§ 25a

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  1. Untersuchungen zur Früherkennung von Krebserkrankungen gemäß § 25 Absatz 2, für die von der Europäischen Kommission veröffentlichte Europäische Leitlinien zur Qualitätssicherung von Krebsfrüherkennungsprogrammen vorliegen, sollen als organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme angeboten werden. Diese Programme umfassen insbesondere
  1. die regelmäßige Einladung der Versicherten in Textform zur Früherkennungsuntersuchung nach Satz 1,
  2. die mit der Einladung erfolgende umfassende und verständliche Information der Versicherten über Nutzen und Risiken der jeweiligen Untersuchung, über die nach Absatz 4 vorgesehene Verarbeitung der personenbezogenen Daten, die zum Schutz dieser Daten getroffenen Maßnahmen, den Verantwortlichen und bestehende Widerspruchsrechte,
  3. die inhaltliche Bestimmung der Zielgruppen, der Untersuchungsmethoden, der Abstände zwischen den Untersuchungen, der Altersgrenzen, des Vorgehens zur Abklärung auffälliger Befunde und der Maßnahmen zur Qualitätssicherung sowie
  4. die systematische Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität der Krebsfrüherkennungsprogramme unter besonderer Berücksichtigung der Teilnahmeraten, des Auftretens von Intervallkarzinomen, falsch positiver Diagnosen und der Sterblichkeit an der betreffenden Krebserkrankung unter den Programmteilnehmern. Die Maßnahmen nach Satz 2 Nummer 4 beinhalten auch einen Abgleich der Daten, die nach § 299 zum Zwecke der Qualitätssicherung an eine vom Gemeinsamen Bundesausschuss bestimmte Stelle übermittelt werden, mit Daten der epidemiologischen oder der klinischen Krebsregister, soweit dies insbesondere für die Erfassung des Auftretens von Intervallkarzinomen und der Sterblichkeit an der betreffenden Krebserkrankung unter den Programmteilnehmern erforderlich ist. Die entstehenden Kosten für den Datenabgleich werden von den Krankenkassen getragen; der den Krebsregistern entstehende Aufwand wird im Rahmen der Festlegung der fallbezogenen Krebsregisterpauschale nach § 65c Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 4 Satz 2, 3, 5, 6 und 9 berücksichtigt.
  1. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 30. April 2016 in Richtlinien nach § 92 das Nähere über die Durchführung der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme für Früherkennungsuntersuchungen, für die bereits Europäische Leitlinien zur Qualitätssicherung nach Absatz 1 Satz 1 vorliegen. Für künftige Leitlinien erfolgt eine Regelung innerhalb von drei Jahren nach Veröffentlichung der Leitlinien. Handelt es sich um eine neue Früherkennungsuntersuchung, für die noch keine Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 bestehen, prüft der Gemeinsame Bundesausschuss zunächst innerhalb von drei Jahren nach Veröffentlichung der Leitlinien, ob die Früherkennungsuntersuchung nach § 25 Absatz 2 zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen ist, und regelt gegebenenfalls innerhalb von weiteren drei Jahren das Nähere über die Durchführung des organisierten Krebsfrüherkennungsprogramms. In den Richtlinien über die Durchführung der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme ist insbesondere das Nähere zum Einladungswesen, zur Qualitätssicherung und zum Datenabgleich mit den Krebsregistern festzulegen, und es sind die hierfür zuständigen Stellen zu bestimmen. Der Verband der Privaten Krankenversicherung ist bei den Richtlinien zu beteiligen.

  2. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss bei seinen Beratungen fest, dass notwendige Erkenntnisse fehlen, kann er eine Richtlinie zur Erprobung der geeigneten inhaltlichen und organisatorischen Ausgestaltung eines organisierten Krebsfrüherkennungsprogramms beschließen. § 137e gilt entsprechend. Die Frist nach Absatz 2 Satz 1 bis 3 für die Regelung des Näheren über die Durchführung der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme verlängert sich in diesem Fall um den Zeitraum der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Erprobung, längstens jedoch um fünf Jahre.

  3. Die nach Absatz 2 Satz 4 in den Richtlinien bestimmten Stellen sind befugt, die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen und in den Richtlinien aufgeführten Daten nach den dort genannten Vorgaben zu verarbeiten; die Befugnis umfasst auch die Befugnis zur Anonymisierung der Daten für den Zweck der Übermittlung nach Absatz 5 Satz 2. Für die Einladungen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 dürfen die zuständigen Meldebehörden die Daten nach § 34 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3, 6 und 9 des Bundesmeldegesetzes aus den Melderegistern an die in den Richtlinien nach Absatz 2 Satz 4 bestimmten Stellen übermitteln; ferner dürfen die in § 291a Absatz 2 Nummer 1 bis 6 genannten Daten der Krankenkassen verarbeitet werden; sofern andere Stellen als die Krankenkassen die Aufgabe der Einladung wahrnehmen, darf die Krankenversichertennummer nur in pseudonymisierter Form verarbeitet werden. Die Versicherten können in Textform weiteren Einladungen widersprechen; sie sind in den Einladungen auf ihr Widerspruchsrecht hinzuweisen. Andere personenbezogene Daten der Krankenkassen, insbesondere Befunddaten und Daten über die Inanspruchnahme von Krebsfrüherkennungsuntersuchungen, dürfen für die Einladungen nur mit Einwilligung der Versicherten verarbeitet werden. Für die Datenverarbeitungen zum Zwecke der Qualitätssicherung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 gilt § 299, sofern der Versicherte nicht schriftlich oder elektronisch widersprochen hat. Ein Abgleich der Daten nach Satz 4 und der Daten, die nach § 299 zum Zwecke der Qualitätssicherung an eine vom Gemeinsamen Bundesausschuss bestimmte Stelle übermittelt werden, mit Daten der epidemiologischen oder klinischen Krebsregister ist unter Verwendung eines aus dem unveränderbaren Teil der Krankenversichertennummer des Versicherten abgeleiteten Pseudonyms zulässig, sofern der Versicherte nicht schriftlich oder elektronisch widersprochen hat. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien fest, welche Daten für den Abgleich zwischen den von ihm bestimmten Stellen und den epidemiologischen oder klinischen Krebsregistern übermittelt werden sollen. Das Nähere zur technischen Umsetzung des Abgleichs nach Satz 6 vereinbaren der Gemeinsame Bundesausschuss und die von den Ländern zur Durchführung des Abgleichs bestimmten Krebsregister bis zum 31. Dezember 2021. Die epidemiologischen oder klinischen Krebsregister übermitteln erstmals bis Ende 2023 und anschließend regelmäßig ausschließlich zum Zweck des Abgleichs der Daten nach Satz 6 die vom Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegten Daten zusammen mit dem Pseudonym nach Satz 6 an die Vertrauensstelle nach § 299 Absatz 2 Satz 5.

  4. Der Gemeinsame Bundesausschuss oder eine von ihm beauftragte Stelle veröffentlicht alle zwei Jahre einen Bericht über den Stand der Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4. Der Gemeinsame Bundesausschuss oder eine von ihm beauftragte Stelle übermittelt auf Antrag, nach Prüfung des berechtigten Interesses des Antragstellers, anonymisierte Daten zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung. Die Entscheidung über den Antrag ist dem Antragsteller innerhalb von zwei Monaten nach Antragstellung mitzuteilen; eine Ablehnung ist zu begründen. Das Nähere zu einem Verfahren der nach Absatz 4 erhobenen Daten einschließlich der Datenübermittlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss unter Beachtung datenschutzrechtlicher Vorgaben und des Gebotes der Datensicherheit in seiner Verfahrensordnung.

Organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme gemäß § 25a SGB V – Praxiserläuterung

§ 25a SGB V regelt die strukturierten und qualitätsgesicherten Programme zur Früherkennung von Krebserkrankungen, soweit hierzu Europäische Leitlinien zur Qualitätssicherung bestehen. Das Ziel ist eine einheitliche, nachvollziehbare und datengestützte Umsetzung dieser Vorsorgeangebote für Versicherte.

Ziel und Grundlage

Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung (nach § 25 Abs. 2 SGB V) sollen – soweit es EU-Leitlinien gibt – als organisierte Programme angeboten werden. Das bedeutet, es gibt keinen Zufall mehr, sondern strukturierte Abläufe mit Einladungssystem, Informationspflichten und standardisierter Qualitätssicherung.

Zentrale Elemente eines organisierten Krebsfrüherkennungsprogramms

Ein solches Programm umfasst vier wesentliche Bestandteile:

  1. Einladungssystem (aktive Ansprache)

    die regelmäßige Einladung der Versicherten in Textform zur Früherkennungsuntersuchung

    Versicherte werden gezielt und regelmäßig eingeladen, um die Teilnahme sicherzustellen.

  2. Umfassende Information und Datenschutz

    umfassende und verständliche Information der Versicherten über Nutzen und Risiken […] und bestehende Widerspruchsrechte

    Bei der Einladung erhalten die Versicherten klare Erläuterungen zu:

    • Nutzen und Risiken der Untersuchung,
    • Art und Umfang der Datenverarbeitung sowie Datenschutzmaßnahmen,
    • die verantwortliche Stelle und Widerspruchsmöglichkeiten.
  3. Inhaltliche Ausgestaltung und Qualitätssicherung

    Das Programm muss konkret definieren:

    • Wer (Zielgruppen, Altersgrenzen) wird eingeladen,
    • Welche Untersuchungsmethoden werden in welchem zeitlichen Abstand eingesetzt,
    • Wie wird bei auffälligen Befunden vorgegangen,
    • Welche Maßnahmen dienen der Qualitätssicherung (z. B. Standards, Kontrollen).
  4. Datenerfassung, Monitoring und Qualitätsverbesserung

    systematische Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität […] unter besonderer Berücksichtigung der Teilnahmeraten, […] und der Sterblichkeit an der betreffenden Krebserkrankung

    Eine zentrale Rolle spielt die laufende Auswertung und Verbesserung – Teilnahmeraten, falsch positive Diagnosen, Intervallkarzinome und Sterblichkeit werden gezielt ausgewertet. Die Daten werden dafür mit den Krebsregistern abgeglichen.

TipWichtig für die Praxis

Die Finanzierung der Programme (inkl. Datenabgleich) liegt bei den Krankenkassen. Der Aufwand für die Krebsregister wird pauschal berücksichtigt (§ 65c SGB V).

Zuständigkeiten und Ausgestaltung

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das zentrale Gremium. Er erlässt verbindliche Richtlinien, um die Durchführung dieser Programme einheitlich zu regeln:

  • Durchführung,
  • Einladungswesen,
  • Qualitätssicherung,
  • Datenabgleich mit den Krebsregistern.

Der Verband der Privaten Krankenversicherung ist dabei stets zu beteiligen.

Ablauf bei neuen Früherkennungsuntersuchungen

Kommt eine neue Untersuchung hinzu, gibt es feste Fristen:

  1. Prüfung innerhalb von 3 Jahren, ob sie als Kassenleistung eingeführt werden soll,
  2. ggf. anschließend nochmals 3 Jahre für die Umsetzung in ein strukturiertes Programm.

Fehlen wissenschaftliche Erkenntnisse, kann der G-BA eine Erprobung anordnen. In diesem Fall verlängern sich die Fristen um max. 5 Jahre.

Datenschutz und Datenverarbeitung

Die Verarbeitung und der Abgleich personenbezogener Daten erfolgt ausschließlich durch oder im Auftrag der in den G-BA-Richtlinien genannten Stellen:

  • Einladungen werden i. d. R. unter Verwendung von Meldedaten und versichertenbezogenen Daten der Krankenkassen verschickt.
  • Besonders sensibel: Für Einladungen dürfen Befunddaten und Daten über die Inanspruchnahme nur mit ausdrücklicher Einwilligung verwendet werden.
  • Datenabgleiche mit Krebsregistern erfolgen pseudonymisiert über die Versichertennummer, ein Widerspruch ist möglich.

Die Versicherten können in Textform weiteren Einladungen widersprechen; sie sind in den Einladungen auf ihr Widerspruchsrecht hinzuweisen.

Transparenz und Forschung

Alle zwei Jahre muss ein Bericht über die Qualität und Wirksamkeit der Programme veröffentlicht werden.

Anonymisierte Daten können zudem – nach Prüfung des berechtigten Interesses – für wissenschaftliche Forschung bereitgestellt werden.

Übersicht: Schlüsselbegriffe und Zuständigkeiten

Begriff Bedeutung / Zuständigkeit
Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) Regelt alles Wichtige in Richtlinien, überprüft neue Untersuchungen, überwacht Qualitätssicherung
Krebsfrüherkennungsprogramm Strukturiertes Angebot an Versicherte nach festgelegten Leitlinien
Krebsregister Nimmt Datenabgleich vor und liefert wichtige epidemiologische Kennzahlen
Krankenkassen Tragen sämtliche Kosten, beteiligen sich an der Umsetzung
Einladungssystem Regelmäßige, gezielte Einladung der Versicherten
Widerspruchsrecht Versicherte können Einladungen und Datenverarbeitung widersprechen

Zusammenfassung

§ 25a SGB V legt fest, dass Krebsfrüherkennung nach EU-weiten Leitlinien als organisierte, qualitätsgesicherte und datengeschützte Programme angeboten werden muss. Die Umsetzung, Qualitätskontrolle und Datenverarbeitung erfolgen unter klaren Verantwortlichkeiten durch G-BA, Krankenkassen und Krebsregister. Datenschutz, Information und Transparenz sind für alle Schritte zwingend vorgeschrieben. Die Programme unterliegen systematischem Monitoring und stehen auch für wissenschaftliche Evaluation offen. Für Pharmaziestudierende bedeutet dies vor allem: Krebsfrüherkennung ist keine Einzelmaßnahme, sondern ein komplex organisiertes und datengestütztes System, das einen hohen Standard in der Prävention etablieren soll.

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