§ 63b

📖 Zum Gesetz

  1. Der Inhaber der Zulassung ist verpflichtet, ein Pharmakovigilanz-System einzurichten und zu betreiben.

  2. Der Inhaber der Zulassung ist verpflichtet,

  1. anhand seines Pharmakovigilanz-Systems sämtliche Informationen wissenschaftlich auszuwerten, Möglichkeiten der Risikominimierung und -vermeidung zu prüfen und erforderlichenfalls unverzüglich Maßnahmen zur Risikominimierung und -vermeidung zu ergreifen,
  2. sein Pharmakovigilanz-System regelmäßig in angemessenen Intervallen Audits zu unterziehen; dabei hat er die wichtigsten Ergebnisse in seiner Pharmakovigilanz-Stammdokumentation zu vermerken und sicherzustellen, dass Maßnahmen zur Mängelbeseitigung ergriffen werden; wenn die Maßnahmen zur Mängelbeseitigung vollständig durchgeführt sind, kann der Vermerk gelöscht werden,
  3. eine Pharmakovigilanz-Stammdokumentation zu führen und diese auf Anfrage zur Verfügung zu stellen,
  4. ein Risikomanagement-System für jedes einzelne Arzneimittel zu betreiben, das nach dem 26. Oktober 2012 zugelassen worden ist oder für das eine Auflage nach § 28 Absatz 3b Satz 1 Nummer 1 erteilt worden ist,
  5. die Ergebnisse von Maßnahmen zur Risikominimierung zu überwachen, die Teil des Risikomanagement-Plans sind oder die als Auflagen nach § 28 Absatz 3 bis 3c genannt worden sind, und
  6. das Risikomanagement-System zu aktualisieren und Pharmakovigilanz-Daten zu überwachen, um zu ermitteln, ob es neue Risiken gibt, sich bestehende Risiken verändert haben oder sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Arzneimitteln geändert hat.
  1. Der Inhaber der Zulassung darf im Zusammenhang mit dem zugelassenen Arzneimittel keine die Pharmakovigilanz betreffenden Informationen ohne vorherige oder gleichzeitige Mitteilung an die zuständige Bundesoberbehörde sowie an die Europäische Arzneimittel-Agentur und die Europäische Kommission öffentlich bekannt machen. Er stellt sicher, dass solche Informationen in objektiver und nicht irreführender Weise dargelegt werden.

Überblick und Bedeutung

§ 63b AMG regelt die Pharmakovigilanz-Pflichten des Zulassungsinhabers eines Arzneimittels. Ziel ist der fortlaufende Schutz von Patientinnen und Patienten sowie die Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses von Arzneimitteln während und nach deren Zulassung. Der Paragraph legt detailliert fest, wie ein Pharmakovigilanz-System geführt, auditiert und im Wesentlichen betrieben werden muss.

Was ist ein Pharmakovigilanz-System?

Ein Pharmakovigilanz-System dient der systematischen Erfassung, Bewertung und Verhinderung von Risiken im Zusammenhang mit Arzneimitteln, insbesondere Nebenwirkungen und Zwischenfällen. Der Zulassungsinhaber ist verpflichtet,

ein Pharmakovigilanz-System einzurichten und zu betreiben.

Das bedeutet: Es reicht nicht, passiv Informationen zu sammeln, sondern der Inhaber muss aktiv für die Arzneimittelsicherheit sorgen.

Zentrale Pflichten im Alltag

Die Pflichten für den Zulassungsinhaber sind eng miteinander verknüpft und zielen konsequent auf aktive Risikominimierung ab.

  1. Wissenschaftliche Auswertung & Maßnahmen
    • Alle gesammelten Sicherheitsinformationen müssen wissenschaftlich ausgewertet werden.

    • Werden Risiken erkannt, muss sofort gehandelt werden:

      … unverzüglich Maßnahmen zur Risikominimierung und -vermeidung ergreifen.

  2. Regelmäßige Audits
    • Das Pharmakovigilanz-System ist in regelmäßigen, angemessenen Abständen zu überprüfen (Audits).
    • Alle wichtigen Ergebnisse sind in der Pharmakovigilanz-Stammdokumentation zu vermerken.
    • Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Mängel müssen ergriffen und dokumentiert werden. Erst nach vollständiger Mängelbehebung darf der Vermerk gelöscht werden.
  3. Pharmakovigilanz-Stammdokumentation
    • Jede/r Zulassungsinhaber/in muss eine zentrale Dokumentation führen und diese auf Anfrage den zuständigen Behörden zur Verfügung stellen.
  4. Risikomanagement-Systeme
    • Für alle nach dem 26. Oktober 2012 zugelassenen Arzneimittel (oder bei bestimmten behördlichen Auflagen) ist ein individuelles Risikomanagement-System zu etablieren und zu betreiben.
  5. Überwachung von Risikominimierungsmaßnahmen
    • Die Resultate von Risikominimierungsmaßnahmen sind zu kontrollieren und zu bewerten, besonders wenn sie im Risikomanagementplan oder in behördlichen Auflagen genannt werden.
  6. Aktualisierung und laufende Überwachung
    • Das Risikomanagementsystem muss laufend aktualisiert werden, insbesondere wenn sich:
      • neue Risiken zeigen,
      • bekannte Risiken verändern,
      • das Nutzen-Risiko-Profil neu bewertet werden muss.

Veröffentlichungspflichten & Transparenz

Der Inhaber der Zulassung darf im Zusammenhang mit dem zugelassenen Arzneimittel keine die Pharmakovigilanz betreffenden Informationen ohne vorherige oder gleichzeitige Mitteilung an die zuständige Bundesoberbehörde sowie an die Europäische Arzneimittel-Agentur und die Europäische Kommission öffentlich bekannt machen.

Das bedeutet: Bevor sicherheitsrelevante Informationen über ein Arzneimittel veröffentlicht werden, sind zwingend die zuständigen (Bundes-)Behörden und EU-Instanzen einzubinden. Zudem ist bei der Veröffentlichung stets Objektivität einzuhalten und auf Irreführung zu verzichten.

TipZentral für die Praxis

Ein solides und gesetzestreues Pharmakovigilanz-System ist unverzichtbar für den pharmazeutischen Alltag. Zulassungsinhaber:innen sind nicht nur zur passiven Sammlung, sondern zur aktiven Bewertung, Korrektur und Kommunikation verpflichtet – mit voller Transparenz gegenüber den Behörden und strikter Dokumentationspflicht. Die Nichteinhaltung dieser Vorgaben kann schwerwiegende berufsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen haben.

Zusammenfassung

§ 63b AMG beschreibt ein umfassendes und verpflichtendes System zur Überwachung, Bewertung und Minimierung von Arzneimittelrisiken nach der Zulassung. Für Pharmazeut:innen ist es essenziell zu wissen, dass Pharmakovigilanz mehr als Meldepflichten umfasst: Es ist ein kontinuierlicher und aktiver Prozess, bei dem wissenschaftliche Beurteilung, sofortige Maßnahmen, lückenlose Dokumentation sowie Transparenz gegenüber Behörden zentrale Rollen spielen.

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