§ 30

📖 Zum Gesetz

  1. Die Zulassung ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass einer der Versagungsgründe des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, 3, 5, 5a oder 6 bei der Erteilung vorgelegen hat; sie ist zu widerrufen, wenn einer der Versagungsgründe des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, 5, 5a oder 6 nachträglich eingetreten ist. Die Zulassung ist ferner zurückzunehmen oder zu widerrufen, wenn
  1. sich herausstellt, dass dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt,
  2. in den Fällen des § 28 Abs. 3 die therapeutische Wirksamkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse unzureichend begründet ist. Die therapeutische Wirksamkeit fehlt, wenn feststeht, dass sich mit dem Arzneimittel keine therapeutischen Ergebnisse erzielen lassen. In den Fällen des Satzes 1 kann auch das Ruhen der Zulassung befristet angeordnet werden.

(1a) Die Zulassung ist ferner ganz oder teilweise zurückzunehmen oder zu widerrufen, soweit dies erforderlich ist, um einer Entscheidung oder einem Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union nach Artikel 34 der Richtlinie 2001/83/EG zu entsprechen. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet bei Rechtsmitteln gegen Entscheidungen der zuständigen Bundesoberbehörde nach Satz 1 nicht statt. In den Fällen des Satzes 1 kann auch das Ruhen der Zulassung befristet angeordnet werden.

  1. Die zuständige Bundesoberbehörde kann die Zulassung
  1. zurücknehmen, wenn in den Unterlagen nach § 22 oder § 24 unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht worden sind,
  2. widerrufen, wenn der Versagungsgrund des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 nachträglich eingetreten ist oder wenn eine der nach § 28 angeordneten Auflagen nicht eingehalten und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Bundesoberbehörde zu setzenden angemessenen Frist abgeholfen worden ist; dabei sind Auflagen nach § 28 Abs. 3 und 3a jährlich zu überprüfen,
  3. im Benehmen mit der zuständigen Behörde widerrufen, wenn die für das Arzneimittel vorgeschriebenen Prüfungen der Qualität nicht oder nicht ausreichend durchgeführt worden sind,
  4. im Benehmen mit der zuständigen Behörde widerrufen, wenn sich herausstellt, dass das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt worden ist. In diesen Fällen kann auch das Ruhen der Zulassung befristet angeordnet werden.

(2a) In den Fällen der Absätze 1 und 1a ist die Zulassung zu ändern, wenn dadurch der in Absatz 1 genannte betreffende Versagungsgrund entfällt oder der in Absatz 1a genannten Entscheidung entsprochen wird. In den Fällen des Absatzes 2 kann die Zulassung durch Auflage geändert werden, wenn dies ausreichend ist, um den Belangen der Arzneimittelsicherheit zu entsprechen.

  1. Vor einer Entscheidung nach den Absätzen 1 bis 2a muss der Inhaber der Zulassung gehört werden, es sei denn, dass Gefahr im Verzuge ist. Das gilt auch, wenn eine Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde über die Änderung der Zulassung, Auflagen zur Zulassung, den Widerruf, die Rücknahme oder das Ruhen der Zulassung auf einer Einigung der Koordinierungsgruppe nach Artikel 107g, 107k oder Artikel 107q der Richtlinie 2001/83/EG beruht. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet in den Fällen des Satzes 2 nicht statt. In den Fällen des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 5 ist die Entscheidung sofort vollziehbar. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

  2. Ist die Zulassung für ein Arzneimittel zurückgenommen oder widerrufen oder ruht die Zulassung, so darf es

  1. nicht in den Verkehr gebracht und
  2. nicht in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden. Die Rückgabe des Arzneimittels an den pharmazeutischen Unternehmer ist unter entsprechender Kenntlichmachung zulässig. Die Rückgabe kann von der zuständigen Behörde angeordnet werden.

Überblick: Was regelt dieser Paragraph?

§ 30 AMG bestimmt, unter welchen Voraussetzungen die Zulassung eines Arzneimittels nachträglich zurückgenommen oder widerrufen werden muss. Er enthält die zentralen Vorgaben darüber, wann ein Präparat nicht (mehr) verkehrsfähig ist, sowie das Vorgehen und die Konsequenzen bei behördlichen Maßnahmen. Die Vorschrift sichert die Arzneimittelsicherheit im Markt – und schützt so Patientinnen und Patienten.

Wann ist die Zulassung zurückzunehmen oder zu widerrufen?

Die Zulassung eines Arzneimittels kann nach ihrer Erteilung nicht einfach als dauerhaft gegeben betrachtet werden. Es gibt klare Fälle, in denen sie wieder entzogen werden muss:

  • Rücknahme:
    Wird nachträglich erkannt, dass bereits bei der Erteilung der Zulassung eigentlich ein Versagungsgrund vorlag (siehe bestimmte Nummern in § 25 AMG), ist die Zulassung zwingend zurückzunehmen.
  • Widerruf:
    Tritt ein Versagungsgrund (z. B. mangelnde Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit) erst nachträglich auf, ist die Zulassung zu widerrufen.

Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der therapeutischen Wirksamkeit:

Die Zulassung ist ferner zurückzunehmen oder zu widerrufen, wenn
1. sich herausstellt, dass dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt,
2. in den Fällen des § 28 Abs. 3 die therapeutische Wirksamkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse unzureichend begründet ist.

Das bedeutet: Ein Arzneimittel darf nur zugelassen bleiben, wenn die therapeutische Wirksamkeit nachgewiesen und belegt ist. Ist kein therapeutischer Nutzen ersichtlich, kann das Präparat nicht weiter im Markt bleiben.

Auch ein temporäres Ruhen der Zulassung ist möglich, wenn die endgültige Entscheidung noch aussteht.

Anpassung an EU-Recht und Sonderfälle

Fällt eine Entscheidung der Europäischen Institutionen im Rahmen der Arzneimittelregulierung (nach Artikel 34 der Richtlinie 2001/83/EG), muss die Zulassung ganz oder teilweise entsprechend angepasst, entzogen oder widerrufen werden. In solchen Fällen unterliegt das Verfahren besonderen Regeln:

  • Ein Widerspruchsverfahren ist hier ausgeschlossen.
  • Auch das befristete Ruhen der Zulassung ist möglich.

Behördenbefugnisse und weitere Rücknahme- bzw. Widerrufsgründe

Die zuständige Bundesoberbehörde (z. B. BfArM, PEI) kann Maßnahmen ergreifen, wenn:

  • Bei der Antragstellung oder Änderung (nach § 22, 24 AMG) unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht wurden (Rücknahme).
  • Ein Versagungsgrund (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) nachträglich eintritt oder angeordnete Auflagen (§ 28 AMG) nicht erfüllt werden (Widerruf).
  • Prüfungen zur Qualität nicht oder nicht ausreichend durchgeführt wurden, oder das Arzneimittel nicht nach anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wurde (Widerruf im Benehmen mit zuständiger Landesbehörde).

Je nach Situation kann statt sofortigem Entzug auch das befristete Ruhen der Zulassung angeordnet werden.

Möglichkeiten der Änderung statt Widerruf/Rücknahme

Wenn sich nachträglich zeigt, dass der Grund für eine Rücknahme/Widerruf entfällt oder behoben werden kann, ist die Zulassung entsprechend zu ändern – zum Beispiel durch zusätzliche Auflagen, sofern dies für die Arzneimittelsicherheit ausreichend ist.

Anhörungsrecht und Sofortvollzug

Grundsätzlich gilt das Recht auf Anhörung für den Zulassungsinhaber, außer bei Gefahr im Verzug oder bei bestimmten Entscheidungen auf EU-Ebene. Manche Entscheidungen sind sofort vollziehbar:

Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

Das heißt, betroffene Präparate dürfen trotz laufender Klage oder Widerspruch nicht mehr vertrieben werden.

Konsequenzen für den Handel und die Verbringung

Wird die Zulassung zurückgenommen, widerrufen oder ruht sie:

  • Darf das Arzneimittel nicht mehr in den Verkehr gebracht oder nach Deutschland eingeführt werden.
  • Die Rückgabe an den pharmazeutischen Unternehmer ist zulässig – muss aber klar als Rückgabe gekennzeichnet sein und kann behördlich angeordnet werden.
TipPraxisrelevanz

Für die pharmazeutische Praxis bedeutet § 30 AMG:
Arzneimittel müssen einem laufenden Überwachungs- und Bewertungsprozess standhalten. Bestätigt sich ein Sicherheits- oder Wirksamkeitsproblem, ist schnelles regulatorisches Handeln zwingend vorgeschrieben, bis hin zum Entzug der Marktzulassung.
Insbesondere müssen Apothekerinnen und Apotheker wissen: Wurde die Zulassung widerrufen, ist jeglicher Vertrieb und jede Abgabe auch im Rahmen der Lagerhaltung untersagt!

Zusammenfassung

§ 30 AMG legt präzise fest, wann und wie die Zulassung eines Arzneimittels aufgehoben oder geändert werden muss. Im Zentrum stehen die nachträgliche Überprüfung der therapeutischen Wirksamkeit und die Sicherstellung von Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit nach dem Stand der Wissenschaft. Behörden haben weitreichende Eingriffsrechte – auch im Anschluss an EU-Entscheidungen –, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten und Rechtsverstöße schnell zu unterbinden.

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