§ 12

📖 Zum Gesetz

  1. Betäubungsmittel dürfen vorbehaltlich des Absatzes 2 nicht abgegeben werden:
  1. auf eine Verschreibung, a) die nach den §§ 1 bis 4 oder § 7 Abs. 2 für den Abgebenden erkennbar nicht ausgefertigt werden durfte, b) bei deren Ausfertigung eine Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2, des § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 oder des § 9 nicht beachtet wurde, c) die bei Vorlage vor mehr als sieben Tagen ausgefertigt wurde oder d) die mit dem Buchstaben “K” oder “N” gekennzeichnet ist;
  2. auf eine Verschreibung für den Stationsbedarf, den Notfallbedarf und den Rettungsdienstbedarf, a) die nach den §§ 1 bis 4, § 7 Abs. 1 oder § 10 Abs. 3 für den Abgebenden erkennbar nicht ausgefertigt werden durfte oder b) bei deren Ausfertigung eine Vorschrift des § 10 Abs. 1 oder des § 11 nicht beachtet wurde;
  3. auf eine Verschreibung nach § 8 Abs. 6, die a) nicht nach Satz 2 gekennzeichnet ist oder b) vor mehr als einem Tag ausgefertigt wurde;
  4. auf eine Verschreibung nach § 5 Absatz 8, wenn sie nicht in Einzeldosen und in kindergesicherter Verpackung konfektioniert sind.
  1. Bei Verschreibungen und Verschreibungen für den Stationsbedarf, den Notfallbedarf und den Rettungsdienstbedarf, die einen für den Abgebenden erkennbaren Irrtum enthalten, unleserlich sind oder den Vorschriften nach § 9 Abs. 1 oder § 11 Abs. 1 nicht vollständig entsprechen, ist der Abgebende berechtigt, nach Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt Änderungen vorzunehmen. Angaben nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 oder § 11 Abs. 1 Nr. 1 können durch den Abgebenden geändert oder ergänzt werden, wenn der Überbringer der Verschreibung oder der Verschreibung für den Stationsbedarf, den Notfallbedarf und den Rettungsdienstbedarf diese Angaben nachweist oder glaubhaft versichert oder die Angaben anderweitig ersichtlich sind. Auf Verschreibungen oder Verschreibungen für den Stationsbedarf, den Notfallbedarf und den Rettungsdienstbedarf, bei denen eine Änderung nach Satz 1 nicht möglich ist, dürfen die verschriebenen Betäubungsmittel oder Teilmengen davon abgegeben werden, wenn der Überbringer glaubhaft versichert oder anderweitig ersichtlich ist, daß ein dringender Fall vorliegt, der die unverzügliche Anwendung des Betäubungsmittels erforderlich macht. In diesen Fällen hat der Apothekenleiter den Verschreibenden unverzüglich über die erfolgte Abgabe zu benachrichtigen; die erforderlichen Korrekturen auf der Verschreibung oder Verschreibung für den Stationsbedarf, den Notfallbedarf und den Rettungsdienstbedarf sind unverzüglich vorzunehmen. Änderungen und Ergänzungen nach den Sätzen 1 und 2, Rücksprachen nach den Sätzen 1 und 4 sowie Abgaben nach Satz 3 sind durch den Abgebenden auf den Teilen I und II, durch den Verschreibenden, außer im Falle des Satzes 2, auf Teil III der Verschreibung oder der Verschreibung für den Stationsbedarf, den Notfallbedarf und den Rettungsdienstbedarf zu vermerken. Für die Verschreibung von Diamorphin gelten die Sätze 2 bis 4 nicht.

  2. Der Abgebende hat auf Teil I der Verschreibung oder der Verschreibung für den Stationsbedarf, den Notfallbedarf und den Rettungsdienstbedarf folgende Angaben dauerhaft zu vermerken:

  1. Name und Anschrift der Apotheke,
  2. Abgabedatum und
  3. Namenszeichen des Abgebenden.
  1. Der Apothekenleiter hat Teil I der Verschreibungen und Verschreibungen für den Stationsbedarf, den Notfallbedarf und den Rettungsdienstbedarf nach Abgabedaten oder nach Vorgabe der zuständigen Landesbehörde geordnet drei Jahre aufzubewahren und auf Verlangen dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder der nach § 19 Abs. 1 Satz 3 des Betäubungsmittelgesetzes zuständigen Landesbehörde einzusenden oder Beauftragten dieser Behörden vorzulegen. Teil II ist zur Verrechnung bestimmt. Die Sätze 1 und 2 gelten im Falle der Abgabe von Diamorphin für den Verantwortlichen für Betäubungsmittel des pharmazeutischen Unternehmers entsprechend.

  2. Der Tierarzt darf aus seiner Hausapotheke Betäubungsmittel nur zur Anwendung bei einem von ihm behandelten Tier und nur unter Einhaltung der für das Verschreiben geltenden Vorschriften der §§ 1 und 4 Absatz 1 abgeben.

Gültigkeit und Abgabe von Betäubungsmittelverschreibungen – Voraussetzungen, Korrekturen und Sonderregelungen

§ 12 BtMVV regelt die Grundlagen für die Abgabe von Betäubungsmitteln in der Apotheke. Im Fokus stehen dabei klare Vorgaben zur Gültigkeit der Verschreibung, zu den erforderlichen Dokumentationen, sowie zu Korrekturen und Ausnahmeregelungen bei Fehlern oder Notfällen.

Verschreibungen: Wann dürfen Betäubungsmittel abgegeben werden?

Betäubungsmittelabgabe darf nur erfolgen, wenn die Verschreibung und ihr Ausstellungszeitpunkt den Vorgaben der BtMVV entsprechen. Andernfalls ist die Abgabe ausgeschlossen.

Einige wichtige ausschließende Gründe:

  • Die Verschreibung wurde erkennbar nicht nach den §§ 1–4 oder § 7 Abs. 2 ausgestellt (z.B. fehlende ärztliche Berechtigung oder formelle Verstöße).

  • Es wurden zwingende Formvorschriften aus § 7 Abs. 1 Satz 2, § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 oder § 9 nicht eingehalten, z.B. fehlen Pflichtangaben oder Unterschrift.

  • Die Verschreibung ist bei Vorlage älter als 7 Tage.

    Verschreibungen sind bei Vorlage „vor mehr als sieben Tagen ausgefertigt“ ungültig.

  • Die Verschreibung ist mit “K” oder “N” (Klinik/Notfallextrakte) gekennzeichnet.

  • Für den Stations-, Notfall- oder Rettungsdienstbedarf bestehen analoge Anforderungen; zusätzliche Spezialvorschriften sind § 10 und § 11 zu entnehmen.

  • Für bestimmte Ausnahmesituationen (z.B. nach § 8 Abs. 6 oder § 5 Abs. 8) gibt es spezielle Vorgaben für die Kennzeichnung, die Verpackung und den Zeitrahmen.

Fehler, Korrekturrechte und Notfälle

Apotheken können fehlerhafte oder unvollständige Verschreibungen ausnahmsweise korrigieren, um die Arzneimittelversorgung sicherzustellen.

  • Liegt ein erkennbarer Irrtum oder Unleserlichkeit vor, ist die Apotheke berechtigt, nach Rücksprache mit dem Arzt (oder Zahnarzt, Tierarzt) Änderungen vorzunehmen.

    „Der Abgebende ist berechtigt, nach Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt […] Änderungen vorzunehmen.“

  • Bestimmte Angaben (nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 oder § 11 Abs. 1 Nr. 1) dürfen ergänzt oder geändert werden, wenn der Überbringer diese nachweist, glaubhaft macht oder wenn die Angabe aus anderen Quellen ersichtlich ist.

  • Kann die Rücksprache nicht erfolgen, aber ein dringender Fall wird vom Überbringer glaubhaft gemacht (z.B. lebensbedrohliche Situation), darf die Abgabe erfolgen. In so einem Notfall:

    „[…] wenn der Überbringer glaubhaft versichert oder anderweitig ersichtlich ist, daß ein dringender Fall vorliegt, der die unverzügliche Anwendung des Betäubungsmittels erforderlich macht.“

  • Nach jeder Änderung, Korrektur oder Notfallabgabe gilt Dokumentationspflicht: Änderungen müssen auf beiden Verschreibungsteilen durch Abgebenden (und, soweit möglich, auch durch den Arzt auf Teil III) dokumentiert werden.

  • Für Diamorphinverschreibungen gelten besondere Regeln: Hier dürfen keine Nothilfekorrekturen nach den genannten Sätzen vorgenommen werden.

TipNotfallklausel in der Praxis

Im Ausnahmefall kann die Abgabe eines Betäubungsmittels auch ohne vollständige formale Richtigkeit der Verschreibung erfolgen, wenn ein dringender Fall glaubhaft dargelegt und die Gesundheit des Patienten gefährdet ist. Die Apotheke muss den verschreibenden Arzt unverzüglich informieren und den Vorgang exakt dokumentieren.

Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten

Sobald eine Betäubungsmittelverschreibung beliefert wird, muss die Apotheke dauerhaft auf Teil I vermerken:

  1. Name und Anschrift der Apotheke
  2. Abgabedatum
  3. Namenszeichen des Abgebenden

Apothekenleiter müssen Teil I der Verschreibung für 3 Jahre (geordnet nach Datum oder behördlicher Vorgabe) aufbewahren und auf Anforderung an die zuständigen Behörden weitergeben bzw. vorlegen.

Teil II ist „zur Verrechnung“ – er muss entsprechend weiterverarbeitet werden.

Für Diamorphinverschreibungen sind die Verantwortlichen der pharmazeutischen Unternehmen entsprechend verpflichtet.

Sonderregel: Abgabe durch Tierärztinnen und Tierärzte

Tierärzte dürfen Betäubungsmittel aus ihrer eigenen Apotheke ausschließlich zur Anwendung bei selbst behandelten Tieren abgeben – und müssen sich ebenfalls an die relevanten Verschreibungs-Vorschriften halten.

Zusammenfassung

§ 12 BtMVV ist ein zentrales Regelwerk zur Sicherstellung einer gesetzeskonformen und nachvollziehbaren Abgabe von Betäubungsmitteln. Nur formell und inhaltlich korrekte Verschreibungen sind abgabefähig; bei Fehlern sind Korrekturen möglich, müssen aber dokumentiert und – abgesehen von echten Notfällen – mit dem Arzt rückgesprochen werden. Im Notfall steht die Patientenversorgung im Vordergrund, ehe die formale Nachbesserung erfolgt. Alle Schritte sind sorgfältig zu dokumentieren und die Verschreibungsteile ordnungsgemäß aufzubewahren.

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