§ 34

📖 Zum Gesetz

  1. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:
  1. versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
  2. versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen. Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
  3. Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
  4. Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
  5. Abführmittel,
  6. Arzneimittel gegen Reisekrankheit. Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.
  1. Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

  2. Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

  3. Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

  4. (weggefallen)

  5. Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

Einschränkungen und Ausschlüsse bei der Arzneimittelverordnung in der GKV – Fokus auf „Lifestyle-Arzneimittel“ und nicht-verschreibungspflichtige Mittel

Paragraph 34 SGB V legt zahlreiche Ausschlüsse und spezifische Ausnahmen für die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fest. Ziel ist, unwirtschaftliche Verordnungen und eine Kostenübernahme von vor allem sogenannten Lifestyle-Arzneimitteln oder Arzneimitteln mit geringem medizinischen Nutzen auszuschließen. Nachfolgend findest du die wichtigsten Regelungen anschaulich und praxisrelevant aufbereitet.

Grundsatz: Ausschluss nicht-verschreibungspflichtiger Arzneimittel

Nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel („OTC-Präparate“) sind grundsätzlich von der GKV-Erstattung ausgenommen:

Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen.

Die Folge: Diese Präparate dürfen in der Regel nicht zulasten der GKV verordnet werden.

Ausnahmen für besondere Patientengruppen und Indikationen

Versorgung von Kindern und Jugendlichen

Der strikte Ausschluss gilt nicht für zwei besondere Versichertengruppen:

  • Versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr
  • Versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen

Hier dürfen nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel weiterhin zulasten der GKV verordnet werden.

Ausnahme bei schwerwiegenden Erkrankungen

Für Erwachsene kann ausnahmsweise eine Verordnung nicht-verschreibungspflichtiger Arzneimittel erfolgen, wenn:

  • Diese Arzneimittel bei einer schwerwiegenden Erkrankung als Therapiestandard gelten und
  • Der Vertragsarzt eine Begründung dokumentiert.

Welche Mittel im Einzelfall dafür in Frage kommen, legt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) fest und hält eine fortlaufend aktualisierte Liste bereit.

Besondere Ausschlussliste für verbreitete Indikationen (z.B. Erkältung, Abführmittel, Reisekrankheit)

Unabhängig vom Verschreibungsstatus sind für Erwachsene auch bestimmte verschreibungspflichtige Arzneimittel ausgeschlossen, wenn sie für die aufgeführten Indikationen verordnet werden:

  1. Mittel gegen Erkältungskrankheiten (inklusive Schnupfen-, Schmerz-, Hustenmittel)
  2. Mund- und Rachentherapeutika (nur bei Pilzinfektionen zulässig)
  3. Abführmittel
  4. Reisekrankheit-Mittel

Diese konkret benannten Arzneigruppen werden in der GKV regelmäßig nicht erstattet, außer im Rahmen der jeweiligen Ausnahmeregel.

Ausschluss sogenannter „Lifestyle-Arzneimittel“

Die GKV übernimmt grundsätzlich keine Arzneimittel, deren Hauptzweck eine Steigerung der Lebensqualität ist, etwa zur:

  • Behandlung der erektilen Dysfunktion
  • Steigerung der sexuellen Potenz
  • Raucherentwöhnung
  • Abmagerung oder Appetitzügelung
  • Regulierung des Körpergewichts
  • Verbesserung des Haarwuchses

Hier steht nicht die Behandlung einer Krankheit, sondern die Lebensqualitätssteigerung im Vordergrund.

TipAusnahme: Tabakentwöhnung bei schwerer Abhängigkeit

Versicherte mit schwerer Tabakabhängigkeit haben einmalig Anspruch auf Arzneimittel zur Tabakentwöhnung – allerdings nur im Rahmen eines evidenzbasierten Programms und frühestens drei Jahre nach Abschluss einer vorangegangenen Behandlung erneut.

Sonderregelungen: Besondere Therapierichtungen & Hilfsmittel

  • Für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen (z.B. Homöopathie, Phytotherapie, Anthroposophie) muss der besonderen Wirkweise Rechnung getragen werden.
  • Hilfsmittel mit geringem oder umstrittenem Nutzen können per Verordnung aus der GKV-Erstattung ausgeschlossen werden (z.B. bestimmte Alltagshilfen oder billige Hilfsmittel). Ausnahmen gelten für die Versorgung Minderjähriger mit Hörgeräten.

Verfahrensregelungen: Aufnahme von Arzneimitteln

Pharmazeutische Unternehmer haben die Möglichkeit, beim G-BA Anträge zu stellen, damit bestimmte Arzneimittel in die erstattungsfähige Liste aufgenommen werden. Die Ablehnung solcher Anträge muss auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhen. Fristen und Verfahrensdetails sind im Gesetz geregelt.

Übersicht wichtiger Ausschlüsse und Ausnahmen

Gruppe Grundsatz: Erstattung? Ausnahme
Nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel Nein Ja, bei Kindern/Jugendlichen oder bestimmten schweren Erkrankungen mit Begründung
Verschreibungspflichtige Mittel bei Erkältung etc. Nein Ja, selten, bei Ausnahmeindikationen (z.B. Pilzinfektionen)
Lifestyle-Arzneimittel Nein Ja, speziell Tabakentwöhnung bei schwerer Abhängigkeit

Zusammenfassung

§ 34 SGB V regelt, dass zahlreiche Arzneimittelgruppen von der Erstattung durch die GKV ausgeschlossen sind, um Ressourceneinsatz zu steuern und Missbrauch zu verhindern. Nicht-verschreibungspflichtige Mittel sind in der Regel ebenso ausgeschlossen wie die meisten „Lifestyle“-Präparate, mit wenigen klar definierten Ausnahmen – insbesondere für Kinder, Jugendliche, schwerwiegende Erkrankungen und evidenzbasierte Tabakentwöhnung. Die Details und Listen zu erstattungsfähigen Ausnahmen veröffentlicht und aktualisiert fortlaufend der G-BA. Für die Praxis in der Apotheke und die pharmazeutische Prüfung ist ein sicherer Umgang mit diesen Regelungen essenziell.

Feedback

Melde uns Fehler und Verbesserungsvorschläge zur aktuellen Seite über dieses Formular. Vielen Dank ❤️