§ 21
Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.
Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die
- auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind, 1a. Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4, 1b. andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln a) als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder b) als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder c) in unveränderter Form abgefüllt werden, 1c. antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt, 1d. Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen, 1e. Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind, 1f. medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden, 1g. als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
 - zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
 - unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.
 
(2a) (weggefallen)
Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.
Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.
Grundstruktur und Zweck des § 21 AMG
§ 21 AMG regelt die grundsätzliche Zulassungspflicht für Fertigarzneimittel im deutschen Arzneimittelrecht. Das Ziel ist der Schutz der öffentlichen Gesundheit, indem sichergestellt wird, dass nur behördlich geprüfte, sichere und wirksame Arzneimittel in Verkehr gebracht werden. Die Vorschrift definiert gleichzeitig zahlreiche Ausnahmen, für die keine Zulassung erforderlich ist.
Zulassungspflicht für Fertigarzneimittel
Im Grundsatz gilt:
Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind […]
Das bedeutet: In Deutschland dürfen Fertigarzneimittel in der Regel nur mit behördlicher Zulassung oder einer EU-Genehmigung verkauft und abgegeben werden. Die behördliche Zuständigkeit liegt beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI), abhängig vom Arzneimitteltyp.
Alternativ kann eine zentralisierte EU-Zulassung nach Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 bestehen; diese gilt für bestimmte Arzneimittel (insbesondere Biopharmazeutika, Orphan Drugs, innovative Präparate).
Ausnahmen von der Zulassungspflicht
Absatz 2 listet im Detail auf, wann keine Zulassung nötig ist. Diese Ausnahmen betreffen vor allem Individual- und Sonderanfertigungen, die nicht für den allgemeinen Markt bestimmt sind.
Nachfolgend eine tabellarische Übersicht der wichtigsten Ausnahmefälle mit Beispielen:
| Ausnahmefall | Praxisbeispiel | 
|---|---|
| Herstellung auf häufige ärztl./zahnärztl. Verschreibung | Rezeptur in der Apotheke (bis 100 Packungen/Tag) | 
| Arzneimittel menschlicher Herkunft für Einzelpersonen | Autologe Impfstoffe, individuell hergestellte Seren | 
| Zytostatikazubereitung, parenterale Ernährung etc. | Infusionslösung, Blistern von Medikamenten | 
| Notfallpräparate bei Epidemien | Spezielle antivirale Mittel im Pandemiefall | 
| Gewebezubereitungen mit Genehmigungspflicht (§ 21a) | Stammzellpräparate | 
| Heilwasser, Peloide, Baden vor Ort | Abfüllung von Heilwasser direkt an der Quelle | 
| Medizinische Gase | Sauerstoff für Patienten nach Kennzeichnung | 
| Therapieallergene für Einzelpat. nach Rezeptur | Spezifische Pollenmischung für Allergietherapie | 
| Arzneimittel für klinische Prüfungen | Studienpräparate | 
| Kostenlose Anwendung bei schwerkranken/lbsl. Patienten | Compassionate Use Programme | 
Einige zentrale Aspekte dazu:
- Die meisten der aufgeführten Ausnahmen greifen nur unter engen Voraussetzungen: beispielsweise dürfen Rezeptur-Arzneimittel ausschließlich auf ärztliche Verschreibung und in begrenztem Umfang gefertigt werden.
 - Für bestimmte Arzneimittel menschlichen Ursprungs und Gewebezubereitungen gelten spezifische, eigene Genehmigungsverfahren (z.B. §§ 21a, 42 AMG).
 
Verfahren und Zuständigkeit für Zulassungsanträge
Wer ein Fertigarzneimittel in Verkehr bringen will, muss die Zulassung beantragen. Dafür ist grundsätzlich der pharmazeutische Unternehmer verantwortlich.
Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen.
Bei von Apotheken (oder sonstigen Einzelhändlern) nach standardisierten Vorschriften hergestellten Arzneimitteln muss stattdessen der Herausgeber dieser Vorschrift, oder – bei gemeinsamer Herstellung unter gleichem Namen – der Hersteller selbst die Zulassung beantragen.
Entscheidung über die Zulassungspflicht im Zweifelsfall
Kommt es zu Unklarheiten, ob ein Präparat der Zulassungspflicht unterliegt, entscheidet die zuständige Bundesoberbehörde – und zwar auch unabhängig von einem Zulassungsantrag, auf Antrag einer Landesbehörde. Die Landesbehörde muss dabei eine fachlich begründete Stellungnahme einreichen.
Für den Apothekenalltag bedeutet § 21 AMG: Fertigarzneimittel dürfen grundsätzlich nur nach behördlicher Zulassung abgegeben werden. Die in Abs. 2 aufgeführten Ausnahmen sind häufige Regelungen für Rezepturen, spezielle Eigenanfertigungen, besondere Einzelfälle und Notfallsituationen – sie erlauben Praxisnähe und Flexibilität im Patientenschutz. Alle übrigen Arzneimittel sind zulassungspflichtig.
Zusammenfassung
§ 21 AMG begründet die allgemeine Zulassungspflicht für Fertigarzneimittel, schützt PatientInnen durch klare Qualitätsprüfungen und behördliche Kontrolle und schafft durch gezielte Ausnahmen praxisgerechte Flexibilität, insbesondere für Apotheken und individuelle Therapien. Alle beteiligten Akteure (Apotheken, pharmazeutische Unternehmen, Behörden) haben hierbei genau definierte Rollen und Zuständigkeiten.
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