§ 31a

📖 Zum Gesetz

  1. Versicherte, die gleichzeitig mindestens drei verordnete Arzneimittel anwenden, haben Anspruch auf Erstellung und Aushändigung eines Medikationsplans in Papierform sowie auf Erstellung eines elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 durch einen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt. Das Nähere zu den Voraussetzungen des Anspruchs nach Satz 1 vereinbaren die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen als Bestandteil der Bundesmantelverträge. Jeder an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt ist verpflichtet, bei der Verordnung eines Arzneimittels den Versicherten, der einen Anspruch nach Satz 1 hat, über diesen Anspruch zu informieren. Ab dem Zeitpunkt, zu dem die elektronische Patientenakte gemäß § 342 Absatz 1 Satz 2 zur Verfügung steht, ist der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt nach Satz 1 verpflichtet, einen elektronischen Medikationsplan zu erstellen, soweit der Versicherte einen Anspruch nach Satz 1 hat und dem Zugriff des Arztes auf Daten nach § 342 Absatz 2a in der elektronischen Patientenakte gemäß § 353 Absatz 1 oder 2 nicht widersprochen hat.

  2. In dem Medikationsplan sind mit Anwendungshinweisen zu dokumentieren

  1. alle Arzneimittel, die dem Versicherten verordnet worden sind,
  2. Arzneimittel, die der Versicherte ohne Verschreibung anwendet, sowie
  3. Hinweise auf Medizinprodukte, soweit sie für die Medikation nach den Nummern 1 und 2 relevant sind. Den besonderen Belangen der blinden und sehbehinderten Patienten ist bei der Erläuterung der Inhalte des Medikationsplans Rechnung zu tragen.
  1. Der Arzt nach Absatz 1 Satz 1 hat den Medikationsplan zu aktualisieren, sobald er die Medikation ändert oder er Kenntnis davon erlangt, dass eine anderweitige Änderung der Medikation eingetreten ist. Auf Wunsch des Versicherten hat die Apotheke bei Abgabe eines Arzneimittels eine insoweit erforderliche Aktualisierung des Medikationsplans vorzunehmen. Ab dem 1. Januar 2019 besteht der Anspruch auf Aktualisierung über den Anspruch nach Satz 1 hinaus gegenüber jedem an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt sowie nach Satz 2 gegenüber der abgebenden Apotheke, wenn der Versicherte gegenüber dem Arzt oder der abgebenden Apotheke den Zugriff auf den elektronischen Medikationsplan nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 erlaubt. Hierzu haben Apotheken sich bis zum 30. September 2020 an die Telematikinfrastruktur nach § 291a Absatz 7 Satz 1 anzuschließen. Die Aktualisierungen nach Satz 3 sind im elektronischen Medikationsplan nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 zu speichern, sofern der Versicherte dies wünscht.

(3a) Ab dem Zeitpunkt, zu dem die elektronische Patientenakte gemäß § 342 Absatz 1 Satz 2 zur Verfügung steht, sind die nach Absatz 3 Satz 3 an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte sowie die abgebenden Apotheken nach Absatz 3 Satz 2 verpflichtet, den Medikationsplan nach Absatz 1 Satz 1 zu aktualisieren und diese Aktualisierungen nach Absatz 3 Satz 5 im elektronischen Medikationsplan zu speichern, soweit der Versicherte dem Zugriff des Arztes oder der abgebenden Apotheke auf Daten nach § 342 Absatz 2a in der elektronischen Patientenakte nicht gemäß § 353 Absatz 1 oder 2 widersprochen hat.

(3b) Bei der Angabe von Fertigarzneimitteln sind im Medikationsplan neben der Arzneimittelbezeichnung insbesondere auch die Wirkstoffbezeichnung, die Darreichungsform und die Wirkstärke des Arzneimittels anzugeben. Hierfür sind einheitliche Bezeichnungen zu verwenden, die in der Referenzdatenbank nach § 31b zur Verfügung gestellt werden.

  1. Inhalt, Struktur und die näheren Vorgaben zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans sowie ein Verfahren zu seiner Fortschreibung vereinbaren die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Bundesärztekammer und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker auf Bundesebene im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Den auf Bundesebene für die Wahrnehmung der Interessen der Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Organisationen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

  2. Von den Regelungen dieser Vorschrift bleiben regionale Modellvorhaben nach § 63 unberührt.

Anspruch und praktische Bedeutung des Medikationsplans

Mit diesem Paragraphen wird für gesetzlich Versicherte ein klarer Anspruch geregelt: Wer mindestens drei verordnete Arzneimittel gleichzeitig einnimmt, hat das Recht auf die Erstellung und Aushändigung eines Medikationsplans – sowohl in Papierform als auch (mit Einführung der elektronischen Patientenakte) digital.

Versicherte, die gleichzeitig mindestens drei verordnete Arzneimittel anwenden, haben Anspruch auf Erstellung und Aushändigung eines Medikationsplans

Voraussetzungen für den Anspruch

  • Es müssen mindestens drei verordnete Medikamente eingenommen werden.
  • Der Anspruch bezieht sich nicht nur auf Papier, sondern perspektivisch auch auf einen elektronischen Medikationsplan.
  • Die Rahmenbedingungen und Details zur Anspruchsberechtigung legen Kassenärztliche Bundesvereinigung und Spitzenverband Bund der Krankenkassen fest.

Aufgaben und Pflichten von Ärzten und Apothekern

  • Ärzte bei der vertragsärztlichen Versorgung sind verpflichtet,

    • bei der Verordnung eines Arzneimittels „den Versicherten […] über diesen Anspruch zu informieren“,
    • den Medikationsplan zu erstellen und
    • bei Änderungen sofort zu aktualisieren (z.B. bei neuer Verordnung oder Bekanntwerden einer anderen Änderung).
  • Apotheken übernehmen auf Wunsch der Patientin oder des Patienten die Aktualisierung des bestehenden Medikationsplans bei Abgabe eines Arzneimittels. Sie müssen hierzu technisch an die Telematikinfrastruktur angebunden sein.

  • Bei aktivierter elektronischer Patientenakte greift eine Pflicht zur elektronischen Aktualisierung und Speicherung durch Arzt und Apotheke, sofern der Versicherte den Zugriff nicht verweigert.

TipZentrale Praxisregel

Eine Aktualisierung des Medikationsplans ist immer dann vorzunehmen, wenn sich die Medikation ändert. Auch Apotheken sind verpflichtet, dies umzusetzen, sofern der Patient dies wünscht. Ein Zugriff auf den elektronischen Medikationsplan ist nur bei ausdrücklicher Zustimmung des Versicherten möglich.

Inhalt und Ausgestaltung des Medikationsplans

Im Medikationsplan werden folgende Informationen verbindlich dokumentiert:

  1. Alle verordneten Arzneimittel,
  2. Arzneimittel, die ohne Verschreibung eingenommen werden,
  3. Medizinprodukte, sofern sie für die Medikation relevant sind.

In dem Medikationsplan sind mit Anwendungshinweisen zu dokumentieren 1. alle Arzneimittel, die dem Versicherten verordnet worden sind, 2. Arzneimittel, die der Versicherte ohne Verschreibung anwendet, sowie 3. Hinweise auf Medizinprodukte, soweit sie für die Medikation […] relevant sind.

Ergänzt wird der Plan durch Anwendungshinweise. Besondere Anforderungen gibt es bei der Erläuterung für blinde und sehbehinderte Menschen.

Anforderungen an die Dokumentation

  • Für Fertigarzneimittel sind Arzneimittelbezeichnung, Wirkstoffbezeichnung, Darreichungsform und Wirkstärke zwingend anzugeben. Diese Begriffe müssen einheitlich verwendet werden (Verweis auf die Referenzdatenbank nach § 31b).
  • Die Struktur, Form und Aktualisierungsregeln des Medikationsplans legen die zentralen Organisationen von Ärzten und Apothekern auf Bundesebene gemeinsam fest, Patientenorganisationen werden beteiligt.

Technische und organisatorische Umsetzung

Mit Einführung der elektronischen Patientenakte geht die Pflicht über, die Pläne in elektronischer Form zu führen sowie Zugriffs- und Aktualisierungsrechte klar und datenschutzkonform zu verwalten. Apotheken müssen ab 2020 an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sein.

Sonderregelungen

Regionale Modellvorhaben (§ 63 SGB V) bleiben von diesen Vorgaben unberührt. Das betrifft z. B. Pilotprojekte zur Arzneimittelversorgung in einzelnen Bundesländern.

Zusammenfassung

Versicherte mit mindestens drei regelmäßig verordneten Arzneimitteln erhalten einen umfassenden Anspruch auf einen strukturierten Medikationsplan. Ärzte sind für Erstellung und regelmäßige Aktualisierung verantwortlich, Apotheken bei Bedarf auf Wunsch der Patienten. Inhalte, Formate und Prozesse sind klar geregelt – mit Fokus auf patientenorientierter, nachvollziehbarer und stets aktueller Dokumentation, zunehmend unter Einbindung elektronischer Systeme. Damit soll die Arzneimitteltherapiesicherheit spürbar verbessert werden.

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