§ 26

📖 Zum Gesetz

  1. Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Anforderungen an die in den §§ 22 bis 24, auch in Verbindung mit § 38 Absatz 2 und § 39b Absatz 1 bezeichneten Angaben, Unterlagen und Gutachten sowie deren Prüfung durch die zuständige Bundesoberbehörde zu regeln. Die Vorschriften müssen dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und sind laufend an diesen anzupassen, insbesondere sind Tierversuche durch andere Prüfverfahren zu ersetzen, wenn dies nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse im Hinblick auf den Prüfungszweck vertretbar ist. Die Rechtsverordnung ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die radioaktiv sind oder bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet werden, oder soweit es sich um Prüfungen zur Ökotoxizität handelt.

  2. Die zuständige Bundesoberbehörde und die Kommissionen nach § 25 Abs. 7 haben die Arzneimittelprüfrichtlinien sinngemäß auf das wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Absatz 3 anzuwenden, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel zu berücksichtigen sind. Als wissenschaftliches Erkenntnismaterial gilt auch das nach wissenschaftlichen Methoden aufbereitete medizinische Erfahrungsmaterial.

Inhalt und Bedeutung

§ 26 AMG regelt, wie die konkreten Anforderungen an Zulassungsunterlagen und Prüfnachweise für Arzneimittel entstehen, aktualisiert und angewendet werden. Dies betrifft sowohl die Form als auch den wissenschaftlichen Gehalt der Daten, die für die Zulassung eines Arzneimittels eingereicht und geprüft werden müssen.

Wer ist zuständig?

Das Bundesministerium (i.d.R. das Bundesministerium für Gesundheit, BMG) legt in einer Rechtsverordnung – also einer verbindlichen untergesetzlichen Norm – die Anforderungen an die Unterlagen, Angaben und Gutachten fest. Wichtig: Für Arzneimittel mit radioaktiven Stoffen, bei Verwendung ionisierender Strahlen oder bei ökotoxikologischen Prüfungen muss das BMG das Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt etc. herstellen.

An was müssen sich die Anforderungen halten?

Die Vorschriften müssen dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und sind laufend an diesen anzupassen

Das bedeutet: Die Anforderungen dürfen nie “veraltet” sein. Neue Erkenntnisse – etwa zu Wirksamkeit, Sicherheit, Analytik, Alternativen zu Tierversuchen – müssen laufend integriert werden.

Ersatz von Tierversuchen

Ein besonders wichtiger Aspekt des § 26 AMG wird hervorgehoben:

insbesondere sind Tierversuche durch andere Prüfverfahren zu ersetzen, wenn dies nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse im Hinblick auf den Prüfungszweck vertretbar ist.

Die Verordnung muss sicherstellen, dass Tierversuche immer ersetzt werden, sobald wissenschaftlich akzeptierte Alternativmethoden verfügbar sind, und dies bezüglich des Prüfungszwecks (z.B. Sicherheit, Verträglichkeit) vertretbar ist.

TipWichtig für Prüfungen und Praxis

Das Gesetz betont die ständige Anpassung der Anforderungen und konkretisiert einen klaren Vorrang von Alternativmethoden zu Tierversuchen ― das ist kein “Kann”, sondern ein “Muss”, sofern der Stand der Wissenschaft das zulässt.

Anwendung der Prüfrichtlinien im Einzelfall

Absatz 2 regelt die Praxis der Prüfung durch die Bundesoberbehörde (z.B. das BfArM):

  • Die Prüferinnen müssen die geltenden Arzneimittelprüfrichtlinien sinngemäß* auf das eingereichte wissenschaftliche Erkenntnismaterial anwenden.
  • Außerdem: Die Besonderheiten des konkreten Arzneimittels müssen berücksichtigt werden – etwa bei innovativen Therapien, Kombinationspräparaten oder besonderen Patientengruppen.

Als wissenschaftliches Erkenntnismaterial gilt auch das nach wissenschaftlichen Methoden aufbereitete medizinische Erfahrungsmaterial.

Das umfasst z.B. systematisch erhobene Praxiserfahrungen, Publikationen, Registerdaten etc. – nicht nur klassische klinische Studien.

Übersicht: Ablauf der Regelung nach § 26 AMG

Schritt Zuständigkeit Anwendung/Anpassung
Anforderungen regeln BMG (durch Rechtsverordnung, mit BR) Laufende Anpassung an Stand der Wissenschaft
Sonderfälle regeln BMG + BMU (bei Radioaktivität/ÖkoTox) Einvernehmen verpflichtend
Tierversuchsersatz prüfen BMG, BfArM, Kommissionen Ersatzpflicht bei akzeptierter Alternative
Unterlagen prüfen Bundesoberbehörde, Kommissionen Prüfrichtlinien sinngemäß anwenden, Besonderheiten beachten
Erfahrungswissen nutzen Bundesoberbehörde, Kommissionen Auch aufbereitete Praxisdaten anerkennen

Zusammenfassung

§ 26 AMG stellt sicher, dass die Anforderungen an Unterlagen, Studien und Prüfungen für die Zulassung von Arzneimitteln immer dem aktuellen Stand der Wissenschaft folgen und tierfreie Alternativmethoden bevorzugt werden, wo immer möglich. Die Prüfinstanzen sind gehalten, nicht nur starre Regeln anzuwenden, sondern Besonderheiten des jeweiligen Arzneimittels zu berücksichtigen und auch seriös aufbereitetes Erfahrungswissen einzubeziehen.

Damit ist § 26 ein wichtiges Bindeglied zwischen aktueller Forschung, Praxis und regulatorischer Zulassung von Arzneimitteln.

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