§ 45
- Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Stoffe, Zubereitungen aus Stoffen oder Gegenstände, die dazu bestimmt sind, teilweise oder ausschließlich zur Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden zu dienen, für den Verkehr außerhalb der Apotheken freizugeben,
 
- soweit sie nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 unterliegen,
 - soweit sie nicht wegen ihrer Zusammensetzung oder Wirkung die Prüfung, Aufbewahrung und Abgabe durch eine Apotheke erfordern,
 - soweit nicht durch ihre Freigabe eine unmittelbare oder mittelbare Gefährdung der menschlichen Gesundheit, insbesondere durch unsachgemäße Behandlung, zu befürchten ist oder
 - soweit nicht durch ihre Freigabe die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung gefährdet wird.
 
Die Freigabe kann auf Fertigarzneimittel, auf bestimmte Dosierungen, Anwendungsgebiete oder Darreichungsformen beschränkt werden.
Die Rechtsverordnung ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, soweit es sich um radioaktive Arzneimittel und um Arzneimittel handelt, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet werden.
Ermächtigung zur Freigabe von Arzneimitteln für den Verkehr außerhalb der Apotheke
Mit diesem Paragraphen schafft das Arzneimittelgesetz (AMG) die Grundlage dafür, bestimmte Arzneimittel oder deren Zubereitungen nicht nur in Apotheken, sondern auch außerhalb – also z. B. in Drogerien oder im Einzelhandel – abgeben zu dürfen. § 45 AMG legt fest, wer unter welchen Voraussetzungen entscheiden darf, ob ein Präparat nicht zwingend apothekenpflichtig ist.
Wer darf entscheiden – und wie?
Das Bundesministerium für Gesundheit bekommt hier die Kompetenz, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eine Rechtsverordnung zu erlassen. Zuvor werden dazu Sachverständige angehört und der Bundesrat muss zustimmen.
Das Bundesministerium wird ermächtigt … durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates … Stoffe, Zubereitungen … für den Verkehr außerhalb der Apotheken freizugeben
Damit ist gesichert, dass die Entscheidung fachlich breit abgestimmt und demokratisch legitimiert ist.
Worüber wird entschieden?
Maßgeblich ist die Frage, ob ein bestimmtes Produkt wirklich nur in der Apotheke erhältlich sein muss, oder auch außerhalb im Handel verkauft werden darf. Die Kriterien dafür sind im Gesetz präzise gefasst:
- Nicht verschreibungspflichtig: Produkte, die bereits der Verschreibungspflicht nach § 48 AMG unterliegen, können niemals für den freien Verkehr freigegeben werden.
 - Keine besondere apothekerliche Kontrolle notwendig: Arzneimittel, deren Abgabe besondere Kenntnisse, Prüfung oder Aufbewahrung durch eine Apothekerin erfordert, bleiben apothekenpflichtig.
 - Kein Gefährdungspotential: Die menschliche Gesundheit darf durch eine Freigabe nicht gefährdet werden, etwa durch unsachgemäßen Gebrauch oder Missbrauch.
 - Arzneimittelversorgung nicht gefährdet: Die ordnungsgemäße Versorgung darf nicht durch eine Freigabe beeinträchtigt werden.
 
Diese Kriterien sind gesetzlich abschließend geregelt. Sind sie erfüllt, kann eine Freigabe erfolgen, muss aber nicht.
Was kann freigegeben werden?
Die Freigabe kann differenziert erfolgen. Sie kann eingeschränkt werden auf:
- Bestimmte Fertigarzneimittel
 - Nur bestimmte Dosierungen
 - Eng umrissene Anwendungsgebiete
 - Spezielle Darreichungsformen
 
So kann z. B. ein Wirkstoff in niedriger Dosierung und bestimmter Darreichungsform frei verkauft werden, während höher dosierte oder andere Anwendungen apothekenpflichtig bleiben.
Besondere Fälle: Radioaktive und ionisierende Arzneimittel
Bei Arzneimitteln, die radioaktiv sind oder bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet werden, ist außerdem das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit einzubeziehen.
Praktische Bedeutung: Anlagen zur Apothekenpflicht
Was in der Praxis „apothekenpflichtig“ oder „freiverkäuflich“ ist, wird in Anlagen (Listen) geregelt, die auf Grundlage dieses Paragraphen erlassen werden. Die konkrete Ausgestaltung erfolgt also erst durch Rechtsverordnung, nicht durch den Paragraphen selbst. Die wichtigsten Verordnungen sind hier etwa:
| Verordnung/Bereich | Beispielhafte Inhalte | 
|---|---|
| Arzneimittelverkehrs-Anlagen | Listung apothekenpflichtiger/ freiverkäuflicher Mittel | 
| Verschreibungsverordnung | Ergänzung um verschreibungspflichtige Substanzen | 
| Freiverkäufliche ArzneimittelV | Details zu Produkten im freien Handel | 
Diese Listen (Anlagen) werden laufend geprüft und bei Bedarf geändert.
§ 45 schafft die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, um durch Verordnungen festzulegen, welche Arzneimittel – unter Einhaltung strenger Kriterien – außerhalb der Apotheke abgegeben werden dürfen. Diese Regelungen sind enorm wichtig für die tägliche Praxis, da sie die maßgeblichen Listen von apothekenpflichtigen und freiverkäuflichen Arzneimitteln erst ermöglichen.
Zusammenfassung
- § 45 AMG ermächtigt das Bundesministerium, genau zu definieren, welche Arzneimittel frei verkauft werden dürfen.
 - Schutz der Bevölkerung steht im Mittelpunkt: Nur wenn keine Ausnahmegründe vorliegen, ist eine Freigabe möglich.
 - Die eigentliche Regelung erfolgt nicht im Gesetz selbst, sondern in Anlagen und Verordnungen, die auf Basis dieses Paragraphen erstellt und ständig angepasst werden. Diese Listen sind für Apotheker*innen und pharmazeutisches Personal für die alltägliche Berufspraxis essentiell.
 
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