§ 39b
- Dem Antrag auf Registrierung müssen vom Antragsteller folgende Angaben und Unterlagen beigefügt werden:
 
- die in § 22 Abs. 1, 3c, 4, 5 und 7 und § 24 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Angaben und Unterlagen,
 - die in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 genannten Ergebnisse der analytischen Prüfung,
 - die Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels mit den in § 11a Abs. 1 genannten Angaben unter Berücksichtigung, dass es sich um ein traditionelles pflanzliches Arzneimittel handelt,
 - bibliographische Angaben über die traditionelle Anwendung oder Berichte von Sachverständigen, aus denen hervorgeht, dass das betreffende oder ein entsprechendes Arzneimittel zum Zeitpunkt der Antragstellung seit mindestens 30 Jahren, davon mindestens 15 Jahre in der Europäischen Union, medizinisch verwendet wird, das Arzneimittel unter den angegebenen Anwendungsbedingungen unschädlich ist und dass die pharmakologischen Wirkungen oder die Wirksamkeit des Arzneimittels auf Grund langjähriger Anwendung und Erfahrung plausibel sind,
 - bibliographischer Überblick betreffend die Angaben zur Unbedenklichkeit zusammen mit einem Sachverständigengutachten gemäß § 24 und, soweit zur Beurteilung der Unbedenklichkeit des Arzneimittels erforderlich, die dazu notwendigen weiteren Angaben und Unterlagen,
 - Registrierungen oder Zulassungen, die der Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland für das Inverkehrbringen des Arzneimittels erhalten hat, sowie Einzelheiten etwaiger ablehnender Entscheidungen über eine Registrierung oder Zulassung und die Gründe für diese Entscheidungen. Der Nachweis der Verwendung über einen Zeitraum von 30 Jahren gemäß Satz 1 Nr. 4 kann auch dann erbracht werden, wenn für das Inverkehrbringen keine spezielle Genehmigung für ein Arzneimittel erteilt wurde. Er ist auch dann erbracht, wenn die Anzahl oder Menge der Wirkstoffe des Arzneimittels während dieses Zeitraums herabgesetzt wurde. Ein Arzneimittel ist ein entsprechendes Arzneimittel im Sinne des Satzes 1 Nr. 4, wenn es ungeachtet der verwendeten Hilfsstoffe dieselben oder vergleichbare Wirkstoffe, denselben oder einen ähnlichen Verwendungszweck, eine äquivalente Stärke und Dosierung und denselben oder einen ähnlichen Verabreichungsweg wie das Arzneimittel hat, für das der Antrag auf Registrierung gestellt wird.
 
(1a) Die Angaben nach § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 10 müssen in deutscher, die übrigen Angaben in deutscher oder englischer Sprache beigefügt werden; andere Angaben oder Unterlagen können im Registrierungsverfahren statt in deutscher auch in englischer Sprache gemacht oder vorgelegt werden, soweit es sich nicht um Angaben handelt, die für die Kennzeichnung, die Packungsbeilage oder die Fachinformation verwendet werden.
Anstelle der Vorlage der Angaben und Unterlagen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 und 5 kann auch auf eine gemeinschaftliche oder unionsrechtliche Pflanzenmonographie nach Artikel 16h Absatz 3 der Richtlinie 2001/83/EG oder eine Listenposition nach Artikel 16f der Richtlinie 2001/83/EG Bezug genommen werden.
Enthält das Arzneimittel mehr als einen pflanzlichen Wirkstoff oder Stoff nach § 39a Satz 2, sind die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Angaben für die Kombination vorzulegen. Sind die einzelnen Wirkstoffe nicht hinreichend bekannt, so sind auch Angaben zu den einzelnen Wirkstoffen zu machen.
Registrierung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel: Anforderungen an die Nachweise
§ 39b AMG legt fest, welche Unterlagen ein Antragsteller der Registrierung eines traditionellen pflanzlichen Arzneimittels vorlegen muss. Ziel ist es, Nachweis über Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und traditionelle Anwendung zu erhalten – jedoch ohne vollständige klinische Prüfungen, wie sie sonst für Arzneimittel üblich wären.
Welche Unterlagen sind erforderlich?
Für die Registrierung müssen verschiedene Angaben und Nachweise erbracht werden. Dazu zählen insbesondere:
Allgemeine pharmazeutische Angaben – wie bei anderen Arzneimitteln auch (vgl. § 22 und § 24 AMG): Herstellungsprozess, Qualität, Reinheit etc.
Analytische Prüfungen: Die Ergebnisse der Inhaltsstoffanalyse sind verpflichtend.
Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels (Fachinformation): Diese muss speziell auf die Kategorie “traditionell pflanzliches Arzneimittel” abgestimmt sein.
Nachweis der traditionellen Anwendung – zentrales Element traditioneller Arzneimittel:
bibliographische Angaben über die traditionelle Anwendung oder Berichte von Sachverständigen […] seit mindestens 30 Jahren, davon mindestens 15 Jahre in der Europäischen Union
Das heißt:
- Es reicht, Literatur (z.B. pharmazeutische Lehrbücher, Arzneibücher, Publikationen) vorzulegen, die die Anwendung des Arzneimittels in diesem Zeitraum dokumentieren.
 - Auch Stellungnahmen von Sachverständigen können hinzugezogen werden.
 - Die Sicherheit (“unschädlich”) und plausible pharmakologische Wirkung müssen aus der Erfahrung belegt sein, nicht unbedingt durch moderne klinische Studien.
 
Angaben zur Unbedenklichkeit: Es genügt ein bibliographischer Überblick (also gesammelte Literaturbelege zur Sicherheit) und ein Gutachten eines Sachverständigen.
Bisherige Zulassungen oder Registrierungen: Gibt es bereits Zulassungen in anderen Ländern, sind diese mitzuteilen. Ebenso müssen etwaige Ablehnungen und deren Begründungen dargelegt werden.
Was zählt als Nachweis der traditionellen Anwendung?
Der Nachweis für die 30-jährige Anwendung, davon mindestens 15 Jahre in der EU, ist entscheidend. Besonders wichtig:
- Es wird kein Nachweis klinischer Prüfungen gefordert, sondern Erfahrungen und Literaturquellen.
 - Die Anwendung muss unter medizinischen Bedingungen erfolgt sein, aber eine spezielle behördliche Arzneimittelzulassung ist nicht erforderlich.
 - Änderungen wie die geringere Dosierung eines Wirkstoffs schließen die Anerkennung des Nachweises nicht aus.
 - Auch Arzneimittel mit vergleichbaren Wirkstoffen (entsprechende Arzneimittel) können als Nachweis herangezogen werden, sofern Dosierung, Zweck und Anwendungsweg ähnlich sind.
 
Sprache der Unterlagen
Für bestimmte Unterlagen gilt:
Die Angaben nach § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 10 müssen in deutscher, die übrigen Angaben in deutscher oder englischer Sprache beigefügt werden […]
Das heißt: Für zentrale Unterlagen ist Deutsch Pflicht, alle übrigen Nachweise dürfen deutsch oder englisch sein – außer Kennzeichnung, Gebrauchsinformation und Fachinformation, diese müssen immer auf Deutsch vorgelegt werden.
Alternativen zum Einzelnachweis: Pflanzenmonographien & Listen
Anstatt die Nachweise einzeln vorzulegen, kann sich der Antragsteller auch auf folgende „gemeinschaftliche“ Dokumente beziehen:
- Pflanzenmonographie nach Artikel 16h der Richtlinie 2001/83/EG
 - Listenposition gemäß Artikel 16f der Richtlinie 2001/83/EG
 
Diese enthalten bereits eine wissenschaftlich geprüfte Zusammenfassung der Datenlage zu einzelnen Pflanzen/Wirkstoffen und erleichtern so den Registrierungsprozess.
Kombinationspräparate
Enthält das Präparat mehrere pflanzliche Wirkstoffe, so müssen die Nachweise zur Anwendungserfahrung (insb. 30 Jahre traditionelle Anwendung) für die Kombination vorgelegt werden; falls einzelne Wirkstoffe nicht hinreichend bekannt sind, auch deren Nachweise (sofern möglich).
- Ziel: Nachweis von Unbedenklichkeit und Plausibilität der Wirkung durch Literatur und Erfahrung (nicht durch klinische Studien)
 - Wichtigster Nachweis: 30 Jahre medizinische Anwendung (davon 15 Jahre in der EU), belegt durch Literatur oder Sachverständigenberichte
 - Alternativen: Bezug auf EU-Pflanzenmonographien oder Listen möglich
 - Sprache: Wesentliche pharmazeutische Angaben auf Deutsch, sonst auch Englisch möglich
 
Zusammenfassung
§ 39b AMG erleichtert die Registrierung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel, indem er Erfahrungswissen und bibliographische Belege als Grundlage akzeptiert. Die Pflicht zur systematischen Vorlage spezifischer, belegt langer Anwendung und Sicherheit, trägt dem besonderen Charakter dieser Arzneimittel Rechnung. Pharmazeutische Fachkräfte müssen im Berufsalltag beurteilen können, ob und wie diese Nachweise stichhaltig erbracht wurden und welche Unterlagen dem Antrag zwingend beigefügt sein müssen.
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