§ 39

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  1. Die zuständige Bundesoberbehörde hat das homöopathische Arzneimittel zu registrieren und dem Antragsteller die Registrierungsnummer schriftlich zuzuteilen. § 25 Abs. 4 und 5 Satz 5 findet entsprechende Anwendung. Die Registrierung gilt nur für das im Bescheid aufgeführte homöopathische Arzneimittel und seine Verdünnungsgrade. Die zuständige Bundesoberbehörde kann den Bescheid über die Registrierung mit Auflagen verbinden. Auflagen können auch nachträglich angeordnet werden. § 28 Abs. 2 und 4 findet Anwendung.

  2. Die zuständige Bundesoberbehörde hat die Registrierung zu versagen, wenn

  1. die vorgelegten Unterlagen unvollständig sind,
  2. das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend analytisch geprüft worden ist,
  3. das Arzneimittel nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist,
  4. bei dem Arzneimittel der begründete Verdacht besteht, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen, 4a. (weggefallen)
  5. (weggefallen) 5a. das Arzneimittel nicht zur Einnahme und nicht zur äußerlichen Anwendung bestimmt ist, 5b. das Arzneimittel mehr als einen Teil pro Zehntausend der Ursubstanz oder mehr als den hundertsten Teil der in allopathischen der Verschreibungspflicht nach § 48 unterliegenden Arzneimitteln verwendeten kleinsten Dosis enthält,
  6. das Arzneimittel der Verschreibungspflicht nach § 48 unterliegt,
  7. das Arzneimittel nicht nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt ist, 7a. wenn die Anwendung der einzelnen Wirkstoffe als homöopathisches oder anthroposophisches Arzneimittel nicht allgemein bekannt ist,
  8. für das Arzneimittel eine Zulassung erteilt ist,
  9. das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

(2a) Ist das Arzneimittel bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum registriert worden, ist die Registrierung auf der Grundlage dieser Entscheidung zu erteilen, es sei denn, dass ein Versagungsgrund nach Absatz 2 vorliegt. Für die Anerkennung der Registrierung eines anderen Mitgliedstaates findet Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG entsprechende Anwendung; Artikel 29 Abs. 4, 5 und 6 und die Artikel 30 bis 34 der Richtlinie 2001/83/EG finden keine Anwendung.

(2b) Der Antragsteller hat der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung entsprechender Unterlagen unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen nach § 38 Absatz 2 Satz 1 ergeben. § 29 Absatz 1a, 1e, 1f und 2 bis 2b gilt entsprechend. Die Verpflichtung nach Satz 1 hat nach Erteilung der Registrierung der Inhaber der Registrierung zu erfüllen. Eine neue Registrierung ist in folgenden Fällen zu beantragen: 1. bei einer Änderung der Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art oder Menge, einschließlich einer Änderung der Potenzstufe, 2. bei einer Änderung der Darreichungsform, soweit es sich nicht um eine Änderung nach § 29 Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 handelt.

(2c) Die Registrierung erlischt nach Ablauf von fünf Jahren seit ihrer Erteilung, es sei denn, dass spätestens neun Monate vor Ablauf der Frist ein Antrag auf Verlängerung gestellt wird. Für das Erlöschen und die Verlängerung der Registrierung gilt § 31 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Versagungsgründe nach Absatz 2 Nr. 3 bis 9 Anwendung finden.

(2d) Für Rücknahme, Widerruf und Ruhen der Registrierung gilt § 30 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2, 2a, 3 und 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Versagungsgründe nach Absatz 2 Nummer 2 bis 9 Anwendung finden.

(2e) § 34 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 7, Absatz 1a Satz 1 Nummer 1, 4 und 5, Absatz 1b, 1d und 1h gilt entsprechend.

  1. Das Bundesministerium wird ermächtigt, für homöopathische Arzneimittel entsprechend den Vorschriften über die Zulassung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Freistellung von der Registrierung zu erlassen.

Systematik der Registrierung homöopathischer Arzneimittel: Zuständigkeit, Entscheidungskriterien, Praxisthemen

Homöopathische Arzneimittel unterliegen in Deutschland nicht der Zulassung, sondern einem speziellen Registrierungsverfahren (§ 39 AMG). Dieser Paragraph regelt, wie, durch wen und unter welchen Voraussetzungen solche Arzneimittel registriert werden, wer darüber entscheidet und was praxisrelevant zu beachten ist.

Zuständigkeit und Ablauf der Registrierung

Die zuständige Bundesoberbehörde hat das homöopathische Arzneimittel zu registrieren und dem Antragsteller die Registrierungsnummer schriftlich zuzuteilen.

Entscheidungsbefugnis:
Die zuständige Bundesoberbehörde (aktuell: das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM) entscheidet über die Registrierung und vergibt eine eindeutige Registrierungsnummer. Die Registrierung bezieht sich immer konkret auf das jeweilige Arzneimittel und seine Verdünnungsstufen (Potenzierung).

Auflagen:
Die Behörde kann die Registrierung mit bestimmten Auflagen verbinden – sowohl im Bescheid als auch nachträglich. Das dient meist dem Verbraucherschutz oder entspricht regulatorischen Anforderungen.

Die Registrierung gilt nur für das im Bescheid aufgeführte homöopathische Arzneimittel und seine Verdünnungsgrade.

Voraussetzungen & Ausschlussgründe für die Registrierung

Die Behörde muss eine Registrierung ablehnen, wenn bestimmte Ausschlussgründe vorliegen. Sie sind zentral für die Praxis, deshalb eine Übersicht:

Versagungsgrund (§ 39 Absatz 2) Bedeutung / Beispiel
Unvollständige Unterlagen Fehlende Dokumentation, fehlende Nachweise zur Qualität/Sicherheit
Keine ausreichende analytische Prüfung Verstoß gegen den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand
Qualitätsmängel Arzneimittel entspricht nicht den pharmazeutischen Standards
Gesundheitliche Bedenken Begründeter Verdacht auf unverhältnismäßige schädliche Wirkung
Nicht zur Einnahme oder äußerlichen Anwendung geeignet Z.B. Produkte zur Injektion
Zu hohe Konzentration der Ursubstanz Mehr als 1:10.000 oder über 1/100 der Minimaldosis eines verschreibungspflichtigen allopathischen AM
Verschreibungspflicht Registrierungen sind ausgeschlossen, wenn das Arzneimittel nach § 48 AMG verschreibungspflichtig ist
Falsche Herstellungstechnik Nicht nach Arzneibuch (homöopathischer Teil) gefertigt
Nicht allgemein bekannte Wirkstoffe Wirkstoffe nicht etabliert als homöopathisches oder anthroposophisches Mittel
Bereits zugelassen Kein Parallelweg zur Zulassung möglich
Gesetzesverstoß beim Inverkehrbringen z.B. Verstöße gegen andere regulatorische Vorschriften

Besondere Vorschriften für die Registrierungspraxis

  • Nur Einnahme und äußerliche Anwendung: Zubereitungen zur Injektion sind ausgeschlossen.
  • Verdünnung: Der Gehalt der Ursubstanz muss mindestens um den Faktor 1:10.000 verdünnt sein (sonst keine Registrierung möglich).
  • Kein Parallelverfahren: Ein Mittel kann entweder eine Zulassung oder eine Registrierung besitzen – beides gleichzeitig ist ausgeschlossen.
  • Produktänderungen: Bei einer Änderung der Wirkstoffzusammensetzung (Art/Menge/Potenzierung) oder größeren Änderungen der Darreichungsform ist ein neuer Registrierungsantrag erforderlich.

Dauer, Erlöschen und Verlängerung der Registrierung

Die Registrierung erlischt nach Ablauf von fünf Jahren seit ihrer Erteilung, es sei denn, dass spätestens neun Monate vor Ablauf der Frist ein Antrag auf Verlängerung gestellt wird.

  • Regeldauer: Registrierung gilt zunächst fünf Jahre.
  • Verlängerung: Verlängerungen sind möglich; der Antrag muss spätestens neun Monate vor Ablauf gestellt werden.
  • Erlöschen: Die Registrierung erlischt ohne Verlängerungsantrag automatisch. Die Gründe, nach denen eine Verlängerung versagt werden kann, entsprechen weitgehend den Gründen für die erstmalige Registrierungsversion (Qualität, Sicherheit etc.).

Anerkennung in der EU

Ist das Arzneimittel bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union […] registriert worden, ist die Registrierung auf der Grundlage dieser Entscheidung zu erteilen, es sei denn, dass ein Versagungsgrund nach Absatz 2 vorliegt.

  • EU-Rechtsangleichung: Registrierung eines homöopathischen Arzneimittels in der EU oder im EWR muss bei Vorliegen eines gleichwertigen Antrags auch in Deutschland anerkannt werden – aber ausschließlich, wenn keiner der deutschen Versagungsgründe greift.

Weitere Mitteilungspflichten und Rechtsfolgen

  • Anzeige wichtiger Änderungen: Jede relevante Änderung bezüglich Zusammensetzung oder Darreichungsform muss unverzüglich gemeldet werden. Je nach Änderung ist möglicherweise sogar eine neue Registrierung nötig.
  • Rücknahme, Widerruf, Ruhen: Für diese Fälle gelten die allgemeinen Regelungen, die bereits für Zulassungen von Arzneimitteln festgelegt sind.

Freistellungsmöglichkeiten

Das Bundesministerium wird ermächtigt […] Vorschriften über die Freistellung von der Registrierung zu erlassen.

Das Bundesministerium kann (per Rechtsverordnung und ohne Zustimmung des Bundesrates) im Einzelfall bestimmte homöopathische Arzneimittel ganz oder teilweise von der Pflicht zur Registrierung ausnehmen.

TipPraxisrelevante Einschränkungen
  • Keine Registrierung bei Verschreibungspflicht nach § 48 AMG!
  • Homöopathische Arzneimittel zur Injektion sind von der Registrierung ausgeschlossen.
  • Registrierung gilt nicht für Kombination von Zulassung und Registrierung desselben Mittels.
  • Nur standardisierte Herstellung im Rahmen des Arzneibuchs ist zulässig.
  • Die Registrierung ist zeitlich befristet und muss aktiv verlängert werden.

Zusammenfassung

§ 39 AMG regelt systematisch und abschließend, wann und wie homöopathische Arzneimittel in Deutschland registriert werden können. Die entscheidende Behörde ist das BfArM. Ausschlussgründe, Anwendungslimits (v.a. keine Verschreibungspflicht, keine Injektionen, maximale Verdünnung!) und die begrenzte Laufzeit sorgen dafür, dass nur sichere, standardkonforme und dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechende homöopathische Arzneimittel für die Anwendung auf dem Markt registriert werden. Gleichzeitig werden Konkurrenzregeln zu bestehenden Zulassungsverfahren und EU-Registrierungen beachtet. Die Kenntnisse dieses Paragraphen sind für die Apothekenpraxis und das Staatsexamen unverzichtbar.

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