§ 20c

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  1. Eine Einrichtung, die Gewebe oder Gewebezubereitungen, die nicht mit industriellen Verfahren be- oder verarbeitet werden und deren wesentliche Be- oder Verarbeitungsverfahren in der Europäischen Union hinreichend bekannt sind, be- oder verarbeiten, konservieren, prüfen, lagern oder in den Verkehr bringen will, bedarf abweichend von § 13 Abs. 1 einer Erlaubnis der zuständigen Behörde nach den folgenden Vorschriften. Dies gilt auch im Hinblick auf Gewebe oder Gewebezubereitungen, deren Be- oder Verarbeitungsverfahren neu, aber mit einem bekannten Verfahren vergleichbar sind. Die Entscheidung über die Erteilung der Erlaubnis trifft die zuständige Behörde des Landes, in dem die Betriebsstätte liegt oder liegen soll, im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde.

  2. Die Erlaubnis darf nur versagt werden, wenn

  1. eine Person mit der erforderlichen Sachkenntnis und Erfahrung nach Absatz 3 (verantwortliche Person nach § 20c) nicht vorhanden ist, die dafür verantwortlich ist, dass die Gewebezubereitungen und Gewebe im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften be- oder verarbeitet, konserviert, geprüft, gelagert oder in den Verkehr gebracht werden,
  2. weiteres mitwirkendes Personal nicht ausreichend qualifiziert ist,
  3. geeignete Räume und Einrichtungen für die beabsichtigten Tätigkeiten nicht vorhanden sind,
  4. nicht gewährleistet ist, dass die Be- oder Verarbeitung einschließlich der Kennzeichnung, Konservierung und Lagerung sowie die Prüfung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik vorgenommen werden,
  5. ein Qualitätsmanagementsystem nach den Grundsätzen der Guten fachlichen Praxis nicht eingerichtet worden ist oder nicht auf dem neuesten Stand gehalten wird oder
  6. die verantwortliche Person nach § 20c oder der Antragsteller die zur Ausübung ihrer oder seiner Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Abweichend von Satz 1 Nummer 3 kann außerhalb der Betriebsstätte die Prüfung der Gewebe und Gewebezubereitungen in beauftragten Betrieben, die keiner eigenen Erlaubnis bedürfen, durchgeführt werden, wenn bei diesen hierfür geeignete Räume und Einrichtungen vorhanden sind und gewährleistet ist, dass die Prüfung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erfolgt und die verantwortliche Person nach § 20c ihre Verantwortung wahrnehmen kann.
  1. Der Nachweis der erforderlichen Sachkenntnis der verantwortlichen Person nach § 20c wird erbracht durch das Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Humanmedizin, Biologie, Biochemie oder einem als gleichwertig anerkannten Studium abgelegte Prüfung sowie eine mindestens zweijährige praktische Tätigkeit auf dem Gebiet der Be- oder Verarbeitung von Geweben oder Gewebezubereitungen. Für Einrichtungen, die ausschließlich Gewebe oder Gewebezubereitungen prüfen, kann der Nachweis der praktischen Tätigkeit nach Satz 1 auch durch eine mindestens zweijährige praktische Tätigkeit auf dem Gebiet der Prüfung und Be- oder Verarbeitung von Geweben oder Gewebezubereitungen erbracht werden.

  2. Bei Beanstandungen der vorgelegten Unterlagen ist dem Antragsteller Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht abgeholfen, so ist die Erteilung der Erlaubnis zu versagen. Die Erlaubnis wird für eine bestimmte Betriebsstätte und für bestimmte Gewebe oder Gewebezubereitungen erteilt.

  3. Die zuständige Behörde hat eine Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Erlaubnis innerhalb einer Frist von drei Monaten zu treffen. Beantragt ein Erlaubnisinhaber die Änderung der Erlaubnis, so hat die Behörde die Entscheidung innerhalb einer Frist von einem Monat zu treffen. In Ausnahmefällen verlängert sich die Frist um weitere zwei Monate. Der Antragsteller ist hiervon vor Fristablauf unter Mitteilung der Gründe in Kenntnis zu setzen. Gibt die Behörde dem Antragsteller nach Absatz 4 Satz 1 Gelegenheit, Mängeln abzuhelfen, so werden die Fristen bis zur Behebung der Mängel oder bis zum Ablauf der nach Absatz 4 Satz 1 gesetzten Frist gehemmt. Die Hemmung beginnt mit dem Tag, an dem dem Antragsteller die Aufforderung zur Behebung der Mängel zugestellt wird.

  4. Der Inhaber der Erlaubnis hat jede Änderung einer der in Absatz 2 genannten Angaben unter Vorlage der Nachweise der zuständigen Behörde vorher anzuzeigen und darf die Änderung erst vornehmen, wenn die zuständige Behörde eine schriftliche Erlaubnis erteilt hat. Bei einem unvorhergesehenen Wechsel der verantwortlichen Person nach § 20c hat die Anzeige unverzüglich zu erfolgen.

  5. Die Erlaubnis ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass einer der Versagungsgründe nach Absatz 2 bei der Erteilung vorgelegen hat. Ist einer dieser Versagungsgründe nachträglich eingetreten, so ist die Erlaubnis zu widerrufen; an Stelle des Widerrufs kann auch das Ruhen der Erlaubnis angeordnet werden. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend. Die zuständige Behörde kann vorläufig anordnen, dass die Be- oder Verarbeitung von Gewebe oder Gewebezubereitungen eingestellt wird, wenn der Be- oder Verarbeiter die für die Be- oder Verarbeitung zu führenden Nachweise nicht vorlegt. Wird die Be- oder Verarbeitung von Geweben oder Gewebezubereitungen eingestellt, hat der Be- oder Verarbeiter dafür zu sorgen, dass noch gelagerte Gewebezubereitungen und Gewebe weiter qualitätsgesichert gelagert und auf andere Hersteller, Be- oder Verarbeiter oder Vertreiber mit einer Erlaubnis nach Absatz 1 oder § 13 Abs. 1 übertragen werden. Das gilt auch für die Daten und Angaben über die Be- oder Verarbeitung, die für die Rückverfolgung dieser Gewebezubereitungen und Gewebe benötigt werden.

Erlaubnispflicht für Einrichtungen im Umgang mit Geweben und Gewebezubereitungen (AMG § 20c)

Grundlegender Anwendungsbereich

§ 20c AMG regelt die speziellen Voraussetzungen für Betriebe und Einrichtungen, die Gewebe oder Gewebezubereitungen (z. B. Transplantate, Zellpräparate) in nicht-industriellem Maßstab in den Verkehr bringen bzw. bearbeiten, prüfen, lagern oder konservieren wollen. Hierfür wird eine behördliche Erlaubnis benötigt.

Die Vorschrift gilt für Prozesse, „deren wesentliche Be- oder Verarbeitungsverfahren in der Europäischen Union hinreichend bekannt sind“ oder für vergleichbare neue Verfahren. Die zuständige Behörde des jeweiligen Bundeslandes trifft die Entscheidung im Benehmen mit der Bundesoberbehörde.

Voraussetzungen für die Erlaubniserteilung

Eine Erlaubnis erhält eine Einrichtung grundsätzlich, sofern kein zwingender Versagungsgrund vorliegt. Die wichtigsten Versagungsgründe sind:

  1. Fehlende verantwortliche Person (§ 20c): Es muss mindestens eine Person mit nachgewiesener fachlicher Eignung und Erfahrung zur Verfügung stehen, die verantwortlich für die Einhaltung aller geltenden Vorgaben ist.
  2. Nicht ausreichend qualifiziertes Personal.
  3. Ungeeignete Räume/Einrichtungen: Die strukturellen Voraussetzungen für Be- oder Verarbeitung, Lagerung etc. müssen dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen.
  4. Fehlendes Qualitätsmanagement: Es muss ein Qualitätsmanagementsystem nach den Grundsätzen der „Guten fachlichen Praxis“ existieren und gepflegt werden.
  5. Nicht vorhandene Zuverlässigkeit: Die verantwortliche Person wie auch der Antragsteller müssen „die zur Ausübung ihrer Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit“ besitzen.

Abweichend von Satz 1 Nummer 3 kann außerhalb der Betriebsstätte die Prüfung der Gewebe und Gewebezubereitungen in beauftragten Betrieben, die keiner eigenen Erlaubnis bedürfen, durchgeführt werden, wenn bei diesen hierfür geeignete Räume und Einrichtungen vorhanden sind und gewährleistet ist, dass die Prüfung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erfolgt und die verantwortliche Person nach § 20c ihre Verantwortung wahrnehmen kann.

Qualifikation der verantwortlichen Person

Die fachliche Eignung („Sachkenntnis“) wird durch ein Hochschulstudium in Humanmedizin, Biologie oder Biochemie sowie eine mindestens zweijährige praktische Tätigkeit im relevanten Bereich nachgewiesen. Für Einrichtungen, die ausschließlich prüfen, genügt die zweijährige Praxis im Prüfwesen.

Behördliches Verfahren und Fristen

Die Behörde muss über den Erlaubnisantrag innerhalb von drei Monaten entscheiden. Änderungen an der Erlaubnis sind innerhalb eines Monats zu bescheiden. In Ausnahmefällen kann die Frist um zwei Monate verlängert werden.

Bei fehlerhaften Unterlagen bekommt der Antragsteller „Gelegenheit … Mängeln abzuhelfen“. Solange Mängelbeseitigung läuft, wird der Ablauf der Entscheidungsfrist gehemmt.

Pflichten während des Betriebs

Wesentliche Änderungen (z. B. Wechsel der verantwortlichen Person, Änderungen der Räumlichkeiten) müssen der Behörde mit Nachweisen vorab angezeigt und von dieser genehmigt werden. Bei unvorhersehbarem Wechsel der verantwortlichen Person ist die Anzeige „unverzüglich“ nachzuholen.

Konsequenzen bei nachträglichem Eintreten von Versagungsgründen

Die Erlaubnis ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass einer der Versagungsgründe […] bei der Erteilung vorgelegen hat. Ist einer dieser Versagungsgründe nachträglich eingetreten, so ist die Erlaubnis zu widerrufen.

Zur Wahrung der Produktsicherheit kann die Behörde vorläufig die Einstellung der Tätigkeit anordnen, etwa wenn Nachweispflichten nicht erfüllt werden. Der Betrieb muss dann für eine sichere Lagerung und ggf. Übertragung der Gewebe an andere Erlaubnisinhaber sowie für die Rückverfolgbarkeit sorgen.

TipWesentliche Prüfungs- und Praxisaspekte

Die Regelungen des § 20c AMG dienen der Sicherstellung fachlich-qualitativer Mindeststandards und der Rückverfolgbarkeit im Umgang mit Geweben. Sie betreffen explizit die verantwortliche Person, den Betrieb, die Fachpersonalqualifikation, die Qualitätssicherung und die Meldepflichten an die Behörde. Sicherheit, Sachkenntnis und Transparenz stehen im Mittelpunkt – zentral für spätere Prüfungen und jede pharmazeutische Berufsausübung.

Zusammenfassung

§ 20c AMG verpflichtet nicht-industrielle Einrichtungen zur behördlichen Erlaubnis für alle zentralen Prozesse mit Geweben und Gewebezubereitungen. Fachlich qualifizierte Leitung, Fortbestehen eines wirksamen Qualitätsmanagementsystems und die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben sind zwingend. Änderungen, Mängel und Versagungsgründe sind unverzüglich anzuzeigen bzw. zu beheben – andernfalls drohen Betriebsuntersagung, Widerruf oder Rücknahme der Erlaubnis.

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