§ 72
- Wer
 
- Arzneimittel,
 - Wirkstoffe, die menschlicher, tierischer oder mikrobieller Herkunft sind oder die auf gentechnischem Wege hergestellt werden, oder
 - andere zur Arzneimittelherstellung bestimmte Stoffe menschlicher Herkunft gewerbs- oder berufsmäßig aus Ländern, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder andere Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, in den Geltungsbereich dieses Gesetzes einführen will, bedarf einer Erlaubnis der zuständigen Behörde. § 13 Absatz 4 und die §§ 14 bis 20a sind entsprechend anzuwenden.
 
- Auf Personen und Einrichtungen, die berufs- oder gewerbsmäßig Arzneimittel menschlicher Herkunft zur unmittelbaren Anwendung bei Menschen einführen wollen, findet Absatz 1 mit der Maßgabe Anwendung, dass die Erlaubnis nur versagt werden darf, wenn der Antragsteller nicht nachweist, dass für die Beurteilung der Qualität und Sicherheit der Arzneimittel und für die gegebenenfalls erforderliche Überführung der Arzneimittel in ihre anwendungsfähige Form nach dem Stand von Wissenschaft und Technik qualifiziertes Personal und geeignete Räume vorhanden sind.
 
(2a) Die zuständige Behörde erteilt die Erlaubnis zur Einfuhr von Prüf- oder Hilfspräparaten im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 5 und 8 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 nach Artikel 61 Absatz 1 bis 3 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014. § 13 Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gilt entsprechend.
- Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung auf
 
- Gewebe im Sinne von § 1a Nummer 4 des Transplantationsgesetzes,
 - autologes Blut zur Herstellung von biotechnologisch bearbeiteten Gewebeprodukten,
 - Gewebezubereitungen im Sinne von § 20c und
 - Wirkstoffe, die für die Herstellung von nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik herzustellenden Arzneimitteln bestimmt sind.
 
Abweichend von Absatz 1 dürfen hämatopoetische Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut nur von einer einführenden Einrichtung im Sinne des § 72b Absatz 1 Satz 1 aus Staaten eingeführt werden, die weder Mitgliedstaaten der Europäischen Union noch andere Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind. Die einführende Einrichtung bedarf einer Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Entscheidung über die Erteilung der Erlaubnis trifft die zuständige Behörde des Landes, in dem die Betriebsstätte der einführenden Einrichtung liegt oder liegen soll, im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde. Für die Einfuhr zur unmittelbaren Anwendung gilt Absatz 2 entsprechend.
Dem Antrag auf Erlaubnis nach Absatz 4 Satz 2 sind die in den Anhängen I und III Teil A der Richtlinie (EU) 2015/566 der Kommission vom 8. April 2015 zur Durchführung der Richtlinie 2004/23/EG hinsichtlich der Verfahren zur Prüfung der Gleichwertigkeit von Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei eingeführten Geweben und Zellen (ABl. L 93 vom 9.4.2015, S. 56) in der jeweils geltenden Fassung genannten Informationen und Unterlagen beizufügen. Abweichend von Satz 1 sind einem Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis, hämatopoetische Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut zur unmittelbaren Anwendung beim Menschen einzuführen, nur die in Anhang I Teil A, B und C Nummer 1 bis 3 und in Anhang III Teil A Nummer 1 und 3 der Richtlinie (EU) 2015/566 genannten Informationen und Unterlagen beizufügen. Die §§ 14 bis 19 und 72b Absatz 2c und 2d gelten entsprechend.
Einführung
Dieser Paragraph regelt die behördlichen Erlaubnisse, die für den gewerblichen oder berufsmäßigen Import von Arzneimitteln und bestimmten Stoffen aus Drittländern, also aus Staaten außerhalb der EU und des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR), erforderlich sind. Der Fokus liegt insbesondere auf dem Schutz vor Qualitäts- und Sicherheitsrisiken beim Import.
Was ist genehmigungspflichtig?
Eine behördliche Einfuhrerlaubnis ist immer dann erforderlich, wenn jemand
- Arzneimittel
 - Wirkstoffe (menschlicher, tierischer, mikrobieller Herkunft oder gentechnisch hergestellt)
 - andere bestimmte Stoffe menschlicher Herkunft, die zur Arzneimittelherstellung benötigt werden
 
aus Staaten importieren will, die nicht zur EU oder zum EWR gehören.
Bereits der gewerbsmäßige oder auch nur berufsmäßige Import löst die Pflicht aus!
Antrag und Voraussetzungen
Die Erlaubnis erteilt die zuständige Behörde (meist Landesbehörde). Sie prüft nicht nur Rechtsvorschriften des AMG, sondern bezieht folgende Paragraphen mit ein: > „§ 13 Absatz 4 und die §§ 14 bis 20a sind entsprechend anzuwenden.“
Das bedeutet konkret, dass u.a. Anforderungen an
- Qualitätssicherung,
 - Personalqualifikation,
 - vertrauenswürdige Betriebsräume und
 - Überwachung
 
zu erfüllen sind.
Spezialfall: Arzneimittel menschlicher Herkunft zur direkten Anwendung
Für diesen Spezialfall gibt es eine erleichterte Ablehnungsmöglichkeit:
„die Erlaubnis nur versagt werden darf, wenn der Antragsteller nicht nachweist, dass […] qualifiziertes Personal und geeignete Räume vorhanden sind.“
Hier fordert das Gesetz also primär den Nachweis von Fachkompetenz und geeigneten Betriebsbedingungen für Qualität und Sicherheit.
Besonderheit: Prüf- und Hilfspräparate für klinische Prüfungen
Hier greift eine eigene Regelung: Die Erlaubnis erteilt die zuständige Behörde nach den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, insbesondere Artikel 61. Es gelten ergänzend die §§ 13 Abs. 5 S. 2 und Abs. 6 AMG.
Wer ist nicht betroffen? – Ausnahmen
Absatz 3 nennt ausdrücklich Produktgruppen und Stoffe, für die die behördlichen Erlaubnispflichten nicht bestehen:
- Gewebe nach Transplantationsgesetz,
 - Autologes Blut zur Herstellung biotechnisch bearbeiteter Gewebeprodukte,
 - Gewebezubereitungen nach § 20c AMG,
 - Wirkstoffe für die Herstellung von homöopathischen Arzneimitteln nach Arzneibuch.
 
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick:
| Produktgruppe / Stoff | Erlaubnispflicht nach § 72? | Anmerkung | 
|---|---|---|
| Arzneimittel (außerhalb der EU/EWR) | Ja | |
| Wirkstoffe (versch. Ursprungs) | Ja | |
| Stoffe menschlicher Herkunft (zur Herstellung) | Ja | |
| Gewebe nach TPG | Nein | Ausgenommen | 
| Autologes Blut (für Gewebeprodukte) | Nein | Ausgenommen | 
| Gewebezubereitungen (§ 20c AMG) | Nein | Ausgenommen | 
| Homöopathische Ausgangsstoffe | Nein | Nur für bestimmte Verfahren | 
Sonderregelungen für Stammzellen
Für den Import von hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen (z.B. aus Nabelschnur- oder peripherem Blut) gelten zusätzlich besondere Anforderungen:
- Nur bestimmte „einführende Einrichtungen“ dürfen diese Produkte importieren – eine explizite Erlaubnis der zuständigen Landesbehörde (im Einvernehmen mit einer Bundesbehörde) ist erforderlich.
 - Für die unmittelbare Anwendung beim Menschen gilt eine erleichterte Nachweispflicht wie bei anderen Arzneimitteln menschlicher Herkunft.
 - Es sind spezifische Unterlagen vorzulegen, wie von der EU-Richtlinie 2015/566 gefordert (siehe Abs. 5).
 
Arzneimittel, Wirkstoffe bestimmter Herkunft und zugehörige Stoffe dürfen zum Schutz der Bevölkerung nur mit individueller behördlicher Einfuhr-Erlaubnis gewerblich importiert werden – streng kontrolliert und überwacht!
Zusammenfassung
§ 72 AMG fordert für den Import bestimmter Arzneimittel sowie Ausgangsstoffe aus Nicht-EU-/Nicht-EWR-Ländern grundsätzlich eine behördliche Einfuhrgenehmigung. Es gibt spezifische Anforderungen an Personal, Räume und Unterlagen; einige Produktgruppen wie homöopathische Ausgangsstoffe, bestimmte Gewebe und Gewebezubereitungen sind ausdrücklich ausgenommen. Bei Stammzellimporten gelten zudem detaillierte Sondervorschriften. Zuständig sind in der Regel die Landesbehörden. Ein Verstoß gegen die Erlaubnispflicht ist eine gravierende Ordnungswidrigkeit!
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