§ 84a
Liegen Tatsachen vor, die die Annahme begründen, dass ein Arzneimittel den Schaden verursacht hat, so kann der Geschädigte von dem pharmazeutischen Unternehmer Auskunft verlangen, es sei denn, dies ist zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 84 besteht, nicht erforderlich. Der Anspruch richtet sich auf dem pharmazeutischen Unternehmer bekannte Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie ihm bekannt gewordene Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen und sämtliche weiteren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Bedeutung sein können. Die §§ 259 bis 261 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden. Ein Auskunftsanspruch besteht insoweit nicht, als die Angaben auf Grund gesetzlicher Vorschriften geheim zu halten sind oder die Geheimhaltung einem überwiegenden Interesse des pharmazeutischen Unternehmers oder eines Dritten entspricht.
Ein Auskunftsanspruch besteht unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch gegenüber den Behörden, die für die Zulassung und Überwachung von Arzneimitteln zuständig sind. Die Behörde ist zur Erteilung der Auskunft nicht verpflichtet, soweit Angaben auf Grund gesetzlicher Vorschriften geheim zu halten sind oder die Geheimhaltung einem überwiegenden Interesse des pharmazeutischen Unternehmers oder eines Dritten entspricht. Ansprüche nach dem Informationsfreiheitsgesetz bleiben unberührt.
Bedeutung und Anwendungsbereich
§ 84a AMG regelt, unter welchen Voraussetzungen Betroffene nach einem vermuteten Arzneimittelschaden Auskunft verlangen dürfen. Ziel ist es, Patient:innen zu unterstützen, einen möglichen Schadensersatzanspruch nach § 84 AMG konkret zu begründen und ihre Beweissituation zu verbessern. Speziell geht es um Fälle, in denen schwerwiegende oder unerwartete Nebenwirkungen und Wechselwirkungen auftreten.
Wer ist anspruchsberechtigt und wogegen richtet sich der Anspruch?
Anspruchsberechtigt ist eine geschädigte Person, bei der Tatsachen vorliegen, die eine Verbindung zwischen dem Arzneimittel und dem Schaden wahrscheinlich machen. Der Auskunftsanspruch richtet sich entweder
- gegen den pharmazeutischen Unternehmer (z. B. Hersteller),
 - oder gegen die zuständige Behörde (wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM), wenn die Voraussetzungen nach Abs. 1 vorliegen und Informationen auch bei Behörden gespeichert sind.
 
Umfang des Auskunftsanspruchs
Der Anspruch umfasst Informationen zu:
- bekannten Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen
 - Verdachtsfällen von Neben- und Wechselwirkungen, soweit sie dem pharmazeutischen Unternehmer bereits bekannt geworden sind
 - sonstigen Erkenntnissen, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen relevant sein können
 
Dabei kann sich der Geschädigte gezielt auf alle Informationen berufen, die für die Frage, ob ein Schadensersatzanspruch nach § 84 AMG besteht, von Bedeutung sind.
“Der Anspruch richtet sich auf dem pharmazeutischen Unternehmer bekannte Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie ihm bekannt gewordene Verdachtsfälle…”
Voraussetzungen
Ein Auskunftsanspruch besteht nur, wenn
- Tatsachen die Annahme begründen, dass der Schaden durch das Arzneimittel verursacht wurde,
 - die Auskunft zur Feststellung eines Anspruchs auf Schadensersatz nach § 84 notwendig ist.
 
Die §§ 259–261 BGB regeln dabei ergänzend das Auskunftsverfahren (u. a. Umfang und Form der Auskunft, Notwendigkeit von Belegen).
Grenzen und Ausnahmen
Nicht jede Information muss herausgegeben werden. Der Gesetzgeber schützt dabei z. B. Betriebsgeheimnisse oder Datenschutzinteressen:
- Keine Auskunft, wenn dem gesetzliche Geheimhaltungsvorschriften entgegenstehen
 - Keine Auskunft, wenn ein überwiegendes berechtigtes Interesse des pharmazeutischen Unternehmers oder Dritter an der Geheimhaltung besteht
 
Die Rolle der Behörden
Behörden, die für Arzneimittelzulassung und -überwachung zuständig sind, können ebenfalls auskunftspflichtig sein – mit denselben Schutzgrenzen wie bei Pharmaunternehmen.
Das Recht auf Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz bleibt dabei unberührt. Das bedeutet, Betroffene haben eventuell zusätzliche Wege, Informationen einzufordern.
Durch § 84a AMG muss der pharmazeutische Unternehmer (oder die Behörde) relevante Informationen zu Arzneimitteln, insbesondere zu unerwarteten Nebenwirkungen und Verdachtsfällen, offenlegen, sofern dies für einen möglichen Schadensersatzanspruch notwendig ist. Dies erleichtert die Durchsetzung von Ansprüchen für Betroffene ganz erheblich.
Zusammenfassung
§ 84a AMG ist ein wichtiges Werkzeug für Patient:innen, die einen durch ein Arzneimittel verursachten Schaden vermuten. Er sorgt für Transparenz und Informationszugang zu Nebenwirkungen und erhöht damit die Chancen, Schadensersatz durchzusetzen. Gleichzeitig schützt die Vorschrift sensible Interessen der Unternehmen und Behörden, etwa durch Geheimhaltungsregelungen.
Feedback
Melde uns Fehler und Verbesserungsvorschläge zur aktuellen Seite über dieses Formular. Vielen Dank ❤️