§ 9
- Sind die allgemeinen Schutzmaßnahmen nach § 8 nicht ausreichend, um Gefährdungen durch Einatmen, Aufnahme über die Haut oder Verschlucken entgegenzuwirken, hat der Arbeitgeber zusätzlich diejenigen Maßnahmen nach den Absätzen 2 bis 7 zu ergreifen, die auf Grund der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 erforderlich sind. Dies gilt insbesondere, wenn
 
- Arbeitsplatzgrenzwerte oder biologische Grenzwerte überschritten werden,
 - bei hautresorptiven oder haut- oder augenschädigenden Gefahrstoffen eine Gefährdung durch Haut- oder Augenkontakt besteht oder
 - bei Gefahrstoffen ohne Arbeitsplatzgrenzwert und ohne biologischen Grenzwert eine Gefährdung auf Grund der ihnen zugeordneten Gefahrenklasse nach § 3 und der inhalativen Exposition angenommen werden kann.
 
- Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe in einem geschlossenen System hergestellt und verwendet werden, wenn
 
- die Substitution der Gefahrstoffe nach § 7 Absatz 3 durch solche Stoffe, Gemische, Erzeugnisse oder Verfahren, die bei ihrer Verwendung nicht oder weniger gefährlich für die Gesundheit und Sicherheit sind, technisch nicht möglich ist und
 - eine erhöhte Gefährdung der Beschäftigten durch inhalative Exposition gegenüber diesen Gefahrstoffen besteht. Ist die Anwendung eines geschlossenen Systems technisch nicht möglich, so hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Exposition der Beschäftigten nach dem Stand der Technik und unter Beachtung von § 7 Absatz 4 so weit wie möglich verringert wird.
 
Bei Überschreitung eines Arbeitsplatzgrenzwerts muss der Arbeitgeber unverzüglich die Gefährdungsbeurteilung nach § 6 erneut durchführen und geeignete zusätzliche Schutzmaßnahmen ergreifen, um den Arbeitsplatzgrenzwert einzuhalten. Wird trotz Ausschöpfung aller technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen der Arbeitsplatzgrenzwert nicht eingehalten, hat der Arbeitgeber unverzüglich persönliche Schutzausrüstung bereitzustellen. Dies gilt insbesondere für Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten.
Besteht trotz Ausschöpfung aller technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen bei hautresorptiven, haut- oder augenschädigenden Gefahrstoffen eine Gefährdung durch Haut- oder Augenkontakt, hat der Arbeitgeber unverzüglich persönliche Schutzausrüstung bereitzustellen.
Der Arbeitgeber hat getrennte Aufbewahrungsmöglichkeiten für die Arbeits- oder Schutzkleidung einerseits und die Straßenkleidung andererseits zur Verfügung zu stellen. Der Arbeitgeber hat die durch Gefahrstoffe verunreinigte Arbeitskleidung zu reinigen.
Der Arbeitgeber hat geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die gewährleisten, dass Arbeitsbereiche, in denen eine erhöhte Gefährdung der Beschäftigten besteht, nur den Beschäftigten zugänglich sind, die sie zur Ausübung ihrer Arbeit oder zur Durchführung bestimmter Aufgaben betreten müssen.
Wenn Tätigkeiten mit Gefahrstoffen von einer oder einem Beschäftigten allein ausgeübt werden, hat der Arbeitgeber zusätzliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen oder eine angemessene Aufsicht zu gewährleisten. Dies kann auch durch den Einsatz technischer Mittel sichergestellt werden.
Maßnahmen bei unzureichendem Schutz vor Gefahrstoffen
§ 9 GefStoffV regelt die notwendigen zusätzlichen Schutzmaßnahmen, wenn der Basisschutz nach § 8 Gefahrstoffverordnung nicht ausreicht. Der Arbeitgeber muss dann weitergehende Vorkehrungen treffen, um Beschäftigte vor Gesundheitsschäden durch Einatmen, Hautkontakt oder Verschlucken von Gefahrstoffen zu schützen.
Wann sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich?
Sind die allgemeinen Schutzmaßnahmen nach § 8 nicht ausreichend, um Gefährdungen durch Einatmen, Aufnahme über die Haut oder Verschlucken entgegenzuwirken, hat der Arbeitgeber zusätzlich diejenigen Maßnahmen nach den Absätzen 2 bis 7 zu ergreifen, die auf Grund der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 erforderlich sind.
Zusätzliche Schutzmaßnahmen werden insbesondere dann notwendig, wenn:
- Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) oder biologische Grenzwerte werden überschritten.
 - Gefahrstoffe besitzen hautresorptive Eigenschaften oder können Haut bzw. Augen schädigen und es besteht Risiko eines Kontakts.
 - Es bestehen Expositionsrisiken, obwohl keine Grenzwerte festgelegt sind, aber die Gefahrenklasse und die inhalative Exposition ein Risiko vermuten lassen.
 
Als Grundlage dient immer die Gefährdungsbeurteilung nach § 6!
Maßnahme 1: Einsatz geschlossener Systeme
Gefährliche Stoffe sollen in einem geschlossenen System gehandhabt werden, wenn:
- Eine Substitution durch weniger gefährliche Stoffe oder Verfahren technisch nicht möglich ist,
 - und eine erhöhte inhalative Exposition droht.
 
Gibt es keine technische Möglichkeit für ein geschlossenes System, muss die Exposition “nach dem Stand der Technik” maximal reduziert werden.
Maßnahme 2: Vorgehen bei Grenzwert-Überschreitungen
Bei Überschreitung eines Arbeitsplatzgrenzwerts muss der Arbeitgeber unverzüglich die Gefährdungsbeurteilung nach § 6 erneut durchführen und geeignete zusätzliche Schutzmaßnahmen ergreifen, um den Arbeitsplatzgrenzwert einzuhalten.
Wird der Grenzwert trotz aller technischen und organisatorischen Maßnahmen nicht eingehalten, besteht die Pflicht, unverzüglich persönliche Schutzausrüstung (PSA) bereitzustellen. Dies gilt besonders bei gefährdungsintensiven Arbeiten wie Abbruch, Sanierung oder Instandhaltung.
Maßnahme 3: Schutz bei hautresorptiven/haut- oder augenschädigenden Gefahrstoffen
Wenn trotz aller Maßnahmen Gefahr für Haut oder Augen besteht, muss der Arbeitgeber PSA zur Verfügung stellen – z.B. spezielle Schutzkleidung, Handschuhe oder Schutzbrillen.
Maßnahme 4: Trennung von Schutz- und Straßenkleidung
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, getrennte Aufbewahrungsmöglichkeiten für Arbeits- oder Schutzkleidung und Straßenkleidung bereitzustellen. Zusätzlich ist die Reinigung verunreinigter Arbeitskleidung durch den Arbeitgeber sicherzustellen.
Maßnahme 5: Zugangsbeschränkungen
Bereiche mit erhöhter Gefährdung dürfen nur von Beschäftigten betreten werden, die dort arbeiten oder eine bestimmte Aufgabe erfüllen müssen. Unbefugte haben keinen Zutritt.
Maßnahme 6: Alleinarbeit mit Gefahrstoffen
Arbeiten mit Gefahrstoffen, die allein durchgeführt werden, erfordern zusätzliche Schutzmaßnahmen oder eine angemessene technische oder personelle Aufsicht.
Der Arbeitgeber muss – abhängig von der Gefährdungsbeurteilung – sämtliche technischen, organisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen umsetzen, wenn der Basisschutz nicht ausreicht. Die Einhaltung grenzt nicht nur das Risiko für Beschäftigte ein, sondern ist Voraussetzung für eine rechtssichere Berufsausübung und den Schutz aller Mitarbeitenden im Umgang mit Gefahrstoffen.
Übersicht: Zusätzliche Schutzmaßnahmen nach § 9 GefStoffV
| Situation | Pflichtmaßnahme | 
|---|---|
| AGW überschritten | Erneute Gefährdungsbeurteilung, weitere Schutzmaßnahmen, ggf. PSA | 
| geschlossenes System nicht möglich | Exposition maximal verringern | 
| haut-/augengefährdende Stoffe | Persönliche Schutzausrüstung bereitstellen | 
| Gefahrbereiche | Zugangsbeschränkung | 
| Tätigkeiten allein | Zusätzliche Maßnahmen bzw. Überwachung | 
| Schutz- und Straßenkleidung | Getrennte Aufbewahrung und Reinigung | 
Zusammenfassung
§ 9 GefStoffV konkretisiert, wie der Arbeitgeber stufenweise – von technischen über organisatorische bis hin zu persönlichen Maßnahmen – für einen umfassenden Schutz der Beschäftigten sorgen muss, wenn der Grundschutz nicht genügt. Für den Berufsalltag bedeutet das: Die Maßnahmen sind immer an der ermittelten Gefährdung auszurichten und müssen fortlaufend angepasst sowie dokumentiert werden.
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