§ 39
Es ist verboten, ein Tierarzneimittel oder ein veterinärmedizintechnisches Produkt entgegen den Zulassungsbedingungen anzuwenden. Dies gilt nicht, wenn das Tierarzneimittel nach den Artikeln 112 bis 114 der Verordnung (EU) 2019/6 vom Tierarzt selbst oder auf Grund einer tierärztlichen Behandlungsanweisung angewendet wird.
Es ist verboten, ein nach § 4 Absatz 1 freigestelltes Tierarzneimittel bei nicht in § 4 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a genannten Tierarten anzuwenden.
Es ist verboten, ein im Sinne von § 37 Absatz 3 bedenkliches Tierarzneimittel oder veterinärmedizintechnisches Produkt, das keiner Zulassung oder Registrierung bedarf, bei Tieren anzuwenden.
Es ist verboten, Stoffe oder Stoffzusammenstellungen bei Tieren anzuwenden oder zu verabreichen, um
- Tierkrankheiten zu heilen oder zu verhüten,
 - die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen,
 - eine medizinische Diagnose zu erstellen oder
 - eine Tötung durch das Einschläfern eines Tieres durchzuführen. Satz 1 gilt nicht, wenn der Stoff oder die Stoffzusammenstellung
 - als Tierarzneimittel oder Arzneimittel zugelassen oder registriert ist,
 - als Tierarzneimittel nach § 4 Absatz 1 von der Zulassung freigestellt ist oder
 - in einem Tierarzneimittel enthalten ist, das in einem Betrieb hergestellt wurde, der der allgemeinen Anzeigepflicht nach § 79 Absatz 1 unterliegt.
 
- Es ist verboten, einem der Gewinnung von Lebensmitteln dienenden Tier pharmakologisch wirksame Stoffe zu verabreichen, wenn diese Stoffe in Tabelle 2 des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 37/2010 der Kommission vom 22. Dezember 2009 über pharmakologisch wirksame Stoffe und ihre Einstufung hinsichtlich der Rückstandshöchstmengen in Lebensmitteln tierischen Ursprungs (ABl. L 15 vom 20.1.2010, S. 1; L 293 vom 11.11.2010, S. 72), die zuletzt durch die Durchführungsverordnung (EU) 2023/2203 (ABl. L, 2023/2203, 23.10.2023) geändert worden ist, aufgeführt sind.
 
Grundlegende Bedeutung und Zielsetzung
§ 39 TAMG regelt strikt die Anwendung von Tierarzneimitteln und veterinärmedizintechnischen Produkten. Die zentrale Botschaft: Nur zugelassene oder registrierte Tierarzneimittel dürfen angewendet werden! Damit wird ein sicherer und kontrollierter Einsatz im Interesse von Tier, Mensch und Umwelt erzwungen. Einzige Ausnahme: Die in der Gesetzgebung explizit zulässigen Fälle nach der sogenannten Umwidmungskaskade.
Grundsätzliches Anwendungsverbot außerhalb der Zulassung („Kein Off-Label-Use“)
Es ist verboten, ein Tierarzneimittel oder ein veterinärmedizintechnisches Produkt entgegen den Zulassungsbedingungen anzuwenden.
Das bedeutet in der Praxis:
Nur ein entsprechend für die Tierart und den Anwendungszweck zugelassenes Präparat darf eingesetzt werden. Ein „Off-Label-Use”, wie man ihn aus der Humanmedizin kennt, ist ausdrücklich untersagt.
Ausnahme: Umwidmungskaskade nach EU-Verordnung
Ausnahmen bestehen nur, wenn ein Tierarzt nach den Artikeln 112 bis 114 der Verordnung (EU) 2019/6 tätig wird. Dies ist die sogenannte Umwidmungskaskade.
Dies gilt nicht, wenn das Tierarzneimittel nach den Artikeln 112 bis 114 der Verordnung (EU) 2019/6 vom Tierarzt selbst oder auf Grund einer tierärztlichen Behandlungsanweisung angewendet wird.
In dieser Kaskade darf – abgestuft und nur in tierärztlicher Verantwortung – von der Zulassung abgewichen werden:
- Anwendung eines in Deutschland zugelassenen Tierarzneimittels für eine andere Tierart oder Indikation.
 - Anwendung eines in Deutschland zugelassenen Tierarzneimittels für eine andere Tierart.
 - Anwendung eines für den Menschen zugelassenen Arzneimittels.
 - Anwendung eines aus dem Ausland importierten Tierarzneimittels.
 
Wichtig: Jede Stufe setzt voraus, dass es für die betroffene Tierart und Indikation kein passendes Mittel gibt. Die Umwidmung erfolgt strikt nur auf tierärztliche Verordnung!
Spezialfälle und weitere Verbote
- Freigestellte Tierarzneimittel: Arzneimittel, die nach § 4 Abs. 1 von der Zulassungspflicht befreit sind, dürfen nur bei den ausdrücklich genannten Tierarten zum Einsatz kommen.
 - Bedenkliche Stoffe: Mittel, die als „bedenklich” (§ 37 Abs. 3) eingestuft werden, oder die keiner Zulassung/Registrierung bedürfen, sind generell verboten.
 - Stoffe ohne Arzneimittelstatus: Der Einsatz von reinen Wirkstoffen oder nicht als Arzneimittel zugelassenen Zubereitungen zur Behandlung, Diagnostik oder Euthanasie ist verboten, es sei denn einer der genannten Sonderfälle liegt vor (z. B. Stoff ist als Tierarzneimittel zugelassen).
 - Lebensmittelliefernde Tiere:
Strenge Vorgaben: Stoffe aus Tabelle 2 des Anhangs der Verordnung (EU) 37/2010 dürfen niemals an lebensmittelliefernde Tiere abgegeben werden – hier drohen Rückstände im Fleisch und damit erhebliche gesundheitliche Gefahren! 
Überblick über zulässige und unzulässige Anwendungen
| Zulässig | Unzulässig | 
|---|---|
| Anwendung gemäß Zulassung | Off-Label-Use („nach Gefühl“, außerhalb Zulassung) | 
| Anwendung nach Umwidmungskaskade durch Tierarzt | Anwendung bedenklicher oder nicht zugelassener Stoffe | 
| Einsatz freigestellter Mittel bei benannten Tierarten | Einsatz solcher Mittel bei anderen Tierarten | 
| Anwendung zulässiger Stoffe bei lebensmittelliefernden Tieren | Verabreichung in Tabelle 2 gelisteter Stoffe an diese Tiere | 
Die Anwendung außerhalb der Zulassung ist ausschließlich dem Tierarzt vorbehalten und setzt eine genaue Dokumentation und nachvollziehbare tierärztliche Entscheidung voraus. Apotheker müssen im Beratungsgespräch auf die Rechtslage und Grenzen der Abgabe achten!
Zusammenfassung
§ 39 TAMG schreibt vor, dass Tierarzneimittel grundsätzlich nur entsprechend ihrer Zulassung angewendet werden dürfen. Die Ausnahme über die Umwidmungskaskade ist streng geregelt und bleibt tierärztlichen Entscheidungen vorbehalten. Anwendung nicht zugelassener, bedenklicher oder bei lebensmittelliefernden Tieren verbotener Stoffe ist untersagt. Für die Praxis heißt das: Gründliche Prüfung der Zulassung, konsequente Einhaltung der Vorgaben und bei Zweifeln Rücksprache mit dem Tierarzt!
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