§ 2

📖 Zum Gesetz

  1. Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

  1. Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

  2. Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

  3. Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Inhalt und Zielsetzung

§ 2 SGB V regelt die grundlegenden Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Er legt den Fokus auf die Erbringung und Art der Leistungen, das Wirtschaftlichkeitsgebot, medizinische Standards und besondere Konstellationen für schwer erkrankte Versicherte. Für die pharmazeutische Berufspraxis ist die Kenntnis dieses Paragraphen zentral, da er bestimmt, unter welchen Bedingungen Arzneimittel und Behandlungsmethoden verordnet und erstattet werden können.

Art und Umfang der Leistungen

Krankenkassen stellen Versicherten die im Dritten Kapitel aufgeführten Leistungen zur Verfügung – aber:

  • Die Leistungen müssen stets dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) entsprechen, also ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein.

„…soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden.“

Das heißt: Nicht alles fällt in die Kostentragung der Kasse – Prävention, Eigenverantwortung und Selbstvorsorge spielen eine Rolle.

Wichtig ist außerdem:

„Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen.“

Damit bleibt auch der Zugang zu alternativen Therapien (z. B. Homöopathie, Anthroposophie, Phytotherapie) grundsätzlich offen, sofern sie dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen.

Medizinischer Standard und Fortschritt

Der Punkt der Qualität und Wirksamkeit ist zentral:

  • Die Leistungen müssen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und
  • Den medizinischen Fortschritt berücksichtigen.

Das schützt Patient:innen vor unwirksamen oder veralteten Methoden.

Sonderregelung für schwer erkrankte Versicherte

Absatz 1a behandelt Ausnahmefälle, in denen Standardtherapien nicht zur Verfügung stehen (z. B. sehr seltene Krankheiten ohne Standardmedizin):

„…können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.“

Kernpunkte:

  • Schwere Erkrankung ohne Standardtherapie
  • Realistische Aussichten auf Besserung reichen schon
  • Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse vor Therapiebeginn nötig
TipPraxisrelevanz für (angehende) Apotheker:innen

Vor der Abgabe und Beratung zu ungewöhnlichen oder neuen Arzneimitteln sollte immer geprüft werden:

  • Entspricht das Mittel dem medizinischen Standard und Erkenntnisstand?
  • Gibt es eine Kostenübernahmeerklärung bei Ausnahmefällen?
  • Fällt die Leistung unter die Verantwortlichkeit der Kasse – oder des Versicherten?

Erbringung der Leistungen

Leistungen werden überwiegend als Sach- oder Dienstleistungen erbracht (bspw. Arzneimittel, Heilmittel, ärztliche Behandlung).

  • Alternativ ist ein persönliches Budget möglich (auf Antrag)
  • Verträge zwischen Kassen und Leistungserbringern regeln die Abwicklung (relevant z. B. für Apothekenverträge)

Vielfalt der Leistungserbringer und religiöse Bedürfnisse

Freiheit in der Auswahl:

  • Versicherten steht eine Vielfalt an Anbietern offen; religiöse Belange sollen berücksichtigt werden.

Gemeinsame Verantwortung und Wirtschaftlichkeitsprinzip

Am Ende ist es Aufgabe aller Beteiligten – Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte –, dass Leistungen

„wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.“

Effizienter Ressourceneinsatz und Vermeidung von Über-, Unter- oder Fehlversorgung sind hier Leitlinien der täglichen Praxis.

Zusammenfassung

§ 2 SGB V bildet das Grundgerüst der Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Für die Berufspraxis in der Apotheke heißt das: Es muss stets der medizinische Standard und das Wirtschaftlichkeitsgebot beachtet werden. In begründeten Einzelfällen gibt es Ausnahmen, die aber stets durch eine vorherige Kostenübernahme abgesichert sein müssen. Versorgungsvielfalt und Rücksicht auf individuelle Bedürfnisse gehören ebenso dazu wie eine sparsame Mittelverwendung im Sinne aller Beteiligten.

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