansprüche durchzusetzen. Der Paragraph regelt drei zentrale Punkte:
- Ersatz von Heil- und Beerdigungskosten sowie Vermögensnachteilen bei Tod,
 - Schadensersatzansprüche von Unterhaltsberechtigten,
 - Anspruch auf Entschädigung für seelisches Leid der Hinterbliebenen.
 
Ersatzpflichten im Todesfall
Kommt es durch ein Arzneimittel zum Tod eines Menschen, ist der Hersteller bzw. der Verantwortliche in mehrfacher Hinsicht schadensersatzpflichtig:
Im Falle der Tötung ist der Schadensersatz durch Ersatz der Kosten einer versuchten Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Getötete dadurch erlitten hat, dass während der Krankheit seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten war.
Das heißt: Erstattet werden
- Heilbehandlungskosten, auch wenn diese vergeblich waren
 - Verdienstausfall, z. B. weil der Verstorbene vor seinem Tod nicht mehr arbeiten konnte
 - weitere Kosten, wie aufwändige Pflege o. Ä.
 
Außerdem:
Der Ersatzpflichtige hat außerdem die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, dem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen.
Beerdigungskosten können also vom pharmazeutischen Unternehmen oder anderen Haftenden zurückverlangt werden.
Unterhaltsansprüche Dritter
War die verstorbene Person gesetzlich zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet (z. B. gegenüber Kindern, Ehepartnern), sichert § 86 AMG den Unterhaltsberechtigten eine finanzielle Entschädigung:
… so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde.
Das Besondere: Die Ersatzpflicht gilt auch bei ungeborenen Kindern, wenn > der Dritte zur Zeit der Verletzung erzeugt, aber noch nicht geboren war.
Beispiel:
- Ein junges Paar erwartet ein Kind. Durch einen Arzneimittelfehler verstirbt ein Elternteil noch vor der Geburt. Das Kind hätte Anspruch auf Unterhalt gehabt – entsprechend muss der Haftende auch für diesen fiktiven Unterhaltsausfall aufkommen.
 
Entschädigung für seelisches Leid der Hinterbliebenen
Neben den materiellen Schäden rückt das AMG auch das psychische Leid der Hinterbliebenen in den Vordergrund.
Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der … in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten.
Ein solches Näheverhältnis wird dann vermutet, wenn die hinterbliebene Person
- Ehegatte
 - Lebenspartner
 - Elternteil
 - Kind des Verstorbenen
 
ist.
Entschädigt wird das seelische Leid – ein Ansatz, der über klassische Schadenskompensation hinausgeht. Die Höhe ist eine angemessene Entschädigung in Geld, die sich am Einzelfall orientiert.
§ 86 AMG verpflichtet Hersteller zu besonders sorgfältigem, verantwortungsvollem Handeln. Bei unerwarteten, schwerwiegenden Nebenwirkungen sind die Hürden für Geschädigte, Ansprüche durchzusetzen, bewusst gesenkt. Fachkräfte sollten die Tragweite der erweiterten Haftung kennen und bei der Beratung im Apothekenalltag berücksichtigen, dass Betroffene auf umfassenden Schadensersatz vertrauen dürfen.
Zusammenfassung
§ 86 AMG erweitert den Schutz der Verbraucher und Angehörigen bei tödlichen Arzneimittelschäden. Er regelt nicht nur die Erstattung von Behandlungskosten und Verdienstausfall, sondern auch Unterhaltsansprüche Dritter und die finanzielle Entschädigung für das seelische Leid nahestehender Hinterbliebener. Damit ist die Vorschrift ein zentrales Element der Gefährdungshaftung im Arzneimittelrecht.
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