§ 2
Im Sinne dieses Gesetzes ist 1. Krankheitserreger ein vermehrungsfähiges Agens (Virus, Bakterium, Pilz, Parasit) oder ein sonstiges biologisches transmissibles Agens, das bei Menschen eine Infektion oder übertragbare Krankheit verursachen kann, 2. Infektion die Aufnahme eines Krankheitserregers und seine nachfolgende Entwicklung oder Vermehrung im menschlichen Organismus, 3. übertragbare Krankheit eine durch Krankheitserreger oder deren toxische Produkte, die unmittelbar oder mittelbar auf den Menschen übertragen werden, verursachte Krankheit, 3a. bedrohliche übertragbare Krankheit eine übertragbare Krankheit, die auf Grund klinisch schwerer Verlaufsformen oder ihrer Ausbreitungsweise eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit verursachen kann, 4. Kranker eine Person, die an einer übertragbaren Krankheit erkrankt ist, 5. Krankheitsverdächtiger eine Person, bei der Symptome bestehen, welche das Vorliegen einer bestimmten übertragbaren Krankheit vermuten lassen, 6. Ausscheider eine Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein, 7. Ansteckungsverdächtiger eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein, 8. nosokomiale Infektion eine Infektion mit lokalen oder systemischen Infektionszeichen als Reaktion auf das Vorhandensein von Erregern oder ihrer Toxine, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer stationären oder einer ambulanten medizinischen Maßnahme steht, soweit die Infektion nicht bereits vorher bestand, 9. Schutzimpfung die Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, vor einer übertragbaren Krankheit zu schützen, 10. andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe die Gabe von Antikörpern (passive Immunprophylaxe) oder die Gabe von Medikamenten (Chemoprophylaxe) zum Schutz vor Weiterverbreitung bestimmter übertragbarer Krankheiten, 11. (weggefallen) 12. Gesundheitsschädling ein Tier, durch das Krankheitserreger auf Menschen übertragen werden können, 13. Sentinel-Erhebung eine epidemiologische Methode zur stichprobenartigen Erfassung der Verbreitung bestimmter übertragbarer Krankheiten und der Immunität gegen bestimmte übertragbare Krankheiten in ausgewählten Bevölkerungsgruppen, 14. Gesundheitsamt die nach Landesrecht für die Durchführung dieses Gesetzes bestimmte und mit einem Amtsarzt besetzte Behörde, 15. Einrichtung oder Unternehmen eine juristische Person, eine Personengesellschaft oder eine natürliche Person, in deren unmittelbarem Verantwortungsbereich natürliche Personen behandelt, betreut, gepflegt oder untergebracht werden, 15a. Leitung der Einrichtung a) die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die im Verantwortungsbereich einer Einrichtung durch diese mit den Aufgaben nach diesem Gesetz betraut ist oder sind, b) sofern eine Aufgabenübertragung nach Buchstabe a nicht erfolgt ist, die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die für die Geschäftsführung zuständig ist oder sind, oder c) sofern die Einrichtung von einer einzelnen natürlichen Person betrieben wird, diese selbst, 15b. Leitung des Unternehmens a) die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die im Verantwortungsbereich eines Unternehmens durch dieses mit den Aufgaben nach diesem Gesetz betraut ist oder sind, b) sofern eine Aufgabenübertragung nach Buchstabe a nicht erfolgt ist, die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die für die Geschäftsführung zuständig ist oder sind, oder c) sofern das Unternehmen von einer einzelnen natürlichen Person betrieben wird, diese selbst, 16. personenbezogene Angabe Name und Vorname, Geschlecht, Geburtsdatum, Anschrift der Hauptwohnung oder des gewöhnlichen Aufenthaltsortes und, falls abweichend, Anschrift des derzeitigen Aufenthaltsortes der betroffenen Person sowie, soweit vorliegend, Telefonnummer und E-Mail-Adresse, 17. Risikogebiet ein Gebiet außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, für das vom Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit einer bestimmten bedrohlichen übertragbaren Krankheit festgestellt wurde; die Einstufung als Risikogebiet erfolgt erst mit Ablauf des ersten Tages nach Veröffentlichung der Feststellung durch das Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse https://www.rki.de/risikogebiete.
Gesetzliche Definitionen als Fundament des Infektionsschutzrechts
§2 IfSG legt zentrale Begriffsbestimmungen fest, auf die sich alle weiteren Regelungen des Infektionsschutzgesetzes beziehen. Für die pharmazeutische Praxis ist ein genaues Verständnis dieser Begriffe essenziell, weil sie direkt Auswirkungen auf Meldepflichten, Beratungsaufgaben und Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung haben.
Wer oder was ist ein Krankheitserreger?
Krankheitserreger ist „ein vermehrungsfähiges Agens (Virus, Bakterium, Pilz, Parasit) oder ein sonstiges biologisches transmissibles Agens, das bei Menschen eine Infektion oder übertragbare Krankheit verursachen kann“
Also: Gemeint sind alle Mikroorganismen und weiteren Überträger, die Krankheiten hervorrufen können. Wichtig ist, dass prinzipiell auch neue oder bislang unbekannte (transmissible) Agenzien eingeschlossen sind. Damit ist die Definition offen für zukünftige Entdeckungen – für Praktiker ein entscheidender Punkt bei der Beurteilung neuer Infektionen.
Infektion und übertragbare Krankheit im Gesetzessinn
Infektion ist „die Aufnahme eines Krankheitserregers und seine nachfolgende Entwicklung oder Vermehrung im menschlichen Organismus“
Eine bloße Exposition gegenüber Erregern genügt nicht; entscheidend ist die Aufnahme und nachfolgende Entwicklung bzw. Vermehrung im Körper.
Übertragbare Krankheit ist „eine durch Krankheitserreger oder deren toxische Produkte, die unmittelbar oder mittelbar auf den Menschen übertragen werden, verursachte Krankheit“
Auch rein toxisch vermittelte Krankheitsbilder (z.B. Botulismus) werden erfasst, sofern der Toxinproduzent ein Krankheitserreger ist.
Klar abgegrenzt: Kranker, Krankheitsverdächtiger, Ausscheider & Ansteckungsverdächtiger
Das IfSG trifft feine Unterscheidungen, die im Meldewesen und bei Infektionsschutzmaßnahmen relevant werden:
- Kranker: Erkrankte Person mit nachweisbarer übertragbarer Krankheit
 - Krankheitsverdächtiger: Symptome, eine bestimmte übertragbare Krankheit wird vermutet, Diagnose ist aber (noch) nicht gesichert
 - Ausscheider: Gibt Krankheitserreger ab – ohne selbst krank zu sein
 - Ansteckungsverdächtiger: Hat Erreger vermutlich aufgenommen, ist aber (noch) nicht krank, nicht krankheitsverdächtig, und kein Ausscheider
 
Dadurch kann das Gesundheitsamt zielgerichtete Maßnahmen nur für betroffene Personengruppen ergreifen.
Spezielle Begriffe für die Praxis
Nosokomiale Infektion: „… Infektion … im zeitlichen Zusammenhang mit einer stationären oder ambulanten medizinischen Maßnahme …, soweit die Infektion nicht bereits vorher bestand“
Wichtig: Es muss keine Hospitalisierung erfolgt sein; auch ambulante Eingriffe zählen. Für Apotheken relevant bei Beratung über Hygiene und Prävention.
Schutzimpfung: „Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, vor einer übertragbaren Krankheit zu schützen“
Andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe: „Gabe von Antikörpern (passive Immunprophylaxe) oder … Medikamenten (Chemoprophylaxe) zum Schutz …“
Beide Begriffe sind für die Beratung zur Immunisierung und Prävention unerlässlich. Ein Impfstoff zielt auf die aktive Immunisierung, während z. B. Immunglobuline eine passive Immunisierung bewirken.
Gesundheitsschädling: „ein Tier, durch das Krankheitserreger auf Menschen übertragen werden können“
Praxisrelevant für Beratung zu Vektorenübertragung (z.B. Zecken, Mücken).
Behörden und Organisationen
Gesundheitsamt: „die nach Landesrecht … bestimmte und mit einem Amtsarzt besetzte Behörde“
Das Gesundheitsamt ist zentrale Meldestelle (z. B. im Rahmen der Meldepflicht nach IfSG) und erhebt, bewertet und steuert Maßnahmen auf kommunaler Ebene.
Sentinel-Erhebung: „epidemiologische Methode zur stichprobenartigen Erfassung … in ausgewählten Bevölkerungsgruppen“
Ein Instrument zur Überwachung und Bewertung von Erkrankungshäufigkeiten und Immunitätslagen, das häufig mit Apotheken zusammenarbeitet.
Einrichtungen, Unternehmen und personenbezogene Angaben
Einrichtung oder Unternehmen: „… in deren Verantwortungsbereich Personen behandelt, betreut, gepflegt oder untergebracht werden“
Relevant für Beratung zu Hygiene, Prophylaxe und Infektionsschutzmaßnahmen im Gesundheitswesen.
Personenbezogene Angabe: „Name, Vorname, Geschlecht, Geburtsdatum, …“
Diese Daten sind im Rahmen von Meldepflichten und Rückverfolgung zu erfassen und zu übermitteln.
Spezieller Sonderfall: Risikogebiet
Risikogebiet: „… Gebiet außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, für das … ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit einer bestimmten bedrohlichen übertragbaren Krankheit festgestellt wurde …“
Für Reisemedizin und Beratung in der Apotheke gilt: Stets aktuelle Listung des Robert Koch-Instituts beachten!
§2 IfSG liefert die verbindlichen Begriffsdefinitionen für Meldepflichten, Maßnahmen im Infektionsschutz, die Beratung zur Prophylaxe (Impfungen, Chemoprophylaxe, passiver Schutz), und Verantwortlichkeiten bei Ausbrüchen – ein klares Verständnis ist für die sichere Berufsausübung unerlässlich.
Zusammenfassung
§2 IfSG definiert die zentralen Begriffe für den gesamten weiteren Gesetzesvollzug. Im Alltag von Apotheker*innen bestimmen diese Definitionen, wer wann welchen Informationspflichten unterliegt, wie Infektionswege bewertet werden, und wie Präventionsmaßnahmen zu beraten sind. Wer den Wortlaut und Sinn der Begriffsbestimmungen versteht, kann den Anforderungen des Infektionsschutzgesetzes systematisch folgen und korrekt anwenden.
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