§ 6
- Namentlich ist zu melden:
 
- der Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie der Tod in Bezug auf die folgenden Krankheiten: a) Botulismus, b) Cholera, c) Diphtherie, d) humane spongiforme Enzephalopathie, außer familiär-hereditärer Formen, e) akute Virushepatitis, f) enteropathisches hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS), g) virusbedingtes hämorrhagisches Fieber, h) Keuchhusten, i) Masern, j) Meningokokken-Meningitis oder -Sepsis, k) Milzbrand, l) Mumps, m) Pest, n) Poliomyelitis, o) Röteln einschließlich Rötelnembryopathie, p) Tollwut, q) Typhus abdominalis oder Paratyphus, r) Windpocken, s) zoonotische Influenza, t) Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), u) durch Orthopockenviren verursachte Krankheiten, 1a. die Erkrankung und der Tod in Bezug auf folgende Krankheiten: a) behandlungsbedürftige Tuberkulose, auch wenn ein bakteriologischer Nachweis nicht vorliegt, b) Clostridioides-difficile-Infektion mit klinisch schwerem Verlauf; ein klinisch schwerer Verlauf liegt vor, wenn aa) der Erkrankte zur Behandlung einer ambulant erworbenen Clostridioides-difficile-Infektion in eine medizinische Einrichtung aufgenommen wird, bb) der Erkrankte zur Behandlung der Clostridioides-difficile-Infektion oder ihrer Komplikationen auf eine Intensivstation verlegt wird, cc) ein chirurgischer Eingriff, zum Beispiel Kolektomie, auf Grund eines Megakolons, einer Perforation oder einer refraktären Kolitis erfolgt oder dd) der Erkrankte innerhalb von 30 Tagen nach der Feststellung der Clostridioides-difficile-Infektion verstirbt und die Infektion als direkte Todesursache oder als zum Tode beitragende Erkrankung gewertet wurde,
 - der Verdacht auf und die Erkrankung an einer mikrobiell bedingten Lebensmittelvergiftung oder an einer akuten infektiösen Gastroenteritis, wenn a) eine Person betroffen ist, die eine Tätigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 ausübt, b) zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird,
 - der Verdacht einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung,
 - die Verletzung eines Menschen durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder -ansteckungsverdächtiges Tier sowie die Berührung eines solchen Tieres oder Tierkörpers,
 - der Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie der Tod, in Bezug auf eine bedrohliche übertragbare Krankheit, die nicht bereits nach den Nummern 1 bis 4 meldepflichtig ist. Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 1, 3 bis 8, § 9 Absatz 1, 2, 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen.
 
Dem Gesundheitsamt ist über die Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe i hinaus zu melden, wenn Personen an einer subakuten sklerosierenden Panenzephalitis infolge einer Maserninfektion erkranken oder versterben. Dem Gesundheitsamt ist über die Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a Buchstabe a hinaus zu melden, wenn Personen, die an einer behandlungsbedürftigen Lungentuberkulose erkrankt sind, eine Behandlung verweigern oder abbrechen. Die Meldung nach den Sätzen 1 und 2 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 1, § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen.
Nichtnamentlich ist das Auftreten von zwei oder mehr nosokomialen Infektionen zu melden, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird. Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 1, 3 oder 5, § 10 Absatz 1 zu erfolgen.
Überblick und Relevanz für die Apothekenpraxis
§ 6 IfSG legt fest, welche Krankheiten und gesundheitsbezogenen Ereignisse als meldepflichtig gelten. Diese Meldungen dienen dazu, Ausbrüche und Infektionsketten frühzeitig zu erkennen, gezielt Gegenmaßnahmen einzuleiten und die Bevölkerung zu schützen. Für Apotheker:innen ist speziell das Wissen um die Meldepflichten essenziell, um im Beratungsgespräch bei Verdachtsfällen korrekt reagieren, Patienten bei Verdachtsfällen gezielt weiterleiten und zur Sensibilisierung beitragen zu können.
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Was muss gemeldet werden?
Im Wesentlichen unterscheidet § 6 IfSG zwei Meldearten: namentliche und nichtnamentliche Meldungen.
Namentliche Meldung (§ 6 Abs. 1 & 2)
Hierzu zählen:
- Der Verdacht, die Erkrankung sowie der Tod bei bestimmten, klar definierten Infektionskrankheiten wie etwa Masern, COVID-19, Diphtherie, Meningokokken-Meningitis, Tollwut oder Poliomyelitis (siehe Liste im Gesetzestext).
 - Behandlungsbedürftige Tuberkulose muss auch dann gemeldet werden, wenn ein bakteriologischer Nachweis fehlt.
 - Clostridioides-difficile-Infektion ist bei klinisch schwerem Verlauf meldepflichtig, z. B. bei intensivstationärer Behandlung oder Todesfolge.
 - Lebensmittelvergiftungen/Gastroenteritiden sind zu melden, wenn Betroffene in bestimmten Lebensmittelberufen arbeiten (§ 42 Abs. 1 IfSG) oder ein epidemischer Zusammenhang unter mehreren Fällen vermutet wird.
 - Über das übliche Maß hinausgehende Impfreaktionen und Verletzungen durch tollwutverdächtige Tiere.
 
der Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie der Tod in Bezug auf die folgenden Krankheiten …
Besondere Nachmeldungen sind erforderlich, wenn nach Maserninfektion eine subakute sklerosierende Panenzephalitis oder bei Lungentuberkulose ein Therapieabbruch/-verweigerung auftritt.
Nichtnamentliche Meldung (§ 6 Abs. 3)
Nichtnamentlich ist das Auftreten von zwei oder mehr nosokomialen Infektionen zu melden, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird.
Dies betrifft z. B. Ausbrüche von Krankenhausinfektionen, ohne personenbezogene Angaben.
Einordnung: Praxisrelevanz in der Apotheke
Für Apotheken sind folgende Aspekte zentral:
- Richtige Einordnung meldepflichtiger Krankheiten: Apotheker:innen müssen erkennen, wann bei bestimmten Symptomen an eine meldepflichtige Erkrankung gedacht werden muss (z. B. bei plötzlichem Keuchhustenverdacht).
 - Unterstützung beim Meldeprozess: Zwar melden primär behandelnde Ärzt:innen, Apotheken nehmen jedoch oft eine Frühwarnfunktion ein – insbesondere bei seltenen oder ausgerottet geglaubten Krankheiten (wie Tollwut, Poliomyelitis).
 - Relevanz bei Beratungen: Für Impfempfehlungen, Reiseberatungen, Fragen zu Infektionsprävention und Umgang mit Kontaktpersonen ist fundiertes Wissen um die Liste meldepflichtiger Krankheiten unerlässlich.
 
Eine Auswahl der wichtigsten meldepflichtigen Krankheiten und deren Bedeutung:
| Erkrankung | Praxisbedeutung | Meldeanlass | 
|---|---|---|
| Masern, Röteln, Windpocken | Hinweis auf Ausbruchsgefahr, Prävention durch Impfung | Verdacht, Erkrankung, Tod | 
| Hepatitis A, B, C, E | Beratung zu Hygiene und Ansteckung | Verdacht, Erkrankung, Tod | 
| COVID-19 | Hohe Relevanz in der Beratung, Absonderung | Verdacht, Erkrankung, Tod | 
| Tuberkulose | Früherkennung, Beratung zu Therapieadhärenz | Erkrankung, Tod | 
| Tollwut | Sofortmaßnahmen nach Tierkontakt, Impfung | Verletzung/ Kontakt mit Tier | 
| Clostridioides-difficile | Beratung bei schweren Durchfallserkrankungen | nur bei klinisch schwerem Verlauf | 
| Meningokokken | Erhöhte Gefahr für Komplikationen | Verdacht, Erkrankung, Tod | 
| Mikrobenbedingte Lebensmittelinfektion | Prävention bei Personal in Lebensmittelberufen | bei epidemischem Zusammenhang | 
Besondere Regelungen und berufsrelevante Hinweise
- Die Meldepflicht richtet sich i.d.R. an Ärzt:innen, teils aber auch an andere Berufsgruppen – das heißt aber nicht, dass das Wissen darum in Apotheken irrelevant ist!
 - Besondere Bedeutung haben Situationen, in denen mehrere Fälle (epidemischer Zusammenhang) oder ungewöhnlich schwere Verläufe auftreten.
 - Nichtnamentliche Meldungen betreffen typischerweise Krankenhäuser, sind aber für die Beratung und Risikoabschätzung im Rahmen von Nachfragen in der Offizin bedeutsam.
 
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Das Wissen um die Meldepflicht nach § 6 IfSG ist ein wichtiger Grundpfeiler für infektionsbezogene Beratung und Patientensicherheit in der Apotheke. Nur so können Beratungsgespräche gezielt geführt, infektionspräventive Maßnahmen empfohlen und ggf. auf weiteres ärztliches Vorgehen hingewiesen werden.
Zusammenfassung
§ 6 IfSG definiert verbindlich, bei welchen Krankheiten und gesundheitlichen Ereignissen ein Verdacht, eine Erkrankung oder ein Todesfall dem Gesundheitsamt (i. d. R. namentlich) gemeldet werden muss. Diese Meldepflichten unterstützen die öffentliche Gesundheitsüberwachung und haben für Apotheker:innen praktische Bedeutung – sowohl in der Beratung als auch im Umgang mit Verdachtsfällen bei Kund:innen. Besonders wichtig ist es, Krankheitsbilder zu erkennen, die einer Meldepflicht unterliegen, und beratend tätig zu sein, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.
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