§ 11a
- Der pharmazeutische Unternehmer ist verpflichtet, den folgenden Personen auf Anforderung für Fertigarzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen oder davon freigestellt sind und die für den Verkehr außerhalb der Apotheken nicht freigegeben sind, eine Gebrauchsinformation für Fachkreise (Fachinformation) zur Verfügung zu stellen:
 
- Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten und Apothekern sowie
 - anderen Personen, die die Heilkunde oder Zahnheilkunde berufsmäßig ausüben, wenn es sich um nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel handelt. Die Fachinformation muss die Überschrift “Fachinformation” tragen und folgende Angaben in gut lesbarer Schrift in Übereinstimmung mit der im Rahmen der Zulassung genehmigten Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels und in der nachstehenden Reihenfolge enthalten:
 - die Bezeichnung des Arzneimittels, gefolgt von der Stärke und der Darreichungsform;
 - qualitative und quantitative Zusammensetzung nach Wirkstoffen und den sonstigen Bestandteilen, deren Kenntnis für eine zweckgemäße Verabreichung des Mittels erforderlich ist, unter Angabe der gebräuchlichen oder chemischen Bezeichnung; § 10 Abs. 6 findet Anwendung;
 - Darreichungsform;
 - klinische Angaben: a) Anwendungsgebiete, b) Dosierung und Art der Anwendung bei Erwachsenen und, soweit das Arzneimittel zur Anwendung bei Kindern bestimmt ist, bei Kindern, c) Gegenanzeigen, d) besondere Warn- und Vorsichtshinweise für die Anwendung und bei immunologischen Arzneimitteln alle besonderen Vorsichtsmaßnahmen, die von Personen, die mit immunologischen Arzneimitteln in Berührung kommen und von Personen, die diese Arzneimittel Patienten verabreichen, zu treffen sind, sowie von dem Patienten zu treffenden Vorsichtsmaßnahmen, soweit dies durch Auflagen der zuständigen Bundesoberbehörde nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a angeordnet oder auf Grund von § 7 des Anti-Doping-Gesetzes oder durch Rechtsverordnung vorgeschrieben ist, e) Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln oder anderen Mitteln, soweit sie die Wirkung des Arzneimittels beeinflussen können, f) Verwendung bei Schwangerschaft und Stillzeit, g) Auswirkungen auf die Fähigkeit zur Bedienung von Maschinen und zum Führen von Kraftfahrzeugen, h) Nebenwirkungen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch, i) Überdosierung: Symptome, Notfallmaßnahmen, Gegenmittel;
 - pharmakologische Eigenschaften: a) pharmakodynamische Eigenschaften, b) pharmakokinetische Eigenschaften, c) vorklinische Sicherheitsdaten;
 - pharmazeutische Angaben: a) Liste der sonstigen Bestandteile, b) Hauptinkompatibilitäten, c) Dauer der Haltbarkeit und, soweit erforderlich, die Haltbarkeit bei Herstellung einer gebrauchsfertigen Zubereitung des Arzneimittels oder bei erstmaliger Öffnung des Behältnisses, d) besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung, e) Art und Inhalt des Behältnisses, f) besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung von angebrochenen Arzneimitteln oder der davon stammenden Abfallmaterialien, um Gefahren für die Umwelt zu vermeiden;
 - Inhaber der Zulassung;
 - Zulassungsnummer;
 - Datum der Erteilung der Zulassung oder der Verlängerung der Zulassung;
 - Datum der Überarbeitung der Fachinformation. In die Fachinformation ist ein Standardtext aufzunehmen, durch den die Angehörigen von Gesundheitsberufen ausdrücklich aufgefordert werden, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung an die zuständige Bundesoberbehörde zu melden, wobei die Meldung in jeder Form, insbesondere auch elektronisch, erfolgen kann. Für Arzneimittel, die sich auf der Liste gemäß Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 befinden, muss ferner folgende Erklärung aufgenommen werden: „Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung.“ Dieser Erklärung muss ein schwarzes Symbol vorangehen und ein geeigneter standardisierter erläuternder Text nach Artikel 23 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 folgen. Weitere Angaben, die nicht durch eine Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorgeschrieben oder bereits nach dieser Verordnung zulässig sind, sind zulässig, wenn sie mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen und den Angaben nach Satz 2 nicht widersprechen; sie müssen von den Angaben nach Satz 2 deutlich abgesetzt und abgegrenzt sein. Satz 1 gilt nicht für Arzneimittel, die nach § 21 Abs. 2 einer Zulassung nicht bedürfen oder nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind. Der Inhaber der Zulassung ist verpflichtet, die Fachinformation auf dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zu halten, zu dem auch die Schlussfolgerungen aus Bewertungen und die Empfehlungen gehören, die auf dem nach Artikel 26 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 eingerichteten europäischen Internetportal für Arzneimittel veröffentlicht werden. Die nach den Sätzen 3 und 5 erforderlichen Standardtexte werden von der zuständigen Bundesoberbehörde im Bundesanzeiger bekannt gemacht.
 
(1a) Bei Sera ist auch die Art des Lebewesens, aus dem sie gewonnen sind, bei Virusimpfstoffen das Wirtssystem, das zur Virusvermehrung gedient hat, und bei Arzneimitteln aus humanem Blutplasma zur Fraktionierung das Herkunftsland des Blutplasmas anzugeben.
(1b) Bei radioaktiven Arzneimitteln sind ferner die Einzelheiten der internen Strahlungsdosimetrie, zusätzliche detaillierte Anweisungen für die extemporane Zubereitung und die Qualitätskontrolle für diese Zubereitung sowie, soweit erforderlich, die Höchstlagerzeit anzugeben, während der eine Zwischenzubereitung wie ein Eluat oder das gebrauchsfertige Arzneimittel seinen Spezifikationen entspricht.
(1c) Bei Arzneimitteln, die der Verschreibungspflicht nach § 48 unterliegen, ist auch der Hinweis “Verschreibungspflichtig”, bei Betäubungsmitteln der Hinweis “Betäubungsmittel”, bei sonstigen Arzneimitteln, die nur in Apotheken an Verbraucher abgegeben werden dürfen, der Hinweis “Apothekenpflichtig” anzugeben; bei Arzneimitteln, die einen Stoff oder eine Zubereitung nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 enthalten, ist eine entsprechende Angabe zu machen.
(1d) Für Zulassungen von Arzneimitteln nach § 24b können Angaben nach Absatz 1 entfallen, die sich auf Anwendungsgebiete, Dosierungen oder andere Gegenstände eines Patents beziehen, die zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens noch unter das Patentrecht fallen.
Der pharmazeutische Unternehmer ist verpflichtet, die Änderungen der Fachinformation, die für die Therapie relevant sind, den Fachkreisen in geeigneter Form zugänglich zu machen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann, soweit erforderlich, durch Auflage bestimmen, in welcher Form die Änderungen allen oder bestimmten Fachkreisen zugänglich zu machen sind.
Ein Muster der Fachinformation und geänderter Fassungen ist der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich zu übersenden, soweit nicht das Arzneimittel von der Zulassung freigestellt ist.
Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 kann bei Arzneimitteln, die ausschließlich von Angehörigen der Heilberufe verabreicht werden, auch durch Aufnahme der Angaben nach Absatz 1 Satz 2 in der Packungsbeilage erfüllt werden. Die Packungsbeilage muss mit der Überschrift “Gebrauchsinformation und Fachinformation” versehen werden.
Fachinformation: Pflicht und Praxis für pharmazeutische Unternehmer
§ 11a AMG regelt die Bereitstellung und den Inhalt der Fachinformation für Fertigarzneimittel. Für Pharmaziestudierende und angehende Apothekerinnen ist das Verständnis zentral, da die Fachinformation eine zentrale Informationsquelle für Ärztinnen und Apotheker*innen ist und über die Packungsbeilage hinausgeht.
Wem muss die Fachinformation bereitgestellt werden?
Die Fachinformation muss auf Anforderung insbesondere folgenden Gruppen zur Verfügung gestellt werden:
- Ärztinnen, Zahnärztinnen, Tierärztinnen, Apothekerinnen
 - Andere Heilberuflerinnen (z.B. Heilpraktikerinnen) bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln
 
Sie gilt für alle zugelassenen oder zulassungsfreien (aber apothekenpflichtigen) Fertigarzneimittel, sofern sie nicht für den freien Verkauf (außerhalb der Apotheke) bestimmt sind.
Was enthält die Fachinformation?
Die Fachinformation ist strukturiert aufgebaut und orientiert sich an der im Zulassungsverfahren genehmigten Zusammenfassung der Arzneimittelmerkmale (SmPC). Sie muss stets die Überschrift „Fachinformation“ tragen.
Im Unterschied zur Packungsbeilage richtet sich die Fachinformation ausdrücklich an Fachkreise und enthält weitergehende Informationen, wie etwa Notfallmaßnahmen bei Überdosierung oder vertiefte Angaben zu pharmakologischen Eigenschaften.
Zentrale Inhalte sind unter anderem:
- Bezeichnung des Arzneimittels mit Stärke und Darreichungsform
 - Zusammensetzung qualitativ und quantitativ (alle relevanten Wirk- und Hilfsstoffe)
 - Darreichungsform und Zulassungsdaten
 - Klinische Angaben:
- Anwendungsgebiete
 - Dosierung und Anwendung (inkl. Kinder)
 - Gegenanzeigen
 - Warn- und Vorsichtshinweise
 - Wechselwirkungen
 - Verwendung bei Schwangerschaft/Stillzeit
 - Nebenwirkungen
 - Überdosierung: Symptome, Notfallmaßnahmen, Gegenmittel
 
 - Pharmakologische Eigenschaften
- Pharmakodynamik: Wirkmechanismus und Wirkung im Körper
 - Pharmakokinetik: Absorption, Verteilung, Metabolismus, Ausscheidung
 - Vorklinische Sicherheitsdaten
 
 - Pharmakodynamik: Wirkmechanismus und Wirkung im Körper
 - Pharmazeutische Angaben
- Hauptinkompatibilitäten, Haltbarkeit, Aufbewahrungshinweise, Hinweise zur Entsorgung
 
 
Die Fachinformation muss zudem Angaben zu Zulassungsinhaber, Zulassungsnummer, Zulassungsdaten und Datum der Überarbeitung enthalten.
Zusatzangaben für spezielle Arzneimittel
Bestimmte Arzneimittelgruppen erfordern zusätzliche Angaben:
- Bei Sera: Herkunft des Lebewesens
 - Bei Virusimpfstoffen: Verwendetes Wirtssystem
 - Bei Arzneimitteln aus Blutplasma: Herkunftsland
 - Bei radioaktiven Arzneimitteln: Strahlendosimetrie, spezielle Zubereitungshinweise und Höchstlagerzeiten
 
Auch Hinweise wie „Verschreibungspflichtig“, „Betäubungsmittel“ oder „Apothekenpflichtig“ müssen aufgenommen werden, je nach Einstufung des Mittels.
Bezug zur Packungsbeilage
Im Unterschied zur Packungsbeilage, die verständlich für Laien formuliert ist und auf das für den Patienten Wesentliche beschränkt bleibt, geht die Fachinformation in die Tiefe – z.B. durch Notfallmaßnahmen, Hinweise für medizinisches Personal zur Handhabung, detaillierte Wechselwirkungen und Angaben zu präklinischen Untersuchungen.
| Packungsbeilage | Fachinformation | |
|---|---|---|
| Zielgruppe | Patient*innen | Ärztinnen, Apothekerinnen, Fachkreise | 
| Sprache | Laienverständlich | Fachlich, detailliert | 
| Tiefe | Grundlegende Infos | Ausführliche Hintergrund- und Notfallinfos | 
Nebenwirkungsmeldung und Überwachung
Ein besonders wichtiger Abschnitt beschäftigt sich mit der Pharmakovigilanz:
In die Fachinformation ist ein Standardtext aufzunehmen, durch den die Angehörigen von Gesundheitsberufen ausdrücklich aufgefordert werden, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung an die zuständige Bundesoberbehörde zu melden […]
Damit wird die aktive Mitwirkung der Fachkreise an der Arzneimittelsicherheit gesetzlich gefordert. Außerdem ist bei bestimmten (EU-überwachten) Arzneimitteln standardisiert anzugeben:
„Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung.“
Diese Information wird immer mit einem schwarzen Symbol und erklärendem Text versehen.
Die Fachinformation ist das rechtlich verbindliche Referenzdokument für die korrekte Anwendung eines Arzneimittels im klinischen Alltag. Sie dient Fachkreisen als Entscheidungsgrundlage bei Beratung, Therapie und Risikoabschätzung – insbesondere dann, wenn es um spezielle Patientengruppen, seltene Nebenwirkungen oder Notfälle geht.
Aktualisierung und Verfügbarkeit
Der Zulassungsinhaber ist verpflichtet:
- Die Fachinformation stets aktuell zu halten (wissenschaftlicher Kenntnisstand, neue Empfehlungen und Bewertungen).
 - Änderungen, die für die Therapie relevant sind, zeitnah den Fachkreisen zugänglich zu machen.
 - Muster und Änderungen der Fachinformation der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich zu übermitteln.
 
Sonderregelungen
- Ausnahme: Keine Pflicht für Arzneimittel, die nicht der Zulassungspflicht unterliegen oder nach homöopathischer Technik hergestellt sind.
 - Für Arzneimittel, die ausschließlich von Heilberuflern verabreicht werden, kann die Fachinformation auch in der Gebrauchsinformation enthalten sein. Dann muss die Packungsbeilage klar als „Gebrauchsinformation und Fachinformation“ gekennzeichnet sein.
 - Patentgeschützte Angaben dürfen ggf. zurückgehalten werden.
 
Zusammenfassung
Die Fachinformation bietet Ärztinnen und Apothekerinnen umfassende und detaillierte Informationen zur sicheren, wirksamen und verantwortungsvollen Anwendung von Arzneimitteln. Sie geht weit über die Patient*inneninformationen hinaus und sichert so eine rechtssichere, pharmakologisch und toxikologisch fundierte Arzneimittelanwendung. Die aktive Mitwirkung beim Nebenwirkungsmonitoring und die kontinuierliche Aktualisierung garantieren zudem ein hohes Maß an Arzneimittelsicherheit.
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