§ 7
- Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen erst aufnehmen lassen, nachdem eine Gefährdungsbeurteilung nach § 6 durchgeführt und die erforderlichen Schutzmaßnahmen nach Abschnitt 4 ergriffen worden sind.
 
(1a) Der Arbeitgeber hat die Belange des Arbeitsschutzes bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen angemessen in seine betriebliche Organisation einzubinden und die dafür erforderlichen personellen, finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen. Insbesondere hat er dafür zu sorgen, dass bei der Gestaltung der Arbeitsorganisation, des Arbeitsverfahrens und des Arbeitsplatzes sowie bei der Auswahl und Bereitstellung der Arbeitsmittel alle Faktoren ausreichend berücksichtigt werden, die mit der Sicherheit und Gesundheit, einschließlich der psychischen Gesundheit, der Beschäftigten zusammenhängen.
Um die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten bei allen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen zu gewährleisten, hat der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen nach dem Arbeitsschutzgesetz und zusätzlich die nach dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Dabei hat er die nach § 20 Absatz 4 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen. Bei Einhaltung dieser Regeln und Erkenntnisse ist in der Regel davon auszugehen, dass die Anforderungen dieser Verordnung erfüllt sind. Von diesen Regeln und Erkenntnissen kann abgewichen werden, wenn durch andere Maßnahmen zumindest in vergleichbarer Weise der Schutz der Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gewährleistet werden.
Der Arbeitgeber hat auf der Grundlage des Ergebnisses der Substitutionsprüfung nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 vorrangig eine Substitution durchzuführen. Er hat Gefahrstoffe oder Verfahren durch Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse oder Verfahren zu ersetzen, die unter den jeweiligen Verwendungsbedingungen für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten nicht oder weniger gefährlich sind.
Der Arbeitgeber hat Gefährdungen der Gesundheit und der Sicherheit der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen auszuschließen. Ist dies nicht möglich, hat er sie auf ein Minimum zu reduzieren. Diesen Geboten hat der Arbeitgeber durch die Festlegung und Anwendung geeigneter Schutzmaßnahmen Rechnung zu tragen. Dabei hat er folgende Rangfolge zu beachten:
- Gestaltung geeigneter Verfahren und technischer Steuerungseinrichtungen von Verfahren, den Einsatz emissionsfreier oder emissionsarmer Verwendungsformen sowie Verwendung geeigneter Arbeitsmittel und Materialien nach dem Stand der Technik,
 - Anwendung kollektiver Schutzmaßnahmen technischer Art an der Gefahrenquelle, wie angemessene Be- und Entlüftung, und Anwendung geeigneter organisatorischer Maßnahmen,
 - sofern eine Gefährdung nicht durch Maßnahmen nach den Nummern 1 und 2 verhütet werden kann, Anwendung von individuellen Schutzmaßnahmen, die auch die Bereitstellung und Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung umfassen.
 
Beschäftigte müssen die bereitgestellte persönliche Schutzausrüstung verwenden, solange eine Gefährdung besteht. Die Verwendung von belastender persönlicher Schutzausrüstung darf keine Dauermaßnahme sein. Sie ist für jeden Beschäftigten auf das unbedingt erforderliche Minimum zu beschränken.
Der Arbeitgeber stellt sicher, dass
- die persönliche Schutzausrüstung an einem dafür vorgesehenen Ort sachgerecht aufbewahrt wird,
 - die persönliche Schutzausrüstung vor Gebrauch geprüft und nach Gebrauch gereinigt wird und
 - schadhafte persönliche Schutzausrüstung vor erneutem Gebrauch ausgebessert oder ausgetauscht wird.
 
- Der Arbeitgeber hat die Funktion und die Wirksamkeit der technischen Schutzmaßnahmen regelmäßig, mindestens jedoch jedes dritte Jahr, zu überprüfen. Das Ergebnis der Prüfungen ist aufzuzeichnen und vorzugsweise zusammen mit der Dokumentation nach § 6 Absatz 8 aufzubewahren.
 
(8)Der Arbeitgeber stellt sicher, dass folgende Grenzwerte eingehalten werden: 1. Arbeitsplatzgrenzwerte und 2. Grenzwerte in Anhang III der Richtlinie 2004/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Exposition gegenüber Karzinogenen, Mutagenen oder reproduktionstoxischen Stoffen bei der Arbeit (Sechste Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates) (kodifizierte Fassung) (ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 50; L 229 vom 29.6.2004, S. 23; L 204 vom 4.8.2007, S. 28), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2022/431 vom 9. März 2022 (ABl. L 088 vom 16.3.2022, S. 1) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und nach Ablauf der in der Richtlinie festgelegten Umsetzungsfrist. Er hat die Einhaltung durch Arbeitsplatzmessungen oder durch andere geeignete Methoden zur Ermittlung der Exposition zu überprüfen. Ermittlungen sind auch durchzuführen, wenn sich die Bedingungen ändern, welche die Exposition der Beschäftigten beeinflussen können. Die Ermittlungsergebnisse sind aufzuzeichnen, aufzubewahren und den Beschäftigten und ihrer Vertretung zugänglich zu machen. Werden Tätigkeiten entsprechend einem verfahrens- und stoffspezifischen Kriterium ausgeübt, das nach § 20 Absatz 4 bekannt gegebenen worden ist, kann der Arbeitgeber in der Regel davon ausgehen, dass die Arbeitsplatzgrenzwerte eingehalten werden; in diesem Fall findet Satz 2 keine Anwendung.
(8a) Kann eine Exposition am Arbeitsplatz anderenfalls nicht ausreichend beurteilt werden, können zum Zweck der Beurteilung der Exposition der Beschäftigten zur Erfüllung der Pflichten nach § 6 Absatz 1 Erkenntnisse aus dem Biomonitoring nach § 6 Absatz 2 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge verwendet werden, sofern solche Erkenntnisse vorliegen. Soweit dies im Einzelfall erforderlich ist, können zu diesem Zweck auch personenbezogene Erkenntnisse verwendet werden. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.
Sofern Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausgeübt werden, für die keine Grenzwerte oder Konzentrationen nach § 2 Absatz 8 bis 8b oder § 7 Absatz 8 Satz 1 Nummer 2 vorliegen, hat der Arbeitgeber regelmäßig die Wirksamkeit der ergriffenen technischen Schutzmaßnahmen durch geeignete Ermittlungsmethoden zu überprüfen, zu denen auch Arbeitsplatzmessungen gehören können.
Wer Arbeitsplatzmessungen von Gefahrstoffen durchführt, muss fachkundig sein und über die erforderlichen Einrichtungen verfügen und wer geeignete Methoden zur Ermittlung der Exposition am Arbeitsplatz anwendet, muss ebenfalls fachkundig sein. Wenn ein Arbeitgeber eine für Messungen von Gefahrstoffen an Arbeitsplätzen akkreditierte Messstelle beauftragt, kann der Arbeitgeber in der Regel davon ausgehen, dass die von dieser Messstelle gewonnenen Erkenntnisse zutreffend sind.
Der Arbeitgeber hat bei allen Ermittlungen und Messungen die nach § 20 Absatz 4 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen.
Zentrale Inhalte und Zielrichtung
§ 7 GefStoffV regelt die Voraussetzungen und grundlegenden Anforderungen für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen am Arbeitsplatz. Im Mittelpunkt steht der Schutz der Beschäftigten – körperlich und auch psychisch. Das Gesetz macht dabei sehr deutlich: Die Verantwortung für Sicherheit und Gesundheit trägt der Arbeitgeber. Es reicht nicht, einige Schutzmaßnahmen bereitzustellen; Gefahren müssen systematisch analysiert, minimiert und die Schutzmaßnahmen nach modernem Stand umgesetzt und dokumentiert werden.
Im Folgenden werden die wichtigsten Aspekte und deren praktische Bedeutung erläutert.
Gefährdungsbeurteilung vor Beginn der Tätigkeit
Bevor überhaupt mit Gefahrstoffen gearbeitet werden darf, ist zwingend erforderlich:
Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen erst aufnehmen lassen, nachdem eine Gefährdungsbeurteilung […] durchgeführt und die erforderlichen Schutzmaßnahmen […] ergriffen worden sind.
- Dies bedeutet: Keine Arbeit mit Gefahrstoffen ohne vorherige Gefährdungsbeurteilung (§ 6) und Umsetzung der Schutzmaßnahmen nach Abschnitt 4.
 - Die Beurteilung prüft, ob und in welchem Maß Gefahren vorliegen – erst dann wird entschieden, wie geschützt werden muss.
 
Einbindung in die Organisation und Schaffung von Voraussetzungen
Arbeitsschutz ist kein Anhängsel: Er muss in die betriebliche Organisation eingebunden werden. Der Arbeitgeber braucht dazu:
- Ausreichend Personal,
 - notwendige finanzielle Mittel und
 - angemessene organisatorische Strukturen.
 
Das umfasst sowohl die Auswahl der Arbeitsmittel als auch die Berücksichtigung aller relevanten Faktoren für die Sicherheit und Gesundheit (einschließlich psychischer Gesundheit).
Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und Berücksichtigung anerkannter Regeln
Der Arbeitgeber muss immer:
- Die Schutzmaßnahmen gemäß Arbeitsschutzgesetz und GefStoffV einhalten,
 - die nach § 20 Abs. 4 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse anwenden.
 
Bei Einhaltung dieser Regeln […] ist in der Regel davon auszugehen, dass die Anforderungen dieser Verordnung erfüllt sind.
Ein Abweichen hiervon ist zulässig, sofern ein mindestens gleichwertiger Schutz erreicht wird. Im Streitfall muss dies belegt werden.
Substitution: Gefahrstoffe ersetzen
Zentral ist der Grundsatz der Substitution:
- Priorität: Gefahrstoffe oder Verfahren sind – wo technisch möglich – durch weniger gefährliche Alternativen zu ersetzen.
 - Grundlage: Ergebnis der Substitutionsprüfung (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4).
 
Schutzmaßnahmen – Rangfolge einhalten
Gefährdungen sind auszuschließen. Ist das nicht möglich, sind sie auf ein Minimum zu reduzieren.
Es gilt eine Reihenfolge bei den Schutzmaßnahmen:
- Technische und bauliche Maßnahmen: z. B. geschlossene Systeme, Absaugungen, emissionsarme Verfahren.
 - Kollektive Schutzmaßnahmen: z. B. Raumlüftung, organisatorische Maßnahmen.
 - Individuelle Schutzmaßnahmen: erst zuletzt persönliche Schutzausrüstung wie Handschuhe, Masken.
 
Die Verwendung von belastender persönlicher Schutzausrüstung darf keine Dauermaßnahme sein.
Der Fokus liegt also immer auf der Verhinderung an der Quelle – persönliche Schutzausrüstung ist das letzte Mittel.
Persönliche Schutzausrüstung (PSA): Verwendung, Wartung, Kontrolle
- Pflicht: Beschäftigte müssen PSA nutzen, solange Gefahren bestehen.
 - Wartung: Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass PSA
- sachgerecht aufbewahrt,
 - vor Gebrauch geprüft und nach Gebrauch gereinigt wird,
 - und defekte PSA ausgetauscht oder repariert wird.
 
 
Technische Maßnahmen regelmäßig überprüfen
Der Arbeitgeber hat die Funktion und die Wirksamkeit der technischen Schutzmaßnahmen regelmäßig, mindestens jedoch jedes dritte Jahr, zu überprüfen. Das Ergebnis der Prüfungen ist aufzuzeichnen […]
Wichtig:
- Überprüfung mind. alle 3 Jahre, ggf. häufiger bei Änderung der Bedingungen.
 - Dokumentation dieser Prüfungen (Belegpflicht!).
 
Einhaltung von Grenzwerten und Ermittlungsmethoden
- Einhaltung von Arbeitsplatzgrenzwerten und EU-Grenzwerten (z. B. krebserzeugende Stoffe) ist Pflicht.
 - Überwachung erfolgt durch Arbeitsplatzmessungen oder andere geeignete Methoden.
 - Messungen sind zu dokumentieren und müssen Beschäftigten zugänglich gemacht werden.
 
Sonderfall: Gibt es keine Grenzwerte, sind die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen regelmäßig zu überprüfen – ggf. auch über Messungen.
Fachkunde und Verantwortung für Messungen
- Nur fachkundige Personen dürfen Messungen und Expositionsbestimmungen durchführen.
 - Bei Beauftragung einer akkreditierten Messstelle darf der Arbeitgeber auf die Richtigkeit der Ergebnisse vertrauen.
 
Berücksichtigung von Regeln und Erkenntnissen
Abschließend ist bei allen Ermittlungen und Maßnahmen immer die jeweils anerkannte Regelwerksbasis zu berücksichtigen; das schafft Rechtssicherheit und Praktikabilität.
Die Vorgaben aus § 7 GefStoffV dienen als Fundament für jeden Umgang mit Gefahrstoffen in der Apotheke und verwandten Einrichtungen. Ob Rezeptur, Labor oder Reinigung: Nur wer systematisch beurteilt, plant, substituiert, schützt, prüft und dokumentiert, handelt rechtssicher – und sorgt für einen umfassenden Gesundheits- und Arbeitsschutz im Team.
Zusammenfassung
§ 7 GefStoffV verlangt eine systematische Vorgehensweise beim Umgang mit Gefahrstoffen. Grundlage sind Gefährdungsbeurteilung, lückenlose Schutzmaßnahmen nach festgelegter Rangfolge und deren kontinuierliche Überprüfung und Dokumentation. Die Einhaltung von Grenzwerten, der Vorrang technischer und kollektiver Maßnahmen sowie die Begrenzung personenbezogener Schutzmaßnahmen auf das Nötigste sind verpflichtend. Das Ziel: Gesundheit und Sicherheit aller Beschäftigten stehen an erster Stelle – sowohl rechtlich als auch praktisch.
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