§ 48

📖 Zum Gesetz

  1. Die folgenden Arzneimittel dürfen nur bei Vorliegen einer ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung oder einer tierärztlichen Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden:
  1. Arzneimittel, die durch Rechtsverordnung nach Absatz 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, bestimmte Stoffe, Zubereitungen aus Stoffen oder Gegenstände sind oder denen solche Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zugesetzt sind, sowie
  2. Arzneimittel, die a) Stoffe enthalten, deren Wirkungen in der medizinischen Wissenschaft nicht allgemein bekannt sind, b) Zubereitungen von Stoffen im Sinne des Buchstaben a enthalten oder c) Zubereitungen aus in ihren Wirkungen allgemein bekannten Stoffen sind, wenn aa) die Wirkungen dieser Zubereitungen weder in der medizinischen Wissenschaft allgemein bekannt noch nach Zusammensetzung, Dosierung, Darreichungsform oder Anwendungsgebiet der Zubereitung bestimmbar sind und bb) diese Zubereitungen nicht außerhalb der Apotheken abgegeben werden dürfen. Satz 1 Nummer 1 gilt nicht für die Abgabe durch Apotheken zur Ausstattung der Kauffahrteischiffe im Hinblick auf die Arzneimittel, die auf Grund seearbeitsrechtlicher Vorschriften für den Schutz der Gesundheit der Personen an Bord und deren unverzügliche angemessene medizinische Betreuung an Bord erforderlich sind. An die Stelle der Verschreibungspflicht nach Satz 1 Nummer 2 tritt mit der Aufnahme des betreffenden Stoffes oder der betreffenden Zubereitung in die Rechtsverordnung nach Absatz 2 Nummer 1 die Verschreibungspflicht nach der Rechtsverordnung.
  1. Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
  1. Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu bestimmen, bei denen die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 vorliegen,
  2. Stoffe, Zubereitungen aus Stoffen oder Gegenstände zu bestimmen, a) die die Gesundheit des Menschen auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch unmittelbar oder mittelbar gefährden können, wenn sie ohne ärztliche oder zahnärztliche Überwachung angewendet werden, oder b) die häufig in erheblichem Umfang nicht bestimmungsgemäß gebraucht werden, wenn dadurch die menschliche Gesundheit unmittelbar oder mittelbar gefährdet werden kann,
  3. die Verschreibungspflicht für Arzneimittel aufzuheben, wenn auf Grund der bei der Anwendung des Arzneimittels gemachten Erfahrungen die Voraussetzungen nach Nummer 2 nicht oder nicht mehr vorliegen, bei Arzneimitteln nach Nummer 1 kann frühestens drei Jahre nach Inkrafttreten der zugrunde liegenden Rechtsverordnung die Verschreibungspflicht aufgehoben werden,
  4. für Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen vorzuschreiben, dass sie nur abgegeben werden dürfen, wenn in der Verschreibung bestimmte Höchstmengen für den Einzel- und Tagesgebrauch nicht überschritten werden oder wenn die Überschreitung vom Verschreibenden ausdrücklich kenntlich gemacht worden ist,
  5. zu bestimmen, ob und wie oft ein Arzneimittel auf dieselbe Verschreibung wiederholt abgegeben werden darf,
  6. vorzuschreiben, dass ein Arzneimittel nur auf eine Verschreibung von Ärzten eines bestimmten Fachgebietes oder zur Anwendung in für die Behandlung mit dem Arzneimittel zugelassenen Einrichtungen abgegeben werden darf oder über die Verschreibung, Abgabe und Anwendung Nachweise geführt werden müssen,
  7. Vorschriften über die Form und den Inhalt der Verschreibung, einschließlich der Verschreibung in elektronischer Form, zu erlassen. Die Rechtsverordnungen nach Satz 1 Nummer 2 bis 7 werden nach Anhörungen von Sachverständigen erlassen, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel, die nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugelassen sind oder die solchen Arzneimitteln im Hinblick auf Wirkstoff, Indikation, Wirkstärke und Darreichungsform entsprechen. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 Nummer 7 kann für Arzneimittel, deren Verschreibung die Beachtung besonderer Sicherheitsanforderungen erfordert, vorgeschrieben werden, dass
  8. die Verschreibung nur auf einem amtlichen Formblatt, das von der zuständigen Bundesoberbehörde auf Anforderung eines Arztes entweder ausgegeben oder in elektronischer Form zur Verfügung gestellt wird, erfolgen darf,
  9. das Formblatt Angaben zur Anwendung sowie Bestätigungen enthalten muss, insbesondere zu Aufklärungspflichten über Anwendung und Risiken des Arzneimittels, und
  10. eine Durchschrift der Verschreibung durch die Apotheke an die zuständige Bundesoberbehörde zurückzugeben ist oder die in elektronischer Form erfolgte Verschreibung der Bundesoberbehörde als elektronische Kopie automatisiert übermittelt wird.
  1. Die Rechtsverordnung nach Absatz 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, kann auf bestimmte Dosierungen, Potenzierungen, Darreichungsformen, Fertigarzneimittel oder Anwendungsbereiche beschränkt werden. Ebenso kann eine Ausnahme von der Verschreibungspflicht für die Abgabe an Hebammen und Entbindungspfleger vorgesehen werden, soweit dies für eine ordnungsgemäße Berufsausübung erforderlich ist. Die Beschränkung auf bestimmte Fertigarzneimittel nach Satz 1 erfolgt, wenn gemäß Artikel 74a der Richtlinie 2001/83/EG die Aufhebung der Verschreibungspflicht auf Grund signifikanter vorklinischer oder klinischer Versuche erfolgt ist; dabei ist der nach Artikel 74a vorgesehene Zeitraum von einem Jahr zu beachten.

  2. (weggefallen)

  3. Die Rechtsverordnung ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, soweit es sich um radioaktive Arzneimittel und um Arzneimittel handelt, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet werden.

  4. (weggefallen)

Verschreibungspflicht für Arzneimittel: Grundlagen, Ausnahmen und Ausgestaltung

Paragraph 48 AMG regelt, welche Arzneimittel verschreibungspflichtig sind, wie diese Pflicht konkretisiert wird, wer Ausnahmen festlegen kann und wie das Verfahren der Festlegung über Rechtsverordnung abläuft. Im Alltag von Apotheker:innen ist diese Vorschrift elementar, da sie die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel direkt steuert.

Welche Arzneimittel sind verschreibungspflichtig?

Die Grundregel besagt: Bestimmte Arzneimittel dürfen nur bei Vorlage einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden.

Wesentlich sind dabei zwei Hauptgruppen:

  • Arzneimittel, die explizit durch Rechtsverordnung als verschreibungspflichtig bestimmt wurden (in der Regel umgesetzt über die Arzneimittelverschreibungsverordnung – AMVV).
  • Spezielle Arzneimittel, deren Wirkung nicht allgemein bekannt ist oder die besondere Risiken aufweisen; hier umfasst die Verschreibungspflicht:
    • Stoffe, deren Wirkung in der medizinischen Wissenschaft nicht allgemein bekannt ist.
    • Zubereitungen solcher Stoffe.
    • Zubereitungen allgemein bekannter Stoffe, wenn deren Wirkung oder Zusammensetzung unklar ist.

„Arzneimittel, die durch Rechtsverordnung nach Absatz 2, […] bestimmte Stoffe, Zubereitungen aus Stoffen oder Gegenstände sind […].“

Wer legt fest, was verschreibungspflichtig ist?

Hier ist die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) entscheidend. Das Ministerium wird durch § 48 Abs. 2 AMG ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsministerium und mit Zustimmung des Bundesrates Inhalte der Verschreibungspflicht durch eine Rechtsverordnung zu regeln. Praktisch geschieht das vor allem durch die AMVV.

Dabei kann festgelegt werden:

  • Welche Stoffe oder Zubereitungen verschreibungspflichtig sind.
  • Für welche Arzneimittel Ausnahmen oder Aufhebungen gelten.
  • Bei Bedarf können auch Höchstmengen, Wiederholungsabgaben oder Spezialanforderungen an Verschreibungen (z.B. amtliche Formulare) detailliert geregelt werden.
TipDie AMVV als zentrales Regelwerk

Die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) konkretisiert die Verschreibungspflicht nach § 48 AMG. Sie enthält Listen der verschreibungspflichtigen Stoffe und regelt die wichtigsten Ausnahmen sowie Modalitäten.

Gibt es Ausnahmen und Sonderregelungen?

Ja, der Gesetzestext sieht mehrere Ausnahmen und Sonderfälle vor:

  • Für Schiffe, die Arzneimittel zur medizinischen Betreuung an Bord benötigen, kann die Verschreibungspflicht entfallen.
  • Über Rechtsverordnung können für bestimmte Berufsgruppen, z. B. Hebammen, Ausnahmen festgelegt werden, wenn dies zur Berufsausübung erforderlich ist.
  • Für spezielle Arzneimittel, wie radioaktive Präparate, erfolgt die Abstimmung zusätzlich mit dem Umweltministerium.

„Ebenso kann eine Ausnahme von der Verschreibungspflicht für die Abgabe an Hebammen und Entbindungspfleger vorgesehen werden, soweit dies für eine ordnungsgemäße Berufsausübung erforderlich ist.“

„Die Rechtsverordnung ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, soweit es sich um radioaktive Arzneimittel […] handelt.“

Wie läuft die Ausgestaltung durch Verordnung ab?

Die Verschreibungspflicht wird also nicht ausschließlich direkt im AMG, sondern im Detail durch Rechtsverordnungen geregelt. Dabei kann festgelegt werden:

  • Bestimmte Arzneimittelgruppen oder Anwendungsbereiche (Dosierung, Darreichungsform) einzubeziehen oder auch hiervon auszunehmen.
  • Höchstmengen, die pro Verschreibung erlaubt sind.
  • Formvorschriften für Verschreibungen, z. B. bei Arzneimitteln mit besonders strengen Sicherheitsanforderungen (Sonderrezepte, elektronische Verschreibungen etc.).
  • Facharztbindung oder Abgabe nur in bestimmten Einrichtungen.

Vor Änderungen der Verordnung müssen Sachverständige angehört werden.

Konsequenzen bei Verstößen

Wer ein nach § 48 verschreibungspflichtiges Arzneimittel ohne gültige Verschreibung abgibt, handelt ordnungswidrig und kann nach § 96 AMG strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Dies ist ein zentrales Element des Arzneimittelrechts, das die Patientensicherheit schützt.

Zusammenfassung

  • Die Verschreibungspflicht schützt Patient:innen vor Risiken durch den unsachgemäßen Gebrauch bestimmter Arzneimittel.
  • Festgelegt wird sie im Detail durch die AMVV und weitere Rechtsverordnungen des BMG, das dazu ausdrücklich im AMG ermächtigt wird.
  • Ausnahmen können für Berufsausübende wie Hebammen und für Spezialfälle geregelt werden.
  • Verstöße gegen die Verschreibungspflicht sind strafbar und können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Wer als angehende Apothekerin bzw. angehender Apotheker mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu tun hat, muss diese Systematik sicher beherrschen. Die Kenntnis der AMVV und der geltenden Ausnahmen ist für den Berufsalltag unerlässlich.

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