§ 29

📖 Zum Gesetz

  1. Der Antragsteller hat der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung entsprechender Unterlagen unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen nach den §§ 22 bis 24a und 25b ergeben. Die Verpflichtung nach Satz 1 hat nach Erteilung der Zulassung der Inhaber der Zulassung zu erfüllen.

(1a) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich alle Verbote oder Beschränkungen durch die zuständigen Behörden jedes Landes, in dem das betreffende Arzneimittel in Verkehr gebracht wird, sowie alle anderen neuen Informationen mitzuteilen, die die Beurteilung des Nutzens und der Risiken des betreffenden Arzneimittels beeinflussen könnten. Zu diesen Informationen gehören sowohl positive als auch negative Ergebnisse von klinischen Prüfungen oder anderen Studien, die sich nicht nur auf die in der Zulassung genannten, sondern auf alle Indikationen und Bevölkerungsgruppen beziehen können, sowie Angaben über eine Anwendung des Arzneimittels, die über die Bestimmungen der Zulassung hinausgeht. Er hat auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde auch alle Angaben und Unterlagen vorzulegen, die belegen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis weiterhin günstig zu bewerten ist. Die zuständige Bundesoberbehörde kann jederzeit die Vorlage einer Kopie der Pharmakovigilanz-Stammdokumentation verlangen. Diese hat der Inhaber der Zulassung spätestens sieben Tage nach Zugang der Aufforderung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für den Parallelimporteur.

(1b) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde den Zeitpunkt für das Inverkehrbringen des Arzneimittels unter Berücksichtigung der unterschiedlichen zugelassenen Darreichungsformen und Stärken unverzüglich mitzuteilen.

(1c) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde nach Maßgabe des Satzes 2 anzuzeigen, wenn das Inverkehrbringen des Arzneimittels vorübergehend oder endgültig eingestellt wird. Die Anzeige hat spätestens zwei Monate vor der Einstellung des Inverkehrbringens zu erfolgen. Dies gilt nicht, wenn Umstände vorliegen, die der Inhaber der Zulassung nicht zu vertreten hat.

(1d) Der Inhaber der Zulassung hat alle Daten im Zusammenhang mit der Absatzmenge des Arzneimittels sowie alle ihm vorliegenden Daten im Zusammenhang mit dem Verschreibungsvolumen mitzuteilen, sofern die zuständige Bundesoberbehörde dies insbesondere aus Gründen der Arzneimittelsicherheit fordert.

(1e) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde die in dem Verfahren nach Artikel 107c Absatz 4, 5 oder 6 der Richtlinie 2001/83/EG geänderten Stichtage oder Intervalle für die Vorlage von regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten anzuzeigen. Etwaige Änderungen des in der Zulassung angegebenen Stichtags oder des Intervalls auf Grund von Satz 1 werden sechs Monate nach ihrer Veröffentlichung über das europäische Internetportal wirksam.

(1f) Der Inhaber der Zulassung ist verpflichtet, die zuständige Bundesoberbehörde und die Europäische Arzneimittel-Agentur zu informieren, falls neue oder veränderte Risiken bestehen oder sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Arzneimitteln geändert hat.

(1g) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich die Gründe für das vorübergehende oder endgültige Einstellen des Inverkehrbringens, den Rückruf, den Verzicht auf die Zulassung oder die Nichtbeantragung der Verlängerung der Zulassung mitzuteilen. Er hat insbesondere zu erklären, ob die Maßnahme nach Satz 1 auf einem der Gründe des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, 4 oder Nummer 5, § 30 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder § 69 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 oder Nummer 5 beruht. Die Mitteilung nach Satz 1 hat auch dann zu erfolgen, wenn die Maßnahme in einem Drittland getroffen wird und auf einem der in Satz 2 genannten Gründe beruht. Beruht eine Maßnahme nach Satz 1 oder Satz 3 auf einem der in Satz 2 genannten Gründe, hat der Inhaber der Zulassung dies darüber hinaus der Europäischen Arzneimittel-Agentur mitzuteilen.

  1. Bei einer Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels ist der Zulassungsbescheid entsprechend zu ändern. Das Arzneimittel darf unter der alten Bezeichnung vom pharmazeutischen Unternehmer noch ein Jahr, von den Groß- und Einzelhändlern noch zwei Jahre, beginnend mit dem auf die Bekanntmachung der Änderung im Bundesanzeiger folgenden 1. Januar oder 1. Juli, in den Verkehr gebracht werden.

(2a) Eine Änderung 1. der Angaben nach den §§ 10, 11 und 11a über die Dosierung, die Art oder die Dauer der Anwendung, die Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um die Zufügung einer oder Veränderung in eine Indikation handelt, die einem anderen Therapiegebiet zuzuordnen ist, eine Einschränkung der Gegenanzeigen, Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, 2. der wirksamen Bestandteile, ausgenommen der arzneilich wirksamen Bestandteile, 3. in eine mit der zugelassenen vergleichbaren Darreichungsform, 3a. in der Behandlung mit ionisierenden Strahlen, 4. im Zusammenhang mit erheblichen Änderungen des Herstellungsverfahrens, der Darreichungsform, der Spezifikation oder des Verunreinigungsprofils des Wirkstoffs oder des Arzneimittels, die sich deutlich auf die Qualität, Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit des Arzneimittels auswirken können, sowie jede Änderung gentechnologischer Herstellungsverfahren; bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen und Allergenen jede Änderung des Herstellungs- oder Prüfverfahrens oder die Angabe einer längeren Haltbarkeitsdauer sowie 5. der Packungsgröße 6. (weggefallen) darf erst vollzogen werden, wenn die zuständige Bundesoberbehörde zugestimmt hat. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Änderung nicht innerhalb einer Frist von 3 Monaten widersprochen worden ist.

(2b) Abweichend von Absatz 1 kann 1. der Wegfall eines Standortes für die Herstellung des Arzneimittels oder seines Wirkstoffs oder für die Verpackung oder die Chargenfreigabe, 2. eine geringfügige Änderung eines genehmigten physikalisch-chemischen Prüfverfahrens, wenn durch entsprechende Validierungsstudien nachgewiesen werden kann, dass das aktualisierte Prüfverfahren mindestens gleichwertig ist, 3. eine Änderung der Spezifikation eines Wirkstoffs oder anderen Stoffs zur Arzneimittelherstellung zwecks Anpassung an eine Monografie des Arzneibuchs, wenn die Änderung ausschließlich zur Übereinstimmung mit dem Arzneibuch vorgenommen wird und die Spezifikationen in Bezug auf produktspezifische Eigenschaften unverändert bleiben, 4. eine Änderung des Verpackungsmaterials, wenn dieses mit dem Arzneimittel nicht in Berührung kommt und die Abgabe, Verabreichung, Unbedenklichkeit oder Haltbarkeit des Arzneimittels nachweislich nicht beeinträchtigt wird, oder 5. eine Änderung im Zusammenhang mit der Verschärfung der Spezifikationsgrenzwerte, wenn die Änderung nicht Folge einer Verpflichtung auf Grund früherer Beurteilungen zur Überprüfung der Spezifikationsgrenzwerte ist und nicht auf unerwartete Ereignisse im Verlauf der Herstellung zurückgeht, innerhalb von zwölf Monaten nach ihrer Einführung der zuständigen Bundesoberbehörde angezeigt werden.

  1. Eine neue Zulassung ist in folgenden Fällen zu beantragen:
  1. bei einer Änderung der Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art oder Menge,
  2. bei einer Änderung der Darreichungsform, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 handelt,
  3. bei einer Erweiterung der Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 1 handelt, und 3a. bei der Einführung gentechnologischer Herstellungsverfahren. Über die Zulassungspflicht nach Satz 1 entscheidet die zuständige Bundesoberbehörde.
  1. Die Absätze 1, 1a Satz 4 und 5, die Absätze 1e bis 1g, 2, 2a bis 3 finden keine Anwendung auf Arzneimittel, für die von der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden ist. Für diese Arzneimittel gelten die Verpflichtungen des pharmazeutischen Unternehmers nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 mit der Maßgabe, dass im Geltungsbereich des Gesetzes die Verpflichtung zur Mitteilung an die Mitgliedstaaten oder zur Unterrichtung der Mitgliedstaaten gegenüber der jeweils zuständigen Bundesoberbehörde besteht.

  2. Die Absätze 2a bis 3 finden keine Anwendung für Arzneimittel, die der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 der Kommission vom 24. November 2008 über die Prüfung von Änderungen der Zulassungen von Human- und Tierarzneimitteln (ABl. L 334 vom 12.12.2008, S. 7) in der jeweils geltenden Fassung unterliegen. Die Absätze 2a bis 3 gelten

  1. für zulassungspflichtige homöopathische Arzneimittel, die vor dem 1. Januar 1998 zugelassen worden sind oder als zugelassen galten,
  2. für die in Artikel 3 Nummer 6 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Blutzubereitungen und
  3. für nach § 21 zugelassene Gewebezubereitungen, es sei denn, es kommt bei ihrer Herstellung ein industrielles Verfahren zur Anwendung.

Übersicht und Bedeutung

§ 29 AMG regelt detailliert, wie mit Änderungen rund um bereits zugelassene Arzneimittel verfahren werden muss. Dabei geht es insbesondere um die Meldepflichten gegenüber der zuständigen Bundesoberbehörde (meist BfArM oder PEI), wenn sich Angaben zum Arzneimittel ändern, neue Risiken bekannt werden oder bestimmte Vorgänge eintreten, z.B. Rückruf, Vermarktungsstopp oder Änderungen zentraler Eigenschaften eines Präparats.

Die Norm ist zentral für das Thema Änderungen und laufende Überwachung im Arzneimittelverkehr und betrifft primär die Inhaber der Zulassung sowie pharmazeutische Unternehmer – also Akteure, die nach § 21 AMG die Erlaubnis zum Inverkehrbringen eines Arzneimittels besitzen.

Zentrale Meldepflichten bei Änderungen und sicherheitsrelevanten Ereignissen

Bei allen wesentlichen Änderungen hinsichtlich Zusammensetzung, Herstellung, Dosierung, Art und Dauer der Anwendung, Indikationen u.a. muss die zuständige Behörde unverzüglich und mit allen nötigen Unterlagen informiert werden. Dies gilt für den Zeitraum vor und nach der Zulassung – verschiedene Akteure (Antragsteller, später Zulassungsinhaber) sind damit adressiert.

Änderungen in den Angaben und Unterlagen nach den §§ 22 bis 24a und 25b sind unverzüglich anzuzeigen.

Weitere meldepflichtige Ereignisse:

  • Neue Informationen, die das Nutzen-Risiko-Verhältnis eines Präparats beeinflussen könnten (z.B. neue Studienergebnisse, Berichte über Nebenwirkungen, Anwendungsbeobachtungen in weiteren Populationen). Hierbei sind sowohl positive als auch negative Daten mitzuteilen.
  • Verbote/Beschränkungen aus anderen Ländern, in denen das Arzneimittel vertrieben wird
  • Änderungen, welche die sichere und wirksame Anwendung des Arzneimittels berühren (z.B. Rückrufe, Einstellung des Vertriebs, Verzicht auf die Zulassung)
  • Gründe für Maßnahmen „kritischer Art“ sind explizit zu benennen, etwa wenn eine Zulassung zurückgegeben wird, ein Rückruf erfolgt oder der Vertrieb ausgesetzt wird, und ob sicherheitsrelevante Gründe (§ 25, § 30, § 69 AMG) Ursache waren.

Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich alle Verbote oder Beschränkungen […] sowie alle anderen neuen Informationen mitzuteilen, die die Beurteilung des Nutzens und der Risiken des betreffenden Arzneimittels beeinflussen könnten.

Ausgewählte Spezialregelungen

  • Absatzmengen und Verschreibungsvolumen: Müssen auf Anforderung der Behörde – insbesondere zur Arzneimittelsicherheit – gemeldet werden.
  • Pharmakovigilanz-Stammdokumentation: Die Behörde kann jederzeit eine Kopie anfordern; Vorlage spätestens innerhalb von 7 Tagen.
  • Änderungen der Stichtage/Intervalle für Unbedenklichkeitsberichte: Änderungen nach EU-Vorgaben müssen angezeigt werden.
  • Informationspflicht an EMA: Bei neuen oder veränderten Risiken sowie Änderung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses.

Arten und Verfahren von Änderungen

Es wird zwischen verschiedenen Änderungsarten unterschieden, die unterschiedliche Verfahren und Fristen nach sich ziehen:

  • Zustimmungspflichtige Änderungen (Abs. 2a): Z.B. Dosierung, Nebenwirkungen, wirksame Bestandteile, Herstellung, Packungsgröße. Hier darf eine Änderung nur nach Zustimmung der Bundesoberbehörde (oder Fristablauf von 3 Monaten ohne Widerspruch) durchgeführt werden.
  • Anzeigepflichtige Änderungen (Abs. 2b): Z.B. Standortwegfall, geringfügige Prüfverfahrensänderung, Anpassung an Arzneibuchmonografie. Diese sind nachträglich innerhalb von 12 Monaten anzuzeigen.
  • Neuzulassungspflichtige Änderungen (Abs. 3): Z.B. neue Wirkstoff-Kombinationen oder -Mengen, neue Darreichungsformen (außer vergleichbare Änderungen), Erweiterung der Anwendungsgebiete über Rahmen der bisherigen Zulassung hinaus oder Einführung gentechnologischer Verfahren.

Eine neue Zulassung ist z.B. bei einer Änderung der Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art oder Menge zu beantragen.

Tabelle: Überblick Änderungsarten

Änderungstyp Meldung/Antrag Frist
Zustimmungspflichtige Änderungen (Abs. 2a) Vorab-Zustimmung nötig 3 Monate Widerspruch
Anzeigepflichtige Änderungen (Abs. 2b) Nachträgliche Anzeige möglich max. 12 Monate später
Neuzulassungspflichtige Änderungen (Abs. 3) Neuer Zulassungsantrag erforderlich vor Durchführung

Sonder- und Ausnahmeregelungen

  • Arzneimittel mit EU-Zentralzulassung (z.B. EMA): Hier gelten abweichende Informations- und Meldepflichten gemäß EU-Verordnung, viele der nationalen Pflichten sind dann nicht mehr anzuwenden.
  • Spezielle Bestimmungen für homöopathische Arzneimittel, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen (Details: Abs. 5).
  • Nicht betroffen: Parallelimporteure (siehe Absatz 1a, letzte Sätze).
TipWichtig für die Praxis

Für alle Änderungs- und Meldepflichten gilt das Gebot der Unverzüglichkeit, d.h., die Behörde muss sofort nach Bekanntwerden relevanter Umstände informiert werden. Verstöße gegen diese Mitteilungs- und Genehmigungspflichten können die Betriebserlaubnis gefährden und sind ein zentrales Prüfungsthema im Staatsexamen sowie im Berufsalltag.

Zusammenfassung

§ 29 AMG sorgt für eine kontinuierliche Überwachung des Arzneimittelmarkts nach Erstzulassung und gewährleistet, dass sicherheits- oder qualitätsrelevante Änderungen und neue Erkenntnisse laufend an die zuständigen Behörden gemeldet werden. Das zentrale Ziel: Der Schutz der Patientensicherheit und die Kontrolle des Nutzen-Risiko-Verhältnisses während des gesamten Lebenszyklus eines Arzneimittels.

Wer also als angehender Apothekerin mit der Zulassung oder Änderung von Arzneimitteln zu tun hat, muss § 29 AMG und die jeweiligen Pflichten genau kennen und korrekt umsetzen.

Feedback

Melde uns Fehler und Verbesserungsvorschläge zur aktuellen Seite über dieses Formular. Vielen Dank ❤️